EUropas Versagen in Nahost, 40 Jahre Schengen – und neue Ukraine-Hilfen
Die Watchlist EUropa vom 14. Juni 2025 – heute mit der Wochenchronik.
Israel hat Iran angegriffen – und das zwei Tage vor der entscheidenden sechsten Runde der Atomverhandlungen. Das zeigt, welche Rolle die Diplomatie heutzutage spielt – keine. Allenfalls dient sie als Brandbeschleuniger.
Vor 20 Jahren war das anders. Damals, ich war gerade in Brüssel angekommen, versuchte die EU, den Teufelskreis der Gewalt zu brechen. Nach dem Irak-Krieg wollten die EUropäer zeigen, dass es auch mit “Soft Power” geht.
Es war die Zeit der Pendeldiplomatie des früheren Außenbeauftragten Solana. Und des Atomabkommens, das die deutschen Diplomaten Heusgen und Schmid mit dem Iran ausgehandelt haben. EUropa spielte noch eine Rolle.
Baerbock hat Schmid betrogen
___STEADY_PAYWALL___
Davon kann heute keine Rede mehr sein. Die Protagonisten sind weg – der Diplomat Solana wurde durch die Kriegstreiberin Kallas ersetzt, Schmid wurde von der Grünen-Politikerin Baerbock um ihren Traumjob bei der Uno betrogen.
In den Atomgesprächen spielt die EU keine Rolle mehr – und wenn, dann als Scharfmacherin. Vor allem Frankreich und Deutschland haben zuletzt eine harte Haltung eingenommen; nun rechtfertigen sie Israels Angriffskrieg.
Doch nicht nur in der Iran-Politik hat die EU versagt. Im Bürgerkrieg in Syrien hat sie so ungeschickt agiert, dass Millionen Flüchtlinge nach Europa gekommen sind. Nun hofiert Kallas ehemalige Terroristen in Damaskus.
Hohle Phrasen und leere Gesten
Den Libanon hat die EU völlig aufgegeben. Frankreichs Präsident Macron hat zwar Hilfe und Schutz gelobt – doch wenn Israel wieder mal Beirut bombardiert, zucken die Diplomaten in Paris und Brüssel nur noch mit den Achseln.
In Gaza erleben Deutschland und die EU ihren historischen Offenbarungseid. Israels Kriegsverbrechen an den Palästinensern – in Spanien, Irland und Belgien spricht man sogar von Völkermord – bleiben ohne Folgen.
Die EU-Diplomatie beschränkt sich auf hohle Phrasen und leere Gesten. Man redet von einer illusorischen “Zwei-Staaten-Lösung” und fliegt – wie Außenminister Wadephul – durch die Region, um Israels Kriegs abzunicken.
Es ist zum Heulen.
Mehr hier
P.S. „Niemand konsultiert die Europäer oder informiert sie rechtzeitig“, klagen von der Leyen und Kallas. Nun – bei diesem “track record” ist das nicht erstaunlich…
Was war noch?
- 40 Jahre Schengen und kein bißchen Feierlaune. Am 14. Juni 1985 begann in der EU die Zeit des grenzenlosen Reisens. Am Freitag – 40 Jahre später – gab es in dem kleinen Luxemburger Ort Schengen eine Gedenkfeier. Doch die Stimmung war schlecht: Mit seinen Grenzkontrollen hat Deutschland die Axt an Schengen angelegt. Die EU-Kommission, die eigentlich über die Einhaltung wachen sollte, schaut weg. – Ob es vielleicht damit zusammenhängt, dass ihre Chef eine Deutsche ist und derselben Partei angehört wie Kanzler Merz?
- Neue EU-Sanktionen stehen auf wackligen Beinen. Die EU-Kommission hat das 18. Sanktionspaket gegen Russland vorgeschlagen. Doch es steht auf wackligen Beinen. Mit Nord Stream sanktioniert die EU eine Ruine. Und die geplante Senkung des Ölpreisdeckels muß noch durch die G-7 und könnte an US-Präsident Trump scheitern. – Mein Kommentar für die taz
- Noch mehr Hilfe für die Ukraine – und die Ukrainer. Die EU-Kommission hat der Ukraine erneut 1 Mrd. Euro überwiesen. Außerdem hat die EU den besonderen Schutzstatus für ukrainische Flüchtlinge bis März 2027 verlängert. Sie können ohne Asylverfahren einreisen und (vor allem in Deutschland) großzügige Sozialleistungen erhalten…
Mehr Newsletter hier.
