Fehlstart für die ehemalige GroKo

Noch während sie verhandelten, wurde aus der GroKo eine KleKo – eine kleine Koalition ohne Mehrheit bei den Bürgern. Und nun haben Kanzlerin Merkel und Noch-SPD-Chef Schulz auch noch den Start vermasselt.

Okay, hier in Brüssel sieht man das nicht so eng. Hier halten sich alle an die „ewige“ Kanzlerin. EU-Ratspräsident Tusk sieht in der KleKo (pardon: GroKo) sogar ein Vorbild für EUropa – auch Brüssel brauche ein Bündnis für Reformen.

Doch Merkel dürfte kaum noch in der Lage sein, ein solches Bündnis zu schmieden. Sie ist erstmal mit Selbstverteidigung beschäftigt: Warum hat sie das Finanzministerium an die SPD abgegeben, warum sind so wenig Ossis im Kabinett?

Noch ist es kein Aufstand, doch in der CDU grummelt es. Wenn es bei den Christdemokraten eine Abstimmung wie bei den Sozis gäbe, so wäre der Ausgang alles andere als sicher – die AfD-Parole „Merkel weg“ gewinnt offenbar Anhänger.

In der SPD ist die Lage schon so ernst, dass Noch-Parteichef Schulz den Stab an Frau Nahles übergibt und sich ins – vermeintlich sichere – Auswärtige Amt flüchtet. Doch auch dort grummelt es. Noch-Amtsinhaber Gabriel tobt.

Ausgerechnet der derzeit beliebteste SPD-Politiker soll abserviert werden – das ist weder diplomatisch noch klug von Schulz. Der künftige deutsche Chefdiplomat startet mit einer Riesen-Hypothek in sein neues (letztes?) Amt.

Haltet Euch nicht an den Personen auf, lest das Programm, heißt es nun in Berlin. Doch der 176-seitige Koalitionsvertrag enthält, da sind sich alle Kommentatoren einig, wenig Neues. Vieles wurde aus älteren Verträgen abgeschrieben.

Und das Europakapitel wurde abgeschwächt – zur Solidarität kam die Stabilität, zu Frankreich gesellt sich Polen als wichtiger Partner. Ausgerechnet Polen! Das Land also, das die EU zurückbauen und den Rechtsstaat aushebeln will!

Wenn man Frankreich ausbremsen und Macrons Vorschläge neutralisieren wollte, hätte man es nicht besser machen können. Wer sich zwischen Paris und Warschau positioniert, schließt echte Fortschritte in der EU aus…

P.S. Kaum war dieser Artikel fertig, kam schon der nächste Knaller: Schulz will auf das Außenministerium verzichten, meldet SPON. Wenn das stimmt, bleibt von dem einstigen MEGA-Mann nicht viel übrig. Wer mein Schulz-Porträt gelesen hat, konnte es kommen sehen…