Frankreich schickt keine Panzer, Italien sagt “Basta”
Während Deutschland unter Druck gesetzt wird, noch mehr Waffen in die Ukraine zu liefern, stellen sich Frankreich und Italien quer – offenbar erfolgreich.
Präsident Macron hat immer noch keine französischen Kampfpanzer zugesagt. Ob man “Leclerc”-Panzer schicken werde, hänge von mehreren Konditionen ab, hatte Macron erklärt – offenbar sind sie immer noch nicht erfüllt.
Doch während sich Kanzler Scholz für jedes Zögern bei den Waffenlieferungen rechtfertigen muß, hat Macron offenbar keine Probleme. Weder aus Kiew noch aus Washington wurde Kritik laut. Gelten in Paris andere Maßstäbe?
Diese Frage stellt sich auch in Rom. Italien hat – genau wie Frankreich – vergleichsweise wenig Waffen in die Ukraine geliefert. Dennoch hagelt es auch dort keine internationale Kritik. Rom fliegt offenbar unter dem Radar.
Umso renitenter geben sich die Italiener. Sie sagen “Basta” – eine Mehrheit von 52 Prozent will keine weiteren Waffenlieferungen in die Ukraine, 68 Prozent sind gegen eine Nato-Intervention, wie eine neue Umfrage zeigt.
Woran das wohl liegen mag? Sind die Italiener – so wie Ex-Premier Berlusconi – in Kremlchef Putin vernarrt? Oder werden sie einfach nicht so sehr von ihren Medien bearbeitet und getrieben wie die Deutschen?
Mehr zum Ukraine-Krieg hier
P.S. Scholz hat sich gegen einen “Überbietungswettbewerb” bei Waffen ausgesprochen. Außerdem will er offenbar keine (deutschen) Kampfjets liefern. Mal sehen, wie lange diese Aussage gilt…
KK
30. Januar 2023 @ 13:33
Die spinnen ja nicht, die Gallier und die Römer…
Stef
30. Januar 2023 @ 12:01
Scholz mag sich ja gegen einen Überbietungswettbewerb aussprechen, das gehört aber zu den Scholzschen Aussagen, denen vermutlich eine kurze Halbwertszeit beschieden ist. Würde er dies ernst meinen, hätte er schon lange haltbare Positionen aufbauen können, die uns besser vor der Rutschbahn in eine Kriegsbeteiligung am WW3 schützen. Was wäre da besser geeignet gewesen, als das Erbe Willy Brandts im Grundsätzlichen zu verteidigen? Stattdessen hat er mit der SPD-Parteispitze vorneweg die Brandtsche Ostpolitik abgeräumt. Das ist etwa so, als würde man sich zu Beginn eines Fußballspiels erst einmal zwei Eigentore schießen. Unterstellt, man will überhaupt gewinnen. Wo soll sich die Republik oder wahlweise Scholz als ihr Kanzler jetzt noch festhalten gegen den politischen und medialen Sog Richtung weiterer Waffenlieferungen?
Deutschland ist deshalb im besonderen Maße im Fokus, weil wir schon aus geografischen Gründen wesentlich affiner für eine ostorientierte Politik sind als z.B. Frankreich und Italien. Deutschland soll nach dem Willen der transatlantischen Wasserträge dies- und jenseits des Atlantiks ein für allemal von Russland separiert werden. Deshalb muss Deutschland bei jeder Eskalationsrunde stets an der Spitze der Falken stehen.
Eigentlich wäre eine strategische Diskussion über die Ost-West-Ausrichtung Deutschlands ebenso fällig wie spannend. Schaut man sich z.B. die Grünen an, so zielt die Mehrzahl ihrer Positionen allerdings direkt darauf ab, diese Diskussion a priori zu unterbinden. Die Tür nach Osten muss wohl nach Vorstellung der maßgeblichen Grünen Politiker in Vollzug der Befehle aus den USA ganz ohne Debatte zu vernagelt werden. Ganz unabhängig davon, welche weitreichenden negativen Konsequenzen sich für eine Gemeinwesen, dass geografisch zwischen Ost und West steht, daraus ergeben.
Das ist für mich eine ganz besondere Note Grüner Demokratiekultur: Politische Positionen der Grünen müssen ohne Debatte und damit auch ohne den Druck von Gegenargumenten und ohne das Risiko einer Ablehnung faktisch durchgedrückt werden. Früher habe ich nicht verstanden, warum die Grünen viel Zorn und Aggression auf sich ziehen, inzwischen ist es mir klar geworden. Das sind klar totalitäre und antidemokratische Züge aus einer Hybris heraus.