Die meistgelesenen Beiträge der Woche:

Jetzt führt Selenskyj die EU (meinen die Dänen)
Es wird immer verrückter: Zum offiziellen Auftakt der dänischen EU-Ratspräsidentschaft war der ukrainische Präsident Selenskyj nicht nur nach Aarhus eingeladen. Er spielte beim Treffen mit der EU-Spitze auch eine Hauptrolle.

Warum die Militarisierung in EUropa fatal ist
Vom Friedensprojekt zum Sicherheitsprojekt: So beschreibt die niederländische Zeitung „de Volkskrant“ die wundersame Verwandlung der EU. Klingt gut – wer könnte schon gegen mehr Sicherheit in EUropa sein?

Hat Merz das abgenickt? US-Konzerne werden von Steuern befreit
Die G7-Staaten haben sich offenbar darauf geeinigt, große US-Konzerne von der globalen Mindeststeuer auszunehmen, die Schlupflöcher schließen und eine gerechtere Besteuerung ermöglichen sollte.
Daniel
16. Juni 2025 @ 13:33
„Großzügige Sozialleistungen“ vor allem in Deutschland für Ukraine-Flüchtlinge? Gewiss, Sozialhilfe ist besser als die allein zur Abschreckung Geflüchteter geschaffenen Asylbewerber-Leistungen. Aber auch die Sozialhilfe-Leistungen (dito „Bürgergeld“) sind zu niedrig, um vor Armut und sozialem Ausschluss schützen zu können und verletzten die Menschenwürde (vgl. die Expertisen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands).
garno
15. Juni 2025 @ 10:23
Es ist wie bei einer Hundemeute, je kleiner und unbedeutender umso größer das Gekläffe. Wenn sie dann vom Großen zurechtgewiesen werden, wedeln sie unterwürfig mit dem Schwanz.
Ich denke, das passt zur heutigen EU (und ihren Mitgliedern), eine kläffende Hundemeute – aber nur solange das Leittier sie kläffen lässt. Sie wirken orientierungslos, klammern sich an ihre alten Märchen-Narrative – solange bis der Boss zur Ruhe mahnt, dann kuschen sie.
Guido B.
14. Juni 2025 @ 17:50
Die neoliberale EU hat mit dem Binnenmarkt und dem Euro eine gewisse Machtposition im Welthandel erringen können. Doch die EU ist aufgrund ihrer Organisation als bunter und loser Staatenbund kein geopolitischer Machtfaktor. Die fortschreitende politische Integration sollte dazu führen, dass die EU auch ein geopolitischer Machtfaktor wird, bei dem Deutschland als größter Nettozahler den Ton angibt. Darum sind die Briten ausgeschert.
Die EU hätte sich als globaler Peacekeeper profilieren können, als Gegenpol zum kriegerischen US-Hegemon. Doch die Eliten haben sich anders entschieden. Jetzt hat EUropa mit von der Leyen und Kallas zwei fanatische Kriegsfurien an der Spitze, die das Schicksal der EU an das Schicksal der Ukraine binden. Aus der Soft-Power-EU soll plötzlich eine Hard-Power-EU werden, also eine EU, die innen- und außenpolitische Feinde mit Repression, Sanktionen und Militäreinsätzen aus dem Weg räumt. Die Politik der EU wird zunehmend aggressiver, sowohl gegen Innen als auch gegen Aussen.
Die EU-Eliten haben sich ohne die geringste Not auf einen Pfad begeben, der eher früher als später in einer Sackgasse endet.
