Gegen die Wand gefahren
Na klar, war nicht solidarisch ist, muss bestraft werden. Deshalb ist es richtig, dass die EU in der Flüchtlingspolitik gegen Ungarn, Polen und Tschechien vorgeht. Allerdings müsste sie sich auch selbst gleich bestrafen.
Denn die Brüsseler Behörde hat, Hand in Hand mit Kanzlerin Merkel, die europäische Flüchtlingspolitik gegen die Wand gefahren. Die Quoten waren von vorne herein keine gute Idee.
Denn Flüchtlinge lassen sich nicht „umverteilen“ wie abgebrannte Brennstäbe. Sie wollten und wollen nicht auf dem Balkan bleiben, sie wollten und wollen nicht nach Osteuropa oder ins Baltikum.
Ihr Ziel war und ist vor allem Deutschland, das 2015 zusammen mit Schweden wie ein Magnet wirkte. Dass Deutschland dann auch noch die Grenzen aufmachte, hat die Attraktivität weiter verstärkt.
Da dies im Alleingang geschah, hätte die EU-Kommission schon damals protestieren müssen. Hat sie aber nicht, im Gegenteil: Kommissionschef Juncker pries Merkel als leuchtendes Beispiel an.
Dabei hat Deutschland an der gemeinsam beschlossenen Umverteilung auch nie wirklich teilgenommen. Auch UK und Dänemark haben nicht mitgemacht. Frankreich und Benelux duckten sich weg.
Die gesamte Umverteilungs-Politik war von Anfang an verkorkst. Strafen machen sie nicht besser. Besser wäre es gewesen, legale Fluchtwege zu schaffen, mit offiziellen, von den EU-Ländern bewilligten Kontingenten.
Doch das hat man nicht gemacht. Bis heute gibt es keine legalen Fluchtwege in die EU. Bis heute sind die Routen von Griechenland und Italien nach Mitteleuropa dicht. Auch das ist ein Skandal.
Wer klagt ihn an, wer verhängt eine gerechte Strafe?
GS
14. Juni 2017 @ 21:28
Osteuropa sind bei der Flüchtlingspoltik die einzigen, die eine vernünftige Politik machen. Man würde sich wünschen, D und die Kommission würden auf deren Kurs einschwenken bzw. hätten das vor zwei Jahren schon getan. Messerstechereien und ähnliches kommen hierzulande gerade schwer in Mode.
Claus
14. Juni 2017 @ 15:49
@Peter Nemschak: Ihr erster Kommentar wirft die Frage auf, wieso die Osteuropäer für die Fehler (unkontrollierte Einwanderung) einstehen sollten, wenn diese primär in Brüssel und Berlin durch Bruch einer ganzen Palette von europäischen und nationalstaatlichen Abkommen, Regelungen und Gesetzen verursacht wurden?
@ebo: „Bis heute gibt es keine legalen Fluchtwege in die EU?“ Doch die gibt es: Antrag auf Gewährung von Asyl in der Botschaft eines EU-Landes außerhalb der EU-Grenzen stellen und nach positivem Bescheid ganz legal einreisen. Allerdings ist dies nur aussichtsreich für politisch Verfolgte gemäß Definition, die unter den „Umzuverteilenden“ einen zahlenmäßig vernachlässigbaren Anteil ausmachen. Wobei wir einmal mehr bei der politisch-medial systematisch betriebenen Sprachverdummung durch fehlende Differenzierung zwischen Flüchtlingen und Migranten wären.
Und auch hier scheinen die Osteuropäer ein etwas höher entwickeltes Bewusstsein zu haben als anderswo.
