Frauenmangel in Brüssel, Symbolpolitik in Berlin – und Angst um Fischstäbchen

Die Watchlist EUropa vom 27. August 2024 – Heute mit News und Analysen zur Genderpolitik in der neuen EU-Kommission, zum Terror in Deutschland und zur Militärhilfe für die Ukraine.

Ihre Wiederwahl an die Spitze der EU-Kommission im Juli wurde zur Zitterpartie. Nur mithilfe der Grünen konnte sich Ursula von der Leyen im Amt halten. Doch nun droht der CDU-Politikerin schon die nächste Machtprobe. Diesmal dürfte sie den Kürzeren ziehen.

Der Grund: Die EU-Staaten ignorieren ihren Wunsch, je eine Frau und einen Mann für die neue EU-Kommission zu nominieren und so für Geschlechterparität zu sorgen. Viele schlagen nur einen einzigen Bewerber vor: einen Mann.

Die Folge: akuter Frauenmangel in Brüssel. 16 Männer und nur 5 Frauen – so fällt die Geschlechter-Bilanz kurz vor Ablauf der Frist am 1. September aus. Wenn es so weiter geht, könnten die Männer am Ende über eine 2/3-Mehrheit verfügen.

Weiterlesen hier (Die Analyse)

News & Updates

  • Nach Terroranschlag: Symbolpolitik in Berlin. Nach der tödlichen Messerattacke in Solingen hat Kanzler Scholz eine Verschärfung des Waffenrechts angekündigt. Dies gelte insbesondere dafür, “was den Einsatz von Messern betrifft”, schrieb er auf X. Allerdings sind Messermorde schon jetzt verboten – es geht wohl vor allem um Symbolpolitik vor den Landtagswahlen. Wo der Schuh wirklich drückt, steht hier (Blogpost)
  • Reporter ohne Grenzen fordern Bruch mit Israel. 60 NGO, darunter Reporter ohne Grenzen, fordern in einem offenen Brief, endlich Konsequenzen aus der offenbar gezielten Tötung von Journalisten durch das israelische Militär zu ziehen. Die EU solle den Assoziierungsrat mit Israel aussetzen und gezielte Sanktionen gegen die Verantwortlichen verhängen, heißt es in dem Schreiben an EU-Diplomat Borrell. Deutsche Journalisten haben übrigens nicht unterschrieben… – Der Text steht hier
  • EU will Soldaten nach Kiew schicken. Die EU treibt ihren Plan voran, europäische Soldaten als Ausbilder in die Ukraine zu entsenden. Schon bald soll ein Beschluss fallen, berichtet die “Welt”. In Brüssel zirkuliere ein vertraulicher Bericht, der zwar die Vorteile diskutiert, aber in drastischen Worten vor einer Reaktion Moskaus warnt – Russland könnte die Ausbilder ins Visier nehmen. Laut “FT” zeichnet sich deshalb keine Mehrheit ab…

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Die Analyse

(Fortsetzung von oben)

Dies ist nicht das einzige Problem, mit dem von der Leyen fertig werden muß. Hinzu kommt, dass die meisten bisher nominierten Männer auch noch der konservativen Europäischen Volkspartei angehören – und dass sie einen wichtigen Posten verlangen.

Männlich, konservativ und machtbewusst – so sieht das typische Profil der neuen EU-Kommission aus. Dummerweise gibt es nicht genug Posten, um den Machthunger der EU-Länder und ihrer Kandidaten zu stillen.

Was tun? Von der Leyen und ihre Berater halten sich bedeckt. Man wolle erst einmal die vollständige Liste der Kandidaten abwarten, heißt es in Brüssel, danach werde man weiter sehen.

Einzelne Kandidaten kann von der Leyen nach deren Anhörung im Europaparlament zurückweisen – doch weibliche Bewerber erzwingen kann sie nicht. 

Ihr wichtigster Hebel ist die Verteilung der Aufgabengebiete. Bei wichtigen Dossiers werde sie Frauen bevorzugen, lässt von der Leyen durchblicken.

Doch selbst wenn es ihr gelingen sollte, Kommissarinnen auf mächtige Posten zu hieven: Die Geschlechterparität bleibt ein Problem.

Von der Leyen droht ein Fehlstart – und das ausgerechnet in der Genderpolitik, auf die sie neuerdings so viel Wert legt…

Siehe auch Zugeständnisse ohne Ende: So schwach ist von der Leyen

Das Letzte

Fischstäbchen werden knapp – wegen der EU? Diese Frage werfen mehrere Presseberichte auf. Laut “Der Westen” plant Brüssel neue Sanktionen gegen Russland, von denen auch der Alaska-Seelachs betroffen sein könnte. Aktuell kommen nach Einschätzung des Branchenverbands Fisch-Informationszentrum (FIZ) aber 85 Prozent des in Deutschland bei Edeka, Rewe und Co. angebotenen Alaska-Seelachses aus Russland. Eine Exportsanktion hätte enorme Konsequenzen für das deutsche Fischunternehmen, warnt der Verband. Zudem will die EU-Kommission nun auch noch einige Fischfang-Quoten in der Ostsee kürzen. Auch dies könne dazu führen, dass Fischstäbchen knapp werden, heißt es bei “Brussels Signal”. Das wäre sehr schade – es war so ungefähr das letzte günstige Fischgericht…

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