Die europäischen Nationen sollten dem Beispiel Ungarns und der Slowakei folgen und gegen das Brüsseler Regime offen rebellieren. Europa kann nur überleben, wenn die Nationen wieder ihre eigenen Interessen über die Interessen der EU-Spitze stellen. Die unterirdische Qualität des EU-Führungspersonals lässt den Nationen keine andere Wahl.
Karl
14. Juni 2025 @ 18:10
Guido B.: Aus der “Rebellion der Nationen” gegen die EU folgt aber auch nix, außer dass auch noch der gemeinsame Markt den Bach runter geht – ganz im Interesse der USA (deren “rechte Oligarchen-Internationale” um Trump und Vance dieses Konzept ja auch propagiert).
Oder wissen Sie, was daraus folgen soll?
Guido B.
14. Juni 2025 @ 19:32
Der Entzug von nationaler Souveränität muss unbedingt mit einem Mehrwert für die Nation verbunden sein, damit die EU eine Existenzberechtigung hat.
Wenn die EU beispielweise Sanktionen propagiert, die einzelne Mitglieder in welcher Form auch immer benachteiligen, ist das eine Fehlentwicklung, die korrigiert werden muss (Einstimmigkeitsprinzip hin oder her).
Es muss in der EU eine offene Debatte darüber stattfinden, wer das letzte Wort hat, wenn politische Interessen der EU-Kommission mit vitalen nationalen Interessen kollidieren.
Alle Mitgliedstaaten müssen in solchen Situationen eine sanktionsfreie Opt-out-Option haben. Es darf nicht sein, dass die EU-Führung in politischen Fragen gegen die nationalen Interessen der Mitgliedstaaten handelt – und Staaten bei Widerhandlung bestraft werden.
Ich betone: in politischen Fragen. Denn wenn sie das tut, entmündigt und entwertet sie die Demokratien.
Die EU muss darauf vertrauen, dass die Demokratien, die sich als Mitglieder qualifiziert haben, selber wissen, wie man Politik im eigenen Land macht – auch Aussenpolitik und Asylpolitik.
Ein unbestrittener Mehrwert der EU ist der Binnenmarkt (level playing field). Die Regeln, die für diesen Markt beschlossen werden, sind im gemeinsamen Interesse aller Mitgliedsstaaten. Es gibt dafür auch Ausgleichsmechanismen, die den Gegebenheiten der Regionen Rechnung tragen. Das ist ein echter Mehrwert.
Die Rebellion soll eine offene Debatte auslösen über die Frage, wo die Grenze verlaufen soll zwischen der politischen EU und der souveränen Politik der Mitgliedstaaten. Besonders in der Außen- und Asylpolitik müssen die Nationen einen souveränen Handlungsspielraum haben, sinnvollerweise auch in der Arbeitsmigrationspolitik und Verteidigungspolitik.
In diesen Politikbereichen ist die EU-Führung viel zu übergriffig geworden.
ebo
15. Juni 2025 @ 10:47
Danke , dieses Thema treibt mich auch um. Worum besteht eigentlich (noch) der Mehrwert der EU?
Früher hieß es, die Zusammenarbeit auf EU-Ebene und die institutionalisierte Kompromisssuche seien Garanten für Frieden – passé.
Dann kam der Binnenmarkt – Garant für Wachstum? Funktioniert auch nicht mehr.
Der Handel und die Zölle? Seit Trump 2.0 gewinnt man den Eindruck, dass die EU eine Reaktion eher verhindert als fördert.
Die Sanktionen? Kontraproduktiv. Und nun sollen auch noch jene bestraft werden, die nicht mitmachen.
Wäre sicher mal einen eigenen Artikel wert…
Guido B.
15. Juni 2025 @ 15:48
@ebo:
Na ja, vielleicht besteht der Mehrwert der EU noch darin, dass gescheiterte Nationalpolitiker im Brüsseler Deluxe-Gnadenhof entsorgt werden können. Da fallen mir spontan gleich mindestens zwei Beispiele ein …
PS: Man sollte auch die UNO als Gnadenhof nicht unterschätzen!
garno
15. Juni 2025 @ 11:34
Ebo: „Und nun sollen auch noch jene bestraft werden, die nicht mitmachen.“
Auch darin liegt eine innere Logik: Schwäche am politischen Konzept muss ausgeglichen werden durch autoritäre Maßnahmen und Repression. Eine politische Neu-Orientierung ist leider nicht in Sicht. Die Fahrt in die Sackgasse (oder den Abgrund?) geht weiter.
