Für Weber wird es sehr eng

Der Spitzenkandidat der konservativen EVP, Manfred Weber (CSU), muß am Wahlabend zittern. Die ersten Hochrechnungen deuten darauf hin, dass es für ihn und die CDU sehr eng werden dürfte. Die Hoffnung, auf Kommissionschef Jean-Claude Juncker zu folgen, schwindet.

Die CSU hat in Deutschland nach ersten Hochrechnungen zwar leicht hinzugewonnen, was sich Weber als persönlichen Erfolg anrechnen dürfte. Dafür schmiert die CDU um mehr als acht Prozent ab. Ein so schlechtes Ergebnis haben CDU/CSU noch nie bei einer (Europa-)Wahl eingefahren.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak gestand das Scheitern schon ein. “Das entspricht nicht unseren Ansprüchen”, sagte Ziemiak. Dennoch habe die Union, die bei der Abstimmung stärkste Kraft wurde, mit dem Wahlausgang ihren “Beitrag geleistet”, damit Weber EU-Kommissionspräsident werden könne. 

Welchen “Beitrag”, bitte? Kanzlerin Angela Merkel ließ sich im Europawahlkampf kaum blicken. CDU-Chefin AKK und Ziemiak waren nicht einmal in der Lage, vernünftig auf die Angriffe der YouTube-Szene zu antworten. Wenn überhaupt, dann ruht Webers Hoffnung nun auf Österreich.

Dort scheint Kanzler Sebastian Kurz einen Achtungs-Erfolg einzufahren. Doch auch die bisher mit ihm verbündete rechtslastige FPÖ hält sich ganz gut – trotz Ibiza-Gate. Und schon am Montag könnte Kurz, der Webers stärkster Unterstützer außerhalb Deutschlands war, über ein Misstrauensvotum stürzen.

Die EVP legt ansonsten wohl nur in Griechenland nennenswert zu. Aus den großen EU-Ländern Frankreich, Italien und Spanien, aus denen noch keine Zahlen vorliegen, ist nicht viel zu erwarten. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron dürfte nun versuchen, Weber endgültig abzuschießen…

Siehe auch “Für Weber wird es eng – für Merkel wird es ernst” und “Ist Weber schon abgeschrieben?”

P.S. Die erste Projektion des Europaparlaments bestätigt unsere Einschätzung. Webers EVP muß sich demnach mit 173 Parlamentssitzen zufrieden geben. Die Sozialdemokraten liegen bei 147, die Liberalen bei 102, die Grünen bei 71. Für eine Mehrheit braucht man 376 Sitze – mindestens drei Parteien müssten sich zusammentun, um diese Zahl zu erreichen. Die alte Mehrheit aus EVP und Sozialdemokraten ist Geschichte, eine neue zeichnet sich nicht ab.