Feuer frei für die Ukraine: Das sind die beunruhigenden Folgen
Nach den USA haben auch Großbritannien und Frankreich die Beschränkungen für die Ukraine aufgehoben. Russland hat daraufhin mit Angriffen auf Nato-Länder gedroht. Wohin führt das alles?
In der vergangenen Woche hatten wir fünf Thesen aufgestellt. Wir greifen sie nun noch einmal auf und schauen, was daraus geworden ist:
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- US-Präsident Biden fordert seinen Amtsnachfolger Trump offen heraus und mißachtet den Willen der US-Wähler – denn die haben sich mehrheitlich für eine Beendigung des Krieges ausgesprochen. – Das war wohl eine falsche Einschätzung. Eine Woche später sieht es eher so aus, als sei der Kurswechsel von Biden mit Trump abgesprochen. Denn Trump hat nicht – wie erwartet – laut protestiert. Demgegenüber erklären Insider in Washington, der nächste Präsident könnte Putin mit noch mehr Aufrüstung und Eskalation drohen, um ihn an den Verhandlungstisch zu zwingen.
- Die USA gehen ganz bewußt das Risiko ein, dass sich der Konflikt auf die Nato und damit auf das westliche Europa ausweitet. – Die Ereignisse der vergangenen Woche haben diese Einschätzung leider bestätigt. Nach dem Einsatz der ATACMS hat Putin eine neuartige Mittelstreckenwaffe abgefeuert. Das russische Militär behauptet, diese könne auch das westliche Europa erreichen. Doch statt die Lage zu beruhigen, gehen die USA, Großbritannien und Frankreich immer weiter. Zuletzt hat auch Paris “Feuer frei” für seine SCALP gegeben und betont, es gebe keine roten Linien.
- Es gibt detaillierte Absprachen über mögliche Ziele zwischen Kiew und Washington ; in Medienberichten ist von Angriffen auf die russische Region Kursk und dort angeblich stationierte Nordkoreaner die Rede. – Auch dies hat sich weitgehend bestätigt. Die Ukraine will tatsächlich ein Hauptquartier in Kursk getroffen haben. Dabei sollen britische Storm Shadows verwendet worden sein, die mit US-Daten arbeiten. Einige interessante Details stehen hier. Sie belegen, dass Kiew, London und Paris weiter abhängig von den USA sind – und dass wohl nichts ohne Wissen der US-Militärs geschieht.
- Die Hardliner in EUropa werden gestärkt – z.B. der polnische Regierungschef Tusk, der eine pro-ukrainische Kriegskoalition um sich scharen will. Die europäische Kriegsagenda ist schon in Arbeit. – Auch das ist weiter richtig. Tusk plant diese Woche einen Kriegsgipfel in Schweden. Dazu wurden Macron, Starmer, Rutte und diverse Balten und Nordländer eingeladen, nicht jedoch Scholz. Zur “Einstimmung” beschört er sogar die Gefahr eines 3. Weltkriegs herauf. Dabei hatte es doch bisher immer geheißen, das sei Angstpropaganda der Putinisten…
- Kanzler Scholz gerät noch mehr unter Druck, nun doch das deutsche Taurus-System zu liefern. – Auch das ist weiter richtig. Nun fordert sogar die Präsidentin des Europaparlaments, Scholz solle endlich das Taurus-System an die Ukraine liefern. Dabei ist das eine nationale Entscheidung, Brüssel hat da nicht mitzureden. Nur innenpolitisch ist Scholz jetzt etwas besser aufgestellt, denn die SPD-Spitze hat ihn offiziell zum Kanzlerkandidaten nominiert. Damit ist eine Kandidatur von Kriegsminister Pistorius vom Tisch, immerhin.
Die große Unbekannte ist, ob es hinter den Kulissen schon diplomatische Annäherungs-Versuche gibt.
Wenn ja, dann wäre das Säbelrasseln auf allen Seiten wohl vor allem der Versuch, noch schnell ein paar Punkte zu machen, bevor man sich endlich an den Verhandlungstisch setzt.
Wenn nein, dann wäre die Lage ernster denn je, sie könnte sogar – ähnlich wie im Nahen Osten – vollends außer Kontrolle geraten…
Siehe auch “Die Kriegsgefahr steigt” und unseren Update: “Kommen europäische Truppen?”
KK
26. November 2024 @ 00:45
“Die USA gehen ganz bewußt das Risiko ein, dass sich der Konflikt auf die Nato und damit auf das westliche Europa ausweitet.”
