Gefährlicher Schwenk in der Iran-Politik
Deutschland, Frankreich und Großbritannien beschuldigen Iran, hinter den Angriffen auf Ölraffinerien in Saudi-Arabien zu stecken. Damit schwenken sie auf US-Kurs – ohne Beweise und in einer gefährlichen Zeit.
„Für uns ist deutlich, dass der Iran Verantwortung für diesen Angriff trägt“, heißt es in der Mitteilung der deutschen, französischen und britischen Regierung. „Es gibt keine andere plausible Erklärung.“
Belege wurden nicht vorgelegt. Die „großen Drei“ haben auch nicht die Ergebnisse einer noch laufenden Untersuchung abgewartet. Sie scheinen sich auf die Geheimdienste zu verlassen.
Das ist gefährlich – aus mehreren Gründen. Zum einen haben vor allem die amerikanischen und britischen Dienste immer wieder Beweise gefälscht. Im Irak haben sie damit einen Krieg ausgelöst.
Zum anderen kommt die Erklärung zur Unzeit – kurz vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen und vor dort geplanten Treffen mit dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani.
Präsident Macron und Kanzlerin Merkel hätten die Gespräche nutzen können, um Rohanis Argumente zu prüfen. Stattdessen sind sie vorgeprescht – und haben sich auf die US-Seite geschlagen.
Dass Merkel nun sagt, es gehe vor allem um Deeskalation, klingt wenig überzeugend. Denn nun beginnen auch die Europäer, Iran in die Enge zu treiben. Das kann die Spannungen nur erhöhen.
Der britische Premier Johnson fordert schon, den Atomvertrag mit Iran neu zu verhandeln. Auch Macron hat dies angedeutet. Gleichzeitig erfüllen die Europäer immer noch nicht ihre Verpflichtungen aus dem Deal.
Die ganze Entwicklung scheint auf einen „Point of no return“ zuzulaufen, an dem die EU ihre bisherige Iranpolitik komplett aufgibt und die USA (und UK?) das Ruder übernehmen.
Die Europäer bilden kein Gegengewicht mehr
Derweil gehen US-Präsident Trump die Optionen aus. Er hat sich zwar gegen einen Militärschlag entschieden – und stattdessen die Sanktionen verschärft. Sie treffen nun auch die iranische Zentralbank.
Doch beim nächsten Vorfall dürften die Hardliner die Oberhand gewinnen. Die Europäer können dann noch so sehr nach Deeskalation rufen – ein Gegengewicht bilden sie nicht mehr…
Siehe auch „Macron und Merkel gehen auf Trump zu“
Holger Jeltsch
25. September 2019 @ 17:51
Summerhill hat recht, nichts dergleichen ist bewiesen. Die Lügen der USA sind jetzt genau wie
beim Giftskandal die der Briten, dummdreist, fast wörtlich. Wie peinlich und unsäglich , daß so etwas wider besseres Wissen auch wieder von unserer „Elite“ unterstützt wird.
Peter Nemschak
26. September 2019 @ 08:54
Inzwischen wurden involvierte russische Agenten in der Schweiz verhaftet. In der NZZ können Sie das nachverfolgen. Erstaunlich wie sich manche Narrative in ideologisch in bestimmter Richtung vorurteilsgefärbten Kreisen halten, egal ob rechts oder links.
ben
25. September 2019 @ 06:16
Angebliche Geheimdienstinformationen, die in die Öffentlichkeit gelangen, tun dies nur, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Die Wahrheit kennen, wenn überhaupt, nur ganz Wenige.
Die führenden Politiker aller Nationen haben das Vertrauen auf die Wahrheit in der Politik nachhaltig zerstört, in dem man Hinterzimmer- und Klientelpolitik als Standard gesetzt hat.
Auch wenn vieles für den Iran spricht; Kriege ohne Beweise sollte man doch wohl nicht vom Zaun brechen (hatten wir ja auch schon mit falschen Beweisen).
Glaube ist den Religionen vorbehalten, hier zählen nur harte und nachprüfbare Fakten.
Peter Nemschak
24. September 2019 @ 17:42
Trauen Sie etwa den US- und anderen Geheimdienstinformationen nicht? Bei Skripal war Russland eindeutig der Täter, was von manchen, die nicht wahrhaben wollen, was nicht sein darf, bis heute bezweifelt wird. Als die Iraner im Juni eine amerikanische Drohne abgeschossen haben, hätten die USA mit einem scharfen begrenzten Militärschlag antworten müssen. Davon habe ich nichts in diesem Blog gelesen. Jetzt wird es für Trump tatsächlich eng. Erwartbares Verhalten, das Trump in keiner Situation bisher gezeigt hat, ist friedensförderlich, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht.
ebo
24. September 2019 @ 18:12
Genau. Ich traue Geheimdienst-Informationen grundsätzlich nicht. Ich will Beweise, und die haben Berlin, Paris und London nicht vorgelegt. Sie warten nicht einmal die Ermittlungen ab!
Summerhill
25. September 2019 @ 11:32
“Bei Skripal war Russland eindeutig der Täter” ?
Das ist – mit Verlaub – wirklich dummes Zeug.
Nichts ist da bewiesen. Und schon gar nicht eindeutig. Im Gegenteil.