G-20 kriegt die Kurve – und schont Russland
Der G-20-Gipfel in Neu Delhi hat doch noch die Kurve gekriegt. Die Staats- und Regierungschefs einigten sich auf eine Abschlusserklärung – doch die schont Russland.
Die G20 verständigten sich auf einen Kompromiss, in dem alle Länder unter Verweis auf die Charta der Vereinten Nationen aufgefordert werden, von Angriffen auf die territoriale Integrität oder Unabhängigkeit eines Staates abzusehen. Zudem wird der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen als unzulässig bezeichnet.
Eine klare Verurteilung Russlands ist das jedoch nicht. Als Zugeständnis an die BRICS-Staaten wurde zudem vereinbart, die Verschuldungsproblematik von Entwicklungs- und Schwellenländern “auf wirksame, umfassende und systematische Weise” anzugehen. Doch auch diese Ankündigung bleibt reichlich vage.
Kanzler Scholz sprach dennoch von einem Erfolg. Er sprach von einem “sehr erfolgreichen Gipfel mit guten Ergebnissen”, die weiter gegangen seien, als das viele im Vorfeld befürchtet hätten. Die Einigung auf eine Abschlusserklärung sei auch ein Erfolg der G20-Ratspräsidentschaft gewesen.
Sie liegt bei Indien – einem Mitglied der BRICS…
Siehe auch “Beim G-20-Gipfel droht ein Scheitern”
P. S. Dass es überhaupt zu einer Einigung kam, ist offenbar vor allem dem Gastgeber Indien, Brasilien und Südafrika zu verdanken. Ein weiteres Indiz, dass der Westen schwächelt und die BRICS an Bedeutung gewinnen…
Monika
10. September 2023 @ 15:29
Ich hege nun die naive Hoffnung, dass ALLE Länder, klein, groß, wirtschaftlich potent oder impotent, „bedeutend“, „unbedeutend“, die sich nicht an die Charta der Vereinten Nationen halten und aggressiv-militärisch agieren, stante pede vor dem Internationalen Gerichtshof angeklagt sehen, ob sie den anerkennen oder nicht!
Man sollte bei den UN eine „Stabsstelle“ für diese Standardanklagen einrichten. Die Einnahmen aus den Strafen die verhängt werden, kommen in den UN-Hilfsfond für die Schwächsten der Schwachen… sorry, ich träum halt gern….
Ditmar Porth
10. September 2023 @ 15:18
Wir sollten nicht von Sieger sprechen, sondern es scheint dass langsam die Vernunft einkehrt und man versteht das die US- Sanktionen gegen 40 Länder keinen Erfolg für den Westen bringen.
Auch die Isolation von Russland führt nicht zum Ziel , sondern Friedensverhandlungen…
Es ist bedauerlich das Scholz nicht die Gelegenheit, mit dem am längsten im Amt befindlichen und gemäßigten Außenminister Russlands, zu einem Meinungsaustausch genutzt hat,
Ist es Arroganz oder Dummheit ?
Gerade ein deutscher Kanzler steht hier in der Verantwortung nach Wegen zu Friedensverhandlungen zu suchen.
Schaden vom deutschen Volk abzuwenden ist seine Verantwortung ,und der Krieg in der Ukraine schadet Deutschland….
umbhaki
10. September 2023 @ 20:49
Ditmar Porth fragt: „Ist es Arroganz oder Dummheit ?“
Das kann man auch kombinieren. Multitasking auf Kanzlerart.
Arthur Dent
10. September 2023 @ 13:30
Aus dem Bauch heraus würde ich es als einen Erfolg für den globalen Süden verbuchen. Mittlerweile auf Augenhöhe mit dem Westen. Dieser traut sich nicht, sich einem Abschluss-Kommunique zu verweigern, er hätte sonst mit leeren Händen dagestanden. Die EU hat keine nennenswerten Rohstoffvorkommen. So langsam dämmert es dem Westen, dass er sich praktisch isoliert, wenn er seinen Kurs beibehält.
Katla
10. September 2023 @ 09:24
Wenn man das als Erfolg sehen kann, dass überhaupt eine Erklärung zustandegekommen ist – bei so hochrangigen diplomatischen Formaten eigentlich das Mindeste an Output.
In anderer Hinsicht ein wichtiges Statement: der Westen hat nicht mehr die allumfassende Definitionsmacht in den internationalen Beziehungen. Was die demographischen Proportionen auf dem Planeten betrifft, ist das eine gute Sache. Was die Handlungsfähigkeit und die Glaubwürdigkeit des Westen betrifft, ist das eine Katastrophe mit Ansage. Ob die westlichen Politiker die deutlichen Signale zu deuten wissen?
Hans-Heiko Schlottke
10. September 2023 @ 08:52
Alle Länder sollen dem Abschlussdokument zufolge von Angriffen auf die territoriale Integrität und Unabhängigkeit einer Staates absehen. Schöne Worte, denen gewiss auch die Herren Biden und Erdogan zugestimmt haben – die gleichzeitig mit ihren Aktivitäten etwa in Syrien deutlich machen, dass sie nicht daran denken, selbst jene Ansprüche zu erfüllen, die sie an andere stellen. Fazit: hohles Gipfelgeschwätz, das zeigt, dass der G20-Zirkus überflüssig ist.
KK
9. September 2023 @ 19:39
„Zudem wird der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen als unzulässig bezeichnet. “
Das richtet sich ausdrücklich auch an die USA, denn nur dort wird seit einiger Zeit über den Einsatz kleinerer, taktischer Atomwaffen in Planspielen ernsthaft nachgedacht.
Russland hält sich das offen, falls zugunsten der Ukraine mit den USA, UK und Frankreich bis zu drei Atommächte, die alle nie ausdrücklich auf einen Erstschlag verzichten wollten (im Gegensatz zur SU und China übrigens), eingreifen sollten.