Ja, die allermeissten Tötungsdelikte geschehen im Familien- und Freundeskreis…
Monika
25. November 2024 @ 18:27
Heute gab es als Mittagsgespräch eine Sendung auf Bayern alpha „Haben wir Russland unterschätzt“ mit reger Publikumsbeteiligung. Ich dachte zuerst, aha, vielleicht merken doch einige, dass wir Russland viel weniger zugetraut haben als es tatsächlich zu leisten im Stande ist… Aber mit der Interpretation: ja, wir haben die finsteren Absichten Russlands, seine zweifellose Bösartigkeit, sein erwiesenes Barbarentum krass unterschätzt, hätte ich nicht gerechnet. Es war extrem erschreckend, mit wie viel Schaum vor dem Mund hier gegen Russland und besonders gegen „den Putin“ gegeifert wurde. Alles „Militärexperten“, die „dem Russen“ mal sorichtig aufs Maul geben wollen: Das ganze Verunglimpfungs-Programm von eiskalt berechnender Killer bis zu -von den Moderatoren in keiner Weise moniertem- blankem Rasissmus. Atomwaffeneinsatz ? Wenns nicht anders geht… dass das geballte Zerstörungspotential, das diese Menschen ausschließlich im tiefen Russland sich entfalten sehen im Umkehrschluß ja auch auf Europa niederregnen könnte? … Die Diskutanten waren von ihrer Überlegenheitsphantasie dermaßen beseelt, dass es außerhalb ihres Vorstellungsvermögens liegt, Städte in Europa könnten wieder wie vor 80 Jahren Berlin oder gar Hirishima aussehen.
Ich habe heute das Fürchten gelernt. Aber nicht vor „dem Russen“ sondern vor meinen Landsleuten.
european
26. November 2024 @ 07:03
Die Propaganda wirkt und wenn man sich das heute ansieht, dann wundert es nicht, dass die Nazis so erfolgreich waren. Und die hatten “nur” den Volksempfänger.
Deutschland hat mittlerweile alles wieder eingeführt, was uns schon einmal ins Verderben geführt hat. Sippenhaft, Denunziantentum, Gewissensprüfungen für Künstler, Meldestellen für Nichtverbrechen, Umkehr der Beweislast in Rechtsfragen – bisher nur im Beamtenrecht, aber der Bann ist gebrochen, eine “grüne Polizei”, jetzt die Klagewellen der Politikger wegen angeblichen Beleidigungen, Hausdurchsuchungen (gerne nachts, um die Einschüchterung zu verstärken) uvm. Alles, um die Bürger einzuschüchtern, die nicht auf Linie sind. Und um das noch zu toppen, die steigende Kriegsbereitschaft. Viele würden heute wieder “Jaaa” brüllen. Es ist entsetzlich, das anzusehen.
Man darf eines nicht vergessen. Die Nazis waren seinerzeit die Guten. Zumindest haben sie sich so präsentiert. Sie waren die Aufrechten, die Aufräumer, die Saubermänner. Und die Deutschen sind entweder darauf hereingefallen oder haben aktiv mitgemacht, weil sie sich davon etwas versprochen haben. Schließlich konnte jeder kleinste Hiwi einen untergeordneten Posten erlangen, in dem er ein bisschen was zu sagen hatte und Macht ausüben konnte. Jeder, der gegen dieses System war, hat besser geschwiegen. Eine ähnliche Tendenz beobachten wir gerade, dass Menschen lieber schweigen, als öffentlich ihre Meinung zu sagen.
Der nächste Krieg wird nicht konventionell sein, was bedeutet, dass von uns nichts übrig bleiben wird. Die USA spielen diese Szenarien gerade durch, wie auf Telepolis zu lesen ist. Hauptsache, sie bleiben stärkste Macht. Aber wenn etwas von uns übrig bleiben würde, würden wir wieder behaupten, wir hätten nichts gewusst oder wir waren im Widerstand.
Es ist so traurig.
Josef Berchtold
25. November 2024 @ 16:11
Es wurde schon mehrfach diskutiert, dass Trump im ersten Schritt mehr Waffen liefern könnte, um Putin an den Verhandlungstisch zu „bitten“.
Kerberos
25. November 2024 @ 15:59
Wenn ich früher veröffentlichte Nachrichten in unterschiedlichen Medien richtig verstanden habe, dann werden die Zieldaten von ATACMS,STORM SHADOW und SCALP von Experten der jeweiligen Lieferländer programmiert. Ähnliches wird wohl auch für TAUR’US gelten.
Damit wären NATO Länder in Angriffe auf russisches Territorium involviert und aus russischer Sicht bekäme der Krieg in der Tat eine andere Dimension.
Egal wie sehr unsere Politiker und „Medienschaffende“ mit Beschwichtigugen abzulenken versuchen.
european
25. November 2024 @ 10:07
Gestern uebertrug der Westend Verlag ein live Gespraech zwischen Ulrike Guerot und Emmanuel Todd.