Arthur Dent
14. Juni 2025 @ 17:31
Laut Ex-Außenmini gehört doch das Völkerrecht zu den fundamentalen Grundwerten Deutschlands (Nationale Sicherheitsstrategie).
Wie konnten die drei Somalier eigentlich durch Polen bis nach Deutschland kommen um hier Asyl zu beantragen? Gilt Schengen nur für Deutschland?
Michael
14. Juni 2025 @ 15:18
Natürlich hat Baerbock betrogen und dazu, zumal als selbsternannte Gesinnungsaktivistin, nicht nur Ethik und Moral ignoriert, sondern auch ihr Amt mißbraucht! Aber ich frage mich: warum höre ich nichts von Helga Schmid zu dem Vorgang!? Außer von Heusgen habe ich keine Stellungnahme vernommen!? Ich denke Helga Schmid tut diesem Betrug damit keinen Gefallen, sondern deckt eher noch die Betrügerin!
Und apropos Macron et al: Man gelobt ständig alles nur denkbare um es dann nicht einzuhalten! Populistisch! Trumpistisch! Zuletzt wollte man Palästina als Staat anerkennen und als es zum Schwur kommen sollte wurde die Absicht eiligst unter zahlreichen und unerfüllbaren Vorbedingungen begraben!
Überall nehmen Betrug und Lügen zu!
ebo
14. Juni 2025 @ 15:28
Schmid kommt doch selbst aus dem AA. Was soll sie machen, wenn ihre Chefin sie austrickst?
KK
14. Juni 2025 @ 15:47
Schmid könnte klagen – als Untergebene von der eigenen Chefin weggebissen, weil die selbst den Posten wollte. Eigentlich hätte Baerbock wegen Befangenheit gar nicht selbst entscheiden dürfen, wen das AA und somit Deutschland für den Posten vorschlägt. Bzw. die Nominierung von Schmid zu eigenen Gunsten rückgängig machen, um selbst eine gut dotierte Anschlussverwendung zu bekommen. Das fällt für mich unter Korruption!
Michael
14. Juni 2025 @ 17:12
Aus meiner Sicht – ohne Jurist zu sein – sieht es nicht nur nach Verletzung eines Ethik/Moral Kodex, sondern nach einem Amtsvergehen aus. Dem sollte niemand Vorschub leisten!
@KK: Korruption ist m. E. auf alle Fälle im Spiel!
Ps. Auch hatte/habe ich den Eindruck Schmid wäre bereits nach NY gereist und hätte einige Vorstellungsgespräche geführt und sich nach einer Wohnung umgesehen. Wenn dem so ist: sind dabei Reisekosten, Flug und Hotel, entstanden, per diem, lokaler Transport, Maklergebühren, etc. !? Wie hoch waren die Ausgaben? Wer trägt diese Kosten?
Karl
14. Juni 2025 @ 18:18
Entscheidend ist ebos’ Satz, dass Diplomatie nicht mehr erwünscht ist.
Warum? Wäre meine Frage: Weil der Imperialisten-Westen jetzt überall Krieg um fast jeden Preis führen will?
Zu Eurer Frage: Baerbock ist zur Verhinderung der Diplomatie genau die Richtige. Deshalb hat Merz sie dorthin bugsiert. Schmid als Verhandlerin des Atomabkommens mit dem Iran wird nicht mehr gebraucht, weil solche Abkommen nicht mehr gebraucht werden.
(Anders als Ihr meint, ist das nix Persönliches, sondern aus der Sache – Krieg – heraus begründet.)
Michael
14. Juni 2025 @ 18:46
@Karl
Mit Verlaub, Schmid sollte in NY keine weiteren Abkommen verhandeln sondern für ein Jahr den Vorsitz in der UN GA führen!
ebo
14. Juni 2025 @ 18:48
So ist es