EUropas “Demokratieschild”, der Fall Le Pen – und Golf-Diplomatie mit Trump

Die Watchlist EUropa vom 01. April 2025 – Heute mit News und Analysen zu einem brisanten Plan der EU-Kommission, einer fragwürdigen Justiz-Entscheidung in Frankreich und einem überraschenden finnischen Vorstoß in Florida.

Zufälle gibt’s! Am selben Tag, da ein französisches Gericht in Paris die Favoritin der französischen Wähler aus dem Rennen um die Präsidentschaftswahl 2027 genommen hat (mehr dazu unten), hat die EU-Kommission in Brüssel eine öffentliche Konsultation zum “Demokratieschild” gestartet.

Das “democracy shield” ist ein Herzensanliegen von Kommissionschefin von der Leyen. Die CDU-Politikerin wurde zwar nicht von den Bürgern in ihr Brüsseler Amt gewählt, bei der letzten Europawahl ist sie nicht ‘mal angetreten. Im EU-Parlament hat sie nur mit Müh und Not eine (knappe) Mehrheit erlangt.

Doch genau diese Mehrheit aus Europäischer Volkspartei, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen gilt es nun zu verteidigen. Allerdings nicht gegen die Opposition – die gibt es in Brüssel ohnehin nicht. Sondern gegen “Desinformation” und “ausländische Informationsmanipulation”.

Brüssel sucht neue Gefahren

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Dies ist laut Ausschreibung das wichtigste Ziel des “Schilds”. Danach kommen “Gewährleistung der Fairness und Integrität von Wahlprozessen” (wie in Rumänien?) und “Stärkung gesellschaftlicher Resilienz und Krisenvorsorge”, wozu auch “digitale Kompetenzen und Medienkompetenz” zählen.

Es soll also vor allem um Medien und dort vor allem um die sog. sozialen Medien gehen. Ich habe mich in Brüssel umgehört und erfahren, dass die Kommission eine Art DSA 2.0 plant. Das “Demokratieschild” baut auf dem Internet-Gesetz DSA auf und will dafür sorgen, dass es “wasserdicht” wird.

Doch wo lauern die größten Gefahren? Bei Elon Musk und X? In Russland und seinen Trollfabriken, oder vielleicht auch in Ungarn und den USA? Die EU-Politiker wissen dies offenbar selbst noch nicht; mit der Befragung wollen sie die Gefahren erst noch ermitteln, wie mir ein Insider in Brüssel erklärte!

Allzweckwaffe gegen das Volk?

Damit wird die Demokratie zur Farce. Wenn nicht gewählte Politiker wie von der Leyen ein Instrument ankündigen, von dem sie selbst noch nicht wissen, wie und gegen wen sie es einsetzen wollen, dann lässt dies Böses ahnen: eine Art Schweizer Messer zur Verteidigung der Demokratie – gegen das Volk.

Denn das Volk ist, wie die Wahlen in ganz EUropa zeigen, nicht mehr zuverlässig. Es wählt Populisten, Putinisten und Trumpisten und will lieber Frieden als Krieg. Deshalb muß die Demokratie nun gegen das Volk geschützt werden – und natürlich auch gegen jene, die Volkes Stimme “manipulieren”.

“Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt”, schrieb Brecht 1953. “Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?” Nein, noch einfacher ist es, die Regierung delegiert den Schutz der Demokratie nach Brüssel. Von der Leyens “Schild” soll Ende 2025 kommen…

Mehr zur Demokratie-Krise hier

News & Updates

  • Der Fall Le Pen. Der Führerin des rechten Rassemblement National (RN), M. Le Pen, droht zwei Jahre vor der nächsten Präsidentschaftswahl in Frankreich das politische Aus. Ein Gericht hat sie von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen. Das wirft Fragen auf. Wie (un-)demokratisch ist das? Handelt es sich hier um einen Fall politischer Justiz – ähnlich wie in Rumänien? Wird das Urteil Schule machen – etwa in Deutschland, wo man über ein AfD-Verbot nachdenkt? Und könnte das Verbot dem RN und Le Pen am Ende sogar nutzen – so wie in den USA, wo sich D. Trump über diverse Gerichtsverfahren einen Opfermythos erworben hat? – Mehr im Blog
  • Brüssel will Rohstoff-Deal prüfen. Das geplante Rohstoff-Abkommen zwischen den USA und der Ukraine ruft die EU-Kommission auf den Plan. Man werde den Deal prüfen, sagte eine Sprecherin. Die neueste Version sichert den USA fast unbegrenzte Rechte, aber keine Schutz-Pflichten zu. Es könnte deshalb sogar den EU-Beitritt des Landes gefährden.
  • Generalstreik in Belgien. Belgien wurde am Montag durch einen Generalstreik lahmgelegt. Vordergründig richtet er sich gegen die Regierung De Wever, die auf breiter Front Sozialkürzungen plant. Im Hintergrund steht aber die EU, die Belgien drängt, das massive Budgetdefizit zu senken – und die Nato, die fordert, schneller aufzurüsten. – Mehr im Blog

Das Letzte

Golf-Diplomatie mit Trump. Wie kommt man an besten an US-Präsident Trump heran? Frankreichs Staatschef Macron versucht es mit Kumpanei, Italiens Regierungschefin Meloni mit Schmeichelei. Nun hat der finnische Präsident Stubb offenbar einen neuen Dreh gefunden: Golf spielen! Bei einem überraschenden Besuch in Florida haben Stubb und Trump einige Löcher getestet und danach zu Mittag gegessen. Dabei hat sich Stubb sogar in Diplomatie versucht – und einen Termin für einen Waffenstillstand in der Ukraine vorgeschlagen. Ideal sei der 20. April, “weil es Ostern ist und weil Trump dann seit drei Monaten im Amt ist”, so Stubb. Ganz uneigennützig war der Vorstoß nicht – der Finne will einen Platz am Verhandlungstisch ergattern, wenn es um einen Friedensschluss mit Russland geht…

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