Gegenwind aus Paris

Die deutsche Umarmung könnte ihn noch teuer zu stehen kommen

Heute will Frankreichs Präsident Sarkozy offiziell seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit bekannt geben – zehn Tage nach der peinlichen öffentlichen Umarmung durch Kanzlerin Merkel. Doch die Dinge laufen anders, als Merkel gehofft hatte. Der Sozialist Hollande liegt in den Umfragen meilenweit vorn, und Sarkozys Premier Fillon kündigt ein Referendum über den europäischen Fiskalpakt an. Nach den Wahlen im April ist mit heftigem Gegenwind aus Paris zu rechnen.

Heute Abend um 20 Uhr ist es so weit: 67 Tage vor dem ersten Wahlgang Ende April wird Sarkozy auf dem Privatsender TF1 seine Kandidatur ankündigen. Eine Überraschung ist dies nach dem medienträchtigen Spektakel mit Merkel vor zehn Tagen nicht mehr. Die Kanzlerin und CDU-Chefin hatte sich im Pariser Elysée-Palast direkt in den Wahlkampf eingemischt und Sarko unbedingte Unterstützung zugesagt.  

Spannend ist höchstens die Frage, ob Sarko weiter Anleihen beim „Front National“ nimmt, um deren Kandidatin Le Pen im ersten Wahlkampf auszustechen, oder ob er wieder das „Modell Deutschland“ preist – was angesichts der jüngsten Konjunkturmeldungen (die deutsche Wirtschaft schrumpft, die französische wächst) wohl schlecht ankäme. 

Dennoch ist der Wahlkampf ein europäisches Top-Ereignis. Denn zum einen könnte Sarkozy die deutsche Umarmung teuer zu stehen kommen – vielen Franzosen ist unwohl bei dem Gedanken, künftig von der “Dame de fer” aus Berlin aus regiert zu werden. Zum anderen haben die Wähler in Frankreich die einmalige Gelegenheit, die Karten in der EU neu zu mischen. Das erste Opfer könnte dabei Merkozys Fiskalpakt für eine eiserne Budgetdisziplin sein. 

Denn nicht nur der Favorit in den Umfragen, der Sozialist Hollande, lehnt den Pakt in der gegenwärtigen Form ab und fordert Nachbesserungen. Dabei will er nicht nur mit Merkel verhandeln, sondern auch mit anderen EU-Chefs z.B. in Italien, wie die FT meldet. Damit will er sich offenbar aus der allzu engen deutschen Umklammerung lösen und Frankreich wieder seine traditionellen Partnern im Süden annähern.

Auch Sarkozys Premier, Fillon, scheint kalte Füße zu bekommen: Gestern kündigte er überraschend an, dass die im Fiskalpakt vorgesehene Sparbremse in Frankreich nur per Volksabstimmung eingeführt werden könne. Denn dafür ist eine Verfassungsänderung nötig, und Sarkozys UMP hat nicht die nötige Mehrheit. Streng genommen hätte Sarkozy den Fiskalpakt also gar nicht unterschreiben dürfen, oder nur unter Vorbehalt…

All das mag ein taktisches Manöver sein, um Stimmen auf der Linken und in der Mitte zu gewinnen. Sarkozy könnte das Referendum nach seiner Wiederwahl wieder einkassieren. Gleichzeitig ist es aber eine Steilvorlage für Hollande: Wenn er gewählt wird und Merkel jede Neuverhandlung ihres Pakts ablehnt, könnte er die ungeliebte Reform einfach per Referendum abschießen…


 

kostenloser Counter