EUropäer decken Israel, Merz will EU kurz halten & unbürokratisch Aufrüsten
Die Watchlist EUropa vom 17. Juni 2025 – Heute mit News und Updates zum Krieg gegen Iran und dem G-7-Gipfel in Kanada, dem nächsten EU-Budget und neuen Plänen der EU-Kommission.
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Aus historischen Gründen steht die EU hinter Israel. Wegen des Mordens in Gaza ist sie zuletzt von Israel abgerückt. Wegen des völkerrechtswidrigen Angriffs auf Iran müsste sie Israel nun klar verurteilen.
Aus diesem Dilemma gibt es kein leichtes Entkommen. Schon gar nicht, wenn man bedenkt, dass Iran mit Russland verbündet ist – und dass die EU den Angriff Russlands auf die Ukraine als völkerrechtswidrig verurteilt.
Läge es da nicht nahe, nun auch den Angriff Israels zu verurteilen, wie es der EU-nahe Thinktank ECFR fordert? So könnten sich die EUropäer als Verteidiger der “regelbasierten Ordnung” profilieren. Doch genau das tun sie nicht.
Harte Haltung in der G-7
Im Gegenteil: Folgt man den Erklärungen von Kommissionschefin von der Leyen und ihrem Parteifreund, Kanzler Merz, so haben sie sich beim G-7-Gipfel in Kanada hinter Israel gestellt und den Angriff auf Iran gerechtfertigt.
Merz sagte, die Europäer strebten eine gemeinsame Erklärung zu dem Thema an, in der vor allem betont werden solle, dass der Iran unter keinen Umständen in den Besitz von atomwaffenfähigem Material kommen darf.
„Wir werden das Selbstverteidigungsrecht des Staates Israel betonen und wir werden uns auch über möglicherweise weitere Schritte unterhalten, wie man zu einer diplomatischen Lösung kommen kann“, sagte der Kanzler.
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Abschied vom Völkerrecht
Zudem lehnen sie offenbar eine Verhandlungslösung ab, die von Russland vermittelt wird – wie sie US-Präsident Trump vorgeschlagen hat. Hier kommt die anti-russische Haltung zum Ausdruck, die die EU seit Jahren beherrscht.
Sollte sich diese Position bestätigen, so hätte sich die EU wohl endgültig vom Primat des Völkerrechts verabschiedet. Damit entfällt aber auch die Grundlage, den russischen Krieg gegen die Ukraine zu verurteilen.
Israel hat sich ja nicht nur über das Verbot von Angriffskriegen hinweggesetzt. Die rechtsradikale Regierung Netanjahu verfolgt offenbar auch das Ziel eines “Regimes Change” in Teheran – genau wie Kremlchef Putin in Kiew…
Siehe auch Zieht Trump in den Krieg? Erstmal verhöhnt er die EUropäer
P.S. Übrigens stehen die in Kanada vertretenen EUropäer nicht für die Mehrheit der EU. Deutschland, Frankreich und Italien sind nur 3 von 27, von der Leyen spricht vor allem für sich…
News & Updates
- Merz will die EU kurz halten. Die neue Bundesregierung ist offenbar nicht bereit, das EU-Budget ab 2027 zu erhöhen. Vielmehr will sie den Druck auf ärmere EU-Länder erhöhen, “Reformen” durchzuführen, meldet “Euractiv”. Die Oberaufsicht soll bei der EU-Kommission liegen. – Für die Aufrüstung in der Nato ist jede Menge Geld da, aber nicht für die Solidarität mit anderen europäischen Ländern? So kann man die EU nicht “führen”, im Gegenteil: So spaltet man sie…
- Telegram-Chef kritisiert französische Justiz. Ist Frankreich noch ein Rechtsstaat? Diese Frage wirft ein Interview mit Telegram-Chef Durow von Tucker Carlson auf. Der Franko-Russe spricht darin von seiner Haft in Frankreich, die einer Isolationshaft geglichen habe. Außerdem berichtet er, dass er Frankreich nicht verlassen dürfe, obwohl keine Anklage vorliege. – Klarer Fall für die EU-Kommission , oder? Die wacht ja bekanntlich über den Rechtsstaat in der EU…
- Dänemark setzt Drohnen in der Ostsee ein. Dänemark hat mit dem Einsatz von Marinedrohnen zur Überwachung von Nord- und Ostsee begonnen. Am Montag wurden zwei der unbemannten Boote zu Wasser gelassen, zwei weitere waren bereits in der vergangenen Woche zur Teilnahme an der Nato-Mission Task Force X in Einsatzbereitschaft versetzt worden. – Manöver wie diese senken nicht die Kriegsgefahr, sondern sie steigern sie – nun in der Ostsee.
Das Letzte
Unbürokratisch aufrüsten mit dem “Defense Omnibus”. Der “Omnibus” steht im EU-Sprech für Bürokratieabbau und Deregulierung. Bisher wurde er vor allem für die Rückabwicklung des “Green Deal” zum Klimaschutz eingesetzt. Doch nun soll auch die Aufrüstung – pardon: Verteidigung – ihren Omnibus bekommen. Die EU-Kommission will am Dienstag erste Ideen vorstellen, wie man unbürokratisch aufrüsten und Krieg gegen Russland vorbereiten kann. Passend dazu kam am Montag die Meldung, dass die EU-Länder an der neuen “Ostfront” ihre Krankenhäuser bereits für den Kriegsfall ausrüsten. Was kann da schon schiefgehen?
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