Falscher Anreiz für Poroschenko
Mitten in der Krim-Krise hat die EU-Kommission 500 Mio. Euro für die Ukraine freigegeben. Die Finanzspritze ist offenbar als Zeichen der Solidarität angesichts der russischen “Aggression” gedacht. Doch sie setzt falsche Anreize.
Die Hilfe kommt nicht nur kurz nach Verhängung des Kriegsrechts, das viele Beobachter – auch in Kiew – für ein durchsichtiges Wahlkampf-Manöver von Präsident Poroschenko halten (er liegt in den Umfragen zurück).
Sie wurde auch noch ausgerechnet an dem Tag angekündigt, da Poroschenko eine Einreisesperre gegen alle russischen Männer im wehrfähigen Alter verhängt hat. Angeblich soll so die Bildung einer “Privatarmee” verhindert werden.
Zum Kriegsrecht und zu diesem bizarren Einreiseverbot sagt die EU-Kommission jedoch nichts. Sie mahnt noch nicht einmal laut vernehmlich zur Einhaltung von Grundrechten und Bürgerfreiheiten in der Ukraine.
“Der heutige Beschluss der Kommission über die Auszahlung von Mitteln erfolgt zu einem kritischen Zeitpunkt, da sich die Ukraine und die ukrainische Bevölkerung einer neuen Aggression Russlands gegenübersehen und auf die Solidarität ihrer internationalen Partner angewiesen sind” – EU-Kommission
Damit setzt die EU einen gefährlichen falschen Anreiz. Sie belohnt einen Politiker und Oligarchen, der längst den Rückhalt in der Bevölkerung verloren hat, und fördert seine Kriegsrhetorik und den Eskalations-Kurs.
Schon klar – das Geld war längst zugesagt. Es kommt nun als “Trostpreis” dafür, dass die EU der Ukraine nicht anders helfen kann bzw. will. Poroschenko hatte ja eigentlich deutsche Kanonenboote angefordert.
Das macht die Sache aber nicht besser, sondern eher noch schlimmer. Besser wäre es gewesen, wenn Kanzlern Merkel und Präsident Macron nach Kiew und Moskau gereist wären, um zu vermitteln.
Das Geld hätte man dann immer noch auszahlen können – sobald das Kriegsrecht wieder beendet wird und demokratische, faire Wahlen stattgefunden haben. DAS wäre der richtige Anreiz, oder?
Siehe auch: “Krim-Krise – Merkel, hilf!?”
Holly01
3. Dezember 2018 @ 11:06
Ich führe das einmal auf die Frage im threat zurück:
“Falsche Anzeize?”
Der Westen hat unter US Führung gegenüber den ehemaligen Satelliten- und Teilstaaten des Ex-Soviet Bereichs ausschließlich falsche Anreize geboten.
Die USA sehen sich als Gewinner des kalten Krieges und betrachten alle Gebiete östlich der Oder-Neise-Grenze als ihren Zugewinn.
So wird das alles gehandhabt.
Die EU ist das gewohnt.
Es gab in (West)Europa schlicht keinen Krieg, weil die USA zu jedem Zeitpunkt alles bekommen haben, was auch immer sie wollten.
Das hat sich auf den Rest des geographischen Europa ausgedehnt.
Nun gibt es widersprüchliche Forderungen und Wünsche aus den USA. Das ist ansich kein Problem, denn wer sich was holt ist ansich egal, es ist ja ansich ein schlichter Fakt, das die USA sich alles holen, was sie haben wollen.
Nur in den “neuen” Gebieten scheint es massive Verteilungs- und Organistationsprobleme zu geben.
Wir nennen das Spannungen und sanktionieren munter.
Gerade der Sonderfall Russland, seit 1990 (der Zusammenbruch, die Ausbeutung und Zerschlagung) ist offensichtlich an inneren Konflikten der US Eliten gescheitert.
Das gibt nun dieses Gezerre in unterschiedliche Richtungen.
Auch Syrien, die Türkei, Jemen, Saudi Arabien, aber auch Deutschland liegen offensichtlich im Kreuzfeuer widersprüchlicher Interessenslagen der offensichtlich gespaltenen US-Elite.
Im Kreuzfeuer zu stehen, ist nicht bekömmlich. Die Staaten zwischen Deutschland und Russland scheinen gerade zu erkennen, das es nicht so einfach ist den USA zu “gefallen” und es den Amis “recht zu tun”.