Hier kann man natürlich zurecht argumentieren, dass auch andere Parteien derartige totalitäre tendenzen haben. Allerdings ist die Diskrepanz zwischen den traditionellen Parteipositionen und der Realität der Regierungsarbeit derzeit nirgendwo so eklatant wie bei den Grünen, was zu dem überschießenden Maß an Zwang führt.
Man kann hier auch einwenden, dass im Krieg üblicherweise Bündnisfragen nicht offen diskutiert werden. Es zeigt uns aber ganz klar, dass wir im Geiste bzw. tief verwurzelt in der aktuellen politischen Kultur schon lange eine Kriegspartei sind. Strategische Abwägungen werden defacto nicht mehr zugelassen. Offen ist lediglich der Aufbau des Narrativs, mit dem uns der Weg in den Krieg verkauft werden soll.
Thomas Damrau
30. Januar 2023 @ 11:49
@european
Kein Widerspruch bezüglich Biden: Der Mann war die letzte Patrone, den die demokratische Parteiführung im Lauf hatte, um einen Richtungswechsel der Partei oder (man wagt es nicht auszusprechen, ohne sich zu bekreuzigen) einen Linken wie Sanders zu vermeiden. Ich kenne immer noch keine passende Verschwörungserzählung, wie ein in den Vorwahlen abgeschlagener Biden (dessen Kapitulation man erwartete hatte), plötzlich das Bewerberfeld von hinten aufrollen konnte: Vielleicht himmlische Intervention …
In jedem Fall liefert Biden (ähnlich wie früher Reagan oder Bush Junior) seit 2 Jahren betreutes Regieren.
Thomas Damrau
30. Januar 2023 @ 10:06
In Deutschland ist die sagenumwobene bürgerliche Mitte das Ziel aller Parteien: Sogar die AfD versucht sich als bürgerlich zu positionieren – und Die Linke zerfleischt sich gerade selbst bei der Frage “Wie bürgerlich soll es denn sein” – Ramelow gegen Wagenknecht. Und zum bürgerlich-mittigen Kanon in Deutschland gehört nun einmal ein transatlantisches Glaubensbekenntnis. (Auch wenn die AfD versucht, mit russlandfreundlichen Tönen im Osten zu punkten, würde sie nie ernsthaft die NATO in Frage stellen.) Dazu kommt das immer noch nicht bewältigte Trauma, dass “Die Soffjetts” 40 Jahre einen Teil Deutschland kontrolliert haben – einschließlich der Dauerdrohung, die UdSSR könne auch den Rest Deutschlands erobern, wovor uns nur die USA bewahren könnten ………..
In diesem Zusammenhang fand ich die Reaktion von CDU/CSU auf den Militarismus-Schub bei Den Grünen interessant: Die Grünen müssten jetzt endgültig ihren Anti-Amerikanismus ablegen. Wobei Anti-Amerikanismus bei Den Grünen höchstens noch in Spuren zu finden ist – aber selbst diese Spuren sind den Christ-Demokraten noch zu viel.
Wie dem auch sei: In Deutschland sind kritische Töne gegenüber den USA im Augenblick nicht gesellschaftsfähig. Daher lautet die augenblickliche Staatsräson: “Nachdem wir den ekligen Trump losgeworden sind, dürfen wir den kooperationswilligen Biden nicht verärgern”. Diese Staatsräson macht Deutschland erpressbar.
Dagegen gehört in Frankreich ein Spritzer Anti-Amerikanismus seit de Gaulle zur politischen DNA. Und das weiß auch das Weiße Haus: Zu viel Druck könnte Trotz hervorrufen.
Und in Italien war Politik schon immer krawalliger als in Deutschland: Deshalb ist man in Washington erst mal glücklich, dass Meloni sich transatlantisch äußert, obwohl es in ihrer Koalition möglicherweise andere Meinungen gibt. Auch hier: Bloß keine Provokation durch zu heftige Forderungen.
european
30. Januar 2023 @ 10:45
Biden verfolgt die gleiche MAGA Politik wie Trump. Nur in nett und verpackt in Demenz. man muss ja fast schon Mitleid mit ihm haben, wenn er an der Hand ans Podium gefuehrt wird. Dahinter stecken die gleichen Neocons.
Ist nur in Deutschland offensichtlich noch nicht angekommen.
european
30. Januar 2023 @ 08:46
Wenn ich mich richtig erinnere, haben die Italiener von Anfang an das Skeptiker-Ranking in Europa angeführt. Hilfe für die ukrainische Bevölkerung ja, aber keine Kriegsbeteiligung.
Italien hat ganz andere, eigene Sorgen, während die deutsche Bundesregierung nicht nur Deutschland, sondern auch weite Teile der EU unaufhaltsam in die Rezession stürzt. “Wir” eben.