Der Westen kaempft gegen den Untergang, weil relevante Zukunftskonzepte fehlen und man jahrzehntelang nichts in die Zukunft investiert und statt dessen auf breiter Ebene den physischen und intellektuellen Rueckbau regelrecht forciert hat. Keine nennenswerten Investitionen in Bildung, Infrastruktur, Zukunftstechnologien. Kein Gedanke daran, wovon wir in Zukunft leben wollen.
Als weiteren Aspekt fuehrt Todd den wachsenden Nihilismus und einen ausufernden Liberalismus an. Selbst bekennender Atheist spricht er den Religionen ein struktursicherndes Element an, Zugehoerigkeit und ein gesellschaftsfestigendes Regelwerk.
Heinsohn hat das schon vor vielen Jahren vorhergesagt, insbesondere mit dem Blick auf die extrem niedrigen und damit selbstzerstoererischen Geburtenraten. Vieles was Todd sagt, geht in die gleiche Richtung. Seine Analysen basieren auf nackten Zahlen bzw. Statistiken, die zu bemerkenswerten Schlussfolgerungen fuehren. So sagt er z.B. dass Russland den Krieg gewinnen wird, u.a. weil Russland, obwohl es ca 1/3 der Bevoelkerung der USA hat, ueber wesentlich mehr Ingenieure verfuegt, die das Land mit technischem knowhow voranbringen. Interessanter Aspekt. Z.B. verfuegt Deutschland ueber 7 Professuren fuer Nuklearphysik aber ueber mehr als 200 fuer Genderforschung. Sagt uns etwas ueber unsere Prioritaeten und weckt bei mir Erinnerungen. Als der beste Ehemann von allen Ene der 80er Ingenieurwesen studiert hat, war die Anzahl der Mitstreiter extrem uebersichtlich und von denen hat es nur eine Handvoll durch die Examina geschafft. Gleichzeitig stuermten die Wirtschaftswissenschaftler die Universitaeten und der Focus lag auf dem Management. Ingenieure braucht kein Mensch, so die Devise, und wenn man sie braucht, kann man sie einkaufen.
Jaja 😉
Manche Entwicklungen haben einen sehr langen Vorlauf.
Insgesamt ein wirklich sehr sehenswertes Gespraech mit Todd, das jeden zum Nachdenken anregen sollte. Aktuell wurde es leider offline gesetzt, aber ich denke, es wird einfach nur ueberarbeitet und geht dann wieder online. Das Buch jedenfalls steht auch schon auf meiner Liste, die zuegig lang und laenger wird. 😉
Scratch
25. November 2024 @ 19:04
Woher kommt diese positive Attitüde bezüglich. einer vermuteten Bearbeitung eines Gespräches?
Bei mir kommt da Wut und ein gewaltiges WTF auf.
european
25. November 2024 @ 18:35
@Scratch
Es war ein live Gespräch mit Simultanübersetzern, was es manchmal etwas schwierig machte, der Unterhaltung zu folgen. Ich vermute, dass die Tonspuren überarbeitet werden, um es dem Zuschauer oder Zuhörer leichter zu machen. Insbesondere der Simultanübersetzerin von Ulrike Guerot war es etwas schwierig zuzuhören.
Ich sehe da im Moment nichts, was man da negativ hineininterpretieren könnte. Der Westend Verlag hat sich da bisher eigentlich sehr positiv dargestellt. Aber man findet Emmanuel Todd im Augenblick auf einigen Sendern im Interview, z.B. bei Flavio von Witzleben. Diesmal in Englisch und ohne Simultanübersetzer.
Arthur Dent
25. November 2024 @ 09:52
Lauter Verrückte – manche Parlamentarier und Staats-Chefs wären im Garten oder in der Küche besser aufgehoben. Mir fallen jeden Tag weniger Gründe ein, wozu wir Politiker brauchen.
notabene
25. November 2024 @ 17:48
Baumschmuck? Es ist doch bald Weihnachten 🙂
Hg
25. November 2024 @ 08:17
A. Merkel hatte dieses Scenarion auf einer MSC in München, vor 2021, vorausahnend, mit den Worten umschrieben: „Wo soll das denn hinführen?“
Stef
25. November 2024 @ 08:05
Verhandlungen sind nicht unbedingt zu erwarten. Dem Ukrainekonflikt droht eher eine Europäisierung durch unilateralen Rückzug bzw. Defunding der USA. Das wird Europa politisch und sozial zerreißen. Auch die absehbare Niederlage wird dann ein primär europäisches Problem.
Vielleicht wird dadurch klarer, was die USA mit einem akzeptablen Atomkrieg in Europa meinen.