Game over

Mit einer “politischen Kommission” wollte J.-C. Juncker die EU aus der Krise führen. Doch nun steckt die Juncker-Kommission  selbst in der Krise. Dabei ist die Personalie Selmayr nur ein Symptom für tiefer liegende Probleme. – Ein Kommentar.

Was ist eigentlich in Brüssel los? Seit Wochen schimpfen alle über M. Selmayr, den neuen Generalsekretär der EU-Kommission. Der 47-jährige Deutsche wird mal als machtgieriges Monster, mal als ausgebuffter Rasputin tituliert.

Nur Kanzlerin Merkel lobt die „effiziente Arbeit“ des CDU-nahen Juristen. Alle anderen scheinen ihn zu fürchten  – oder sogar zu hassen.

Schuld ist nicht nur die hemdsärmelige Art, mit der  Selmayr vom kleinen Lobbyisten des Bertelsmann-Konzerns zum mächtigen Aufseher über 32.000 Kommissions-Mitarbeiter geworden ist.

Mal sticht er vertrauliche Informationen durch, mal beschimpft er Journalisten, die nicht seiner (Selbst-)Darstellung folgen. Kein Wunder, dass Selmayr schlechte Presse hat.

Schuld ist auch und vor allem Kommissionspräsident Juncker, der Selmayrs atemberaubenden Aufstieg ermöglicht hat.

Schon bei der Europawahl 2014 stützte sich der konservative Luxemburger auf den konservativen Deutschen – im Namen der konservativen Europäischen Volkspartei, die vor allem von CDU und CSU getragen wird. Selmayr leitete den Wahlkampf.

Klima der Angst

Danach machte Juncker ihn erst zum Kabinettschef, dann zum Zuchtmeister. Obwohl zum „Team Juncker“ ehemalige Premierminister gehören, wagt niemand offen zu widersprechen.

Ein Klima der Angst machte sich in der EU-Behörde breit, nachdem „Junckers Monster“ die traditionellen Ressorts zerschlagen und die Kommissare zu PR-Beauftragten degradiert hatte.

Mit der „politischen Kommission“, die Juncker versprochen  hatte, hat das nichts mehr zu tun, leider. Denn Juncker hatte durchaus gute Absichten.

Junckers Ansatz war gut

Er wollte die EU-Behörde, die die Gesetze vorlegt und die Einhaltung der Verträge überwacht, von wirklichkeitsfremd gewordenen Regeln befreien. Alles sollte politischer werden, endlich.

Statt an abstrakten Normen wollte Juncker seine Arbeit an  konkreten Ergebnissen messen. Ein guter Ansatz, der durchaus Erfolge hatte – bei der Abkehr von der deutschen Austeritätspolitik und der Auflage eines europäischen Investitionsprogramms.

Doch schon bald widersetzte sich Merkel der neuen Politik aus Brüssel. 2015, in der Schuldenkrise um Griechenland, kam die Wende.

Wird fortgesetzt, Teil 2 folgt am Dienstag. Mehr zum “Selmayrgate” hier