D-Day für Tsipras

Der D-Day ist da: Griechenland zahlt nicht an den IWF, doch von einem Zahlungsausfall will niemand sprechen. Premier Tsipras weist die Forderungen der Gläubiger zurück, doch von Grexit redet auch keiner. Was ist da los?

Wochenlang haben wir diesem 5. Juni entgegen gefiebert. Die besten Experten aller Institutionen haben uns gewarnt, dass Griechenland an diesem Tag endgültig das Geld ausgehen würde.

Die fälligen 300 Millionen Euro für den IWF könne Athen nie und nimmer zurückzahlen, wenigstens werde Premier Tsipras auf den Knien nach Washington rutschen und um einen Zahlungsaufschub betteln müssen.

Und nun? „Machen Sie sich keine Sorgen“, sagte ein tiefentspannter Tsipras nach einem als privat deklarierten Abendessen mit Kommissionschef Juncker in Brüssel.

Griechenland werde auch weiter seine Schulden bedienen – wie schon in den letzten Monaten, als schlappe 7,5 Milliarden Euro aus der Staatskasse zurück an die Gläubiger geflossen seien.

„Also?“, fügte Tsipras schnippisch hinzu. Noch irgendwelche Fragen?

Ja, wir hätten da noch einige Fragen. Wie kommt es, dass Sie nur wenige Stunden später doch die Zahlung an den IWF verweigern? War es Lüge oder Bluff?

Ist der Aufschub eine Drohung an die Gläubiger, oder ein Zugeständnis an die linken Genossen? Wollen Sie einfach nur Zeit gewinnen, oder ist der Zug schon abgefahren?

Wir hätten aber auch Fragen an die Gläubiger: Wer vertritt Euch eigentlich – die eiserne Kanzlerin Merkel oder der nette Herr Juncker? War da nicht auch mal ein Eurogruppenchef und eine Troika?

Und was steht eigentlich in dem angeblich letzten Angebot, das im Kanzleramt ausgekungelt wurde? Ist es mit einem Ultimatum verbunden, etwa bis zum Beginn des G-7-Gipfels in Elmau, wo sich Merkel als erfolgreiche Weltenlenkerin präsentieren will?

Und was heißt es eigentlich, dass Athen nicht mehr seine Schulden bedient? Ist das nun Insolvenz-Verschleppung? Oder ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass die Kreditgeber am Ende die großen Loser sein könnten?