Dixie Chique
14. Juni 2017 @ 12:13
Ähm, hat Ungarn, Tschechien oder Polen etwa initiativ den IS und die Al Nusra aus der Taufe gehoben? Italien vielleicht, oder Griechenland? Wieviele tschechische Soldaten sind zum Schutz der Opiumrouten in Afghanistan/Pakistan/Türkei abkommandiert? Wieviel Geld fließt wofür von Ungarn nach Saudi-Arabien und zurück? Hilft polnische Radartechnologie beim Kampf gegen den ultrabösen Assad? Haben diese Länder Interesse am besten Niedriglohnsektor aller Zeiten? Verschickten sie deswegen Selfie-Einladungspostkarten, ohne sich um problematische Migrationsrouten durch andere souveräne Nationen zu scheren? Ist Ost- und Südeuropa die treibende Kraft hinter Freihandelsverträgen im Stile von Glasperlen gegen Büffelfelle, Billigfusel gegen Ländereien? Und wer hält Erdogan wofür den Rücken frei?
Diese BRD 2.0 (und ihre Speichellecker innerhalb der EU) gehörte in einer gerechten Welt politisch isoliert, weltanschaulich ignoriert und wirtschaftlich sanktioniert.
Als übereifriger Vasall buckelt sie nach oben, und als Neokolonialherr tritt sie nicht nur nach unten, sie überschüttet die Getretenen auch noch mit Häme und moralischen Belehrungen. Widerlich.
kleopatra
14. Juni 2017 @ 11:27
Da praktisch kein Land die „Quoten“ ernst nimmt und umsetzt, zeigt das Vorgehen gegen Polen, Tschechien und Ungarn, dass hier Kreaturen Merkels auf den „üblichen Verdächtigen“ herumhacken wollen.
Ich glaube allerdings nicht, dass die Visegrád-Staaten so dumm sind, das nicht zu bemerken. Vielleicht könnten sie ja damit drohen, das russische Militär ienzuladen und in Eger zu stationieren …
Peter Nemschak
14. Juni 2017 @ 11:44
Sie vergessen, Polen und Ungarn sind bereits in Sachen „illiberale Demokratie“ dem Rest der EU ein Dorn im Auge. Sie überschätzen Merkel, was ihre sogenannten Kreaturen betrifft: viel Feind viel Ehr‘ sagt man.
Kleopatra
14. Juni 2017 @ 15:51
Warum macht die Kommission das exakt jetzt bekannt? Ich werde den Verdacht nicht los, dass sie eine Resthoffnung hegten, die Briten würden doch noch so eine Regierung wählen, die den Austrtt zurücknehmen wollen würde. Nun ist klar, dass für die Briten die Furcht vor unbegrenzter Immigration ein entscheidendes Argument für den Austritt aus der EU war; und da hätte sich eine EU-Institution, die Mitgliedstaaten dazu zwingen will, Immigranten, noch dazu aus der Dritten Welt, aufzunehmen, nicht gut gemacht. Man kann ohnehin davon ausgehen, dass Merkels Sprüche von den „Grenzen, die man (angeblich) nicht schützen kann“ in GB gut und gern ein paar Prozente an Stimmen für „exit“ zusätzlich gebracht haben. Jetzt, wo in GB „kein Porzellan mehr zerschlagen werden kann“, ist dieses Verfahren aus Kommissionssicht risikolos.
Kleopatra
14. Juni 2017 @ 15:52
1) Von den konkreten Zahlen des Beschlusses vom September 2015 ist nur ein kleiner Bruchteil realisiert worden. Für diesen Fehlschlag genügt die Nicht-Kooperation der Visegrád-Staaten nicht, sondern der „Fehlbetrag“ entsteht überwiegend in den großen westeuropäischen Staaten.
2) Der erwähnte Beschluss des Rates vom Sept. 2015 ist bereits Gegenstand eines Prozesses vor dem EuGH, mit der Slowakei und Ungarn als Klägern. Solange noch nicht einmal geklärt ist, ob der Beschluss zulässig ist, wirkt es wiederum übereilt, wenn die Kommission schon jetzt gegen Ungarn vorgeht. Denn dieses Vorgehen wäre ja, wenn Ungarn vor dem EuGH Erfolg hätte, hinfällig.
Peter Nemschak
14. Juni 2017 @ 07:57
Dass die EU Fehler gemacht hat, entlastet die Osteuropäer nicht. Was die Durchsetzbarkeit von Strafen betrifft ist Skepsis angebracht.