Merkel ist nach Kohl und Schröder das Urgestein der deutschen Opportunismus.
Selbst sie kann nicht an dem Fakt vorbei, das es unmöglich ist die unterschiedlichen US Interessen zu bedienen. Das hat sie ja auch die Kanzlerschaft gekostet.
Die widersprüchlichen Anreize gehen natürlich auch mit entsprechender medialer Berichterstattung einher.
In Deutschland wird alles medial weggeblendet (Lückenpresse) was nicht Konsens ist.
Der Konsens ist die viel beschworene Deutungshoheit.
Die EU pumpt Milliarden in die Ukraine, welche von den Oligarchen direkt eingesammelt und in das US-Finanzsystem (Wallstreet) weiter geleitet werden.
So gesehen sind das natürlich keine falschen Anreize.
So gesehen ist das nur die Ergänzung zur NATO Retorik und zur 2% Forderung bei den Rüstungsausgaben.
Was der Ami will nimmt er sich. Er ist ja der Hegemon, da ist das sein “Recht”…..
“Falsch” bei den Anreizen führt also zur Frage: Falsch für wen?
vlg
Kleopatra
2. Dezember 2018 @ 15:25
Ich will nicht darauf hinaus, wer im jetzigen Konflikt was wann getan hat, sondern es geht mir darum, dass Russland den Krieg mit der Ukraine a) durch Besetzung und Annexion der Krim und b) durch seine massive militärische Unterstützung für “freischärler” in den besetzten Ostgebieten zu verantworten hat. Die Unverschämtheit, zu einem rechtswidrig annektierten Gebiet eine Straßenbrücke zu bauen und dadurch die Schiffahrt zu nichtrussischen Häfen im Asowschen Meer zu erschweren, kommt auch nicht von der Ukraine. Was die Haltung der EU betrifft, so hat die ja nicht ohne Anlass Sanktionen gegen Russland verhängt und immer wieder verlängert.
ebo
2. Dezember 2018 @ 18:24
Naja. Man kann es auch ganz anders sehen. Ex-Außenminister Gabriel hat der Ukraine am Wochenende vorgeworfen, sie wolle die EU und Deutschland in einen Krieg ziehen.
Kleopatra
2. Dezember 2018 @ 22:52
Ich beziehe mich auf die Ereignisse des Jahres 2014, Gabriel auf die unmittelbare Gegenwart. Aber selbst wenn man unterstellt, die Ukraine wolle jetzt die EU und Deutschland ind den Konflikt hineinziehen, beweist das nicht, dass die Ukraine mit dem Krieg angefangen hat.
ebo
2. Dezember 2018 @ 23:13
Schon mal Brzezinski gelesen? Die Ukraine spielt in seiner Geo-Strategie eine Schlüsselrolle. Auch eine gewisse Frau Nuland (“Fuck the EU”) sah für das Land eine ganz spezielle Funktion vor. Die Ukraine ist die Karte, die das Kartenhaus Russland zum Einsturz bringen soll – und die EU auf Gedeih und Verderb an die US-Einflusssphäre bindet…
Georg Soltau
2. Dezember 2018 @ 20:01
Hallo Kleopatra,Sie machen es sich zu einfach: Schuld sind immer die Russen, was vorher geschehen ist zählt nicht. Ist es nicht auch “unverschämt” z.B. der Versuch die russische Sprache zu verbieten, das Verbot von Büchern auf russisch, sich mit Neonazis (Swoboda) an der Macht zu halten ?
Holly01
3. Dezember 2018 @ 07:58
Sie können das durch unsere Lückenpresse nicht wissen.
Die Ukraine hat bestehende Verträge gebrochen und die Versorgung der Krim mit Wasser Strom und Waren komplett abgeschnitten.
Diese Brücke ist nur entstanden, weil die Ukraine die Russen dazu genötigt hat.
Jetzt darüber zu jammern oder es den Russen vorzuwerfen ist, zumindest einseitig.
Auf der Krim sind die landwirtschaftlichen Flächen durch den Wassermangel und die Stromausfälle ruiniert.
Eine Kornkammer ist auf Lebensmittel aus Russland angewiesen.
Die Berater der Ukraine (der goldene Westen) finden so etwas wohl lustig …..
vlg
Ukr-0
3. Dezember 2018 @ 09:00
Sie übersehen: Nach der ukrainischen Verfassung wurde Janukowitsch nie als Präsident abgelöst.
Dass die USA vor (!) dem gewaltsamen Putsch schon den neuen Ministerpräsidenten benannten (Jaz [Jaznjuk] not Klitschko, V.Nuland), der in freien Wahlen gegenüber Janukowitsch gerade mal 6,96% erhielt, benannten, spricht allen demokratischen Gepflogenheiten Hohn.
Wenn jetzt auch immer mehr klar wird, dass die Maidanmorde aus den Kreisen der Opposition geschahen, wie auch die letzten Zeugenanhörungen in der Ukraine beweisen, wird klar, dass die USA hinter diesem Putsch standen.
Uhr-0
3. Dezember 2018 @ 09:14
Zur Rechtslage: Schriftliches Memorandum der USA vom 17. April 2009 für den Internationalen Gerichtshof: “Unabhängigkeitserklärungen können, wie das auch häufig passiert, das innere Recht verletzen. Aber das bedeutet nicht, dass dadurch das Völkerrecht verletzt wird”.
Der Internationale Gerichtshof der UN hat auf Grundlage von Paragraph 1 Punkt 2 der UN-Charta in einer Entscheidung am 22. Juli 2010 erklärt. “Es besteht kein allgemeines Verbot einseitiger Unabhängigkeitserklärungen, das aus der Praxis des Sicherheitsrates resultieren würde […] Das allgemeine Völkerrecht beinhaltet keinerlei anwendbares Verbot von Unabhängigkeitserklärungen”.
Der Jurist und CSU-Bundestagsabgeordnete Gauweiler: “Schröders Vergleich mit dem Nato-Krieg im Kosovo ist sogar eher schmeichelhaft, da Russland die Krim nicht, wie die Nato den Kosovo, bombardiert und zahllose gegnerische Soldaten getötet hat, keine Brücken und Botschaftsgebäude zerstörte und auch keine Eisenbahnen durch Raketenbeschuss zum Entgleisen gebracht hat.”
Kleopatra
2. Dezember 2018 @ 08:42
Solange sich Russland im Krieg mit der Ukraine befindet, gibt es keinen Grund, weshalb Russen ein Recht haben sollten, in die Ukraine einzureisen, oder weshalb in der Ukraine nicht das Kriegsrecht gelten sollte. Und nicht vergessen: den Krieg hat nicht die Ukraine angefangen. Natürlich kann man den Ukrainern zynisch sagen, sie sollten sich eben dem Stärkeren unterwerfen, aber man sollte das dann nicht mit moralischen Erwägungen bemänteln. Worauf Russland gegenwärtig hinauswill, dürfte die Besetzung der Nordküste des Asowschen Meeres sein. Dass die Ukraine das Recht hat, sich dagegen mit Zähnen und Klauen zu wehren, ist offensichtlich, ebenso offensichtlich ist, dass auch das die Pseudomoralistin Merkel nicht zu einem Abbruch des Baus von Nord Stream 2 bringren wird. (Letzteres dürfte vielmehr früher oder später als reaktion auf amerikanische Maßnahmen des Wirtschaftskrieges geschehen).
Holly01
2. Dezember 2018 @ 10:05
Akt 1: Die USA und die EU haben Milliarden in Propaganda und in die Ausbildung von Söldnern investvestiert.
Akt 2: Die USA und die EU haben mit diesen subversiven Kräften einen „Volksaufstand inszeniert.
Akt 3: Mit Hilfe des „Überfalls“ auf den Maidan (gibt es noch jemanden, der nicht die CIA dahinter sieht? ich denke keiner der denken kann, übersieht das) die gewählte Regierung abgesetzt.
Akt 4: Russisch wurde als Amtssprache abgesetzt und in Odessa wurde ein Exempel statuiert. Gleichzeitig sind die „Musikwagen los gefahren. Wenn Ihnen dieser begriff nichts sagt, es handelt sich um extremste Gewalt gegen Menschen mit russischen Wurzeln.
Akt 5: Enteignungen und Willkür gegen russisch stämmige Ukrainer. Der Aufmarsch der ultra Rechten, der Krieg gegen die Ostukraine, der systematische Beschuss von Kindergärten, Schulen und Wohnvierteln.
Akt 6: Sie schreiben Russland hat den angefangen….
Es gibt KEINEN einzigen stichhaltigen Beweis für diese Behauptung.
Es gibt aber massive Beweise dafür das die Ukraine selbst den Flieger runter geholt hat und nicht die so genannten „Aufständischen“.
Deutschland ist den Sudetendeutschen und den Schlesiern zur „Hilfe“ geeilt, weil die Briten es clever fanden den Slowenen und den Polen zu empfehlen die deutschen Minderheiten umzubringen.
Diese Pogrome haben Tradition, auch die Deutschen haben bei der Türkei und den Armeniern eine inhaltlich genauso üble Rolle gespielt.
Die USA wollen einen Krieg gegen Russland.
Das die Übernahme der Krim nicht geklappt hat, scheint bei den Amis Sodbrennen zu verursachen.
Ihrer Sicht mag ich jedenfalls nicht folgen.
Diese ganzen Sanktionen, diese Abkommen USA/UK-Polen dieses Trommeln gegen northsteam 2 können Sie natürlich wegblenden, aber es gehört eben zum Paket dazu und da zeigt sich schon wo die Aggression ist und wo eher die Reaktion ist.
Jetzt soll ausgerechnet Deutschland vermitteln. Was für eine Farce. Nur damit Deutschland sich international „beweisen“ muss und seine Zuverlässigkeit gegenüber den USA belegen muss. Aber der Hegemon hat eben seinen ganz eigenen Humor …
Ich teile diese Art Humor aber nicht.
vlg
ebo
2. Dezember 2018 @ 12:16
Meine Wahrnehmung hier in Brüssel ist, dass weder EU noch Nato irgendwelche Beweise für eine russische “Aggression” gefunden haben. Es sieht eher so aus, als hätten sich beide Seiten falsch verhalten. Wäre es anders, hätte die Überprüfung der Faktenlage nicht mehrere Tage gedauert, und die echten oder vermeintlichen Beweise wären längst an die Medien durchgestochen worden. Zudem gibt es die Einschätzung, dass der Konflikt sowohl Putin als auch Poroschenko nützt, weil beide innenpolitische Problem haben.
Holly01
1. Dezember 2018 @ 18:15
„Das Geld hätte man dann immer noch auszahlen können – sobald das Kriegsrecht wieder beendet wird und demokratische, faire Wahlen stattgefunden haben. DAS wäre der richtige Anreiz, oder?
Das Problem ist aber, dass die Ukrainer auf der Kiew Seite nicht das möchten, was der EU gefallen würde, aber den USA gefällt das ungemein.
Die USA möchten jede Form der Unruhe fördern, die den Feuergürtel um Europa oben hält, die Migrationskrise befördert und die Spaltungen innerhalb des geographischen Europas vertieft.
Und da haben wir die Schere, in der Poroschenko das kleinste Übel für alle ist.
Schade …. das das kleinste Übel am Ende immer das schlimmste Ergebniss mit sich bringt.
Die Ukraine wird nicht befriedet.
Die Ukraine ist das landwirtschaftlich potenteste Land und hat die ärmste Bevölkerung in Europa.
Das Land wurde von Oligarchen aufgekauft und wird seit dem ausgeblutet.
Daran ändert sich genau so wenig wie an dem Umstand, das die Ukraine der Stachel ist, der Russland schädigen und stören soll.
Übel. Wirklich übel.
Die EU ist (wieder einmal) vollkommen unfähig das „richtige“ zu tun.
Richtig wäre es zu deeskalieren.
Richtig wäre es die Leute zusammen zu bringen, die eine Zukunft formen wollen.
Richtig wäre es die Oligarchen zu entmachten und zur Not zu enteignen.
Aber .. davon wird nichts geschehen.
Natürlich nicht. Es wäre nicht im Interesse Polens oder der USA.
Drohkulisse …. die Anglikaner brauchen eine Drohkulisse und die Ukraine unter Proschenko wird das bieten.
Jeden Tag eine neue Provokation, jeder Tag eine neue Kriegsdrohung, jeden Tag eine neues Stück im Bürgerkrieg … so gesehen ist Poroschenko auch wieder zuverlässig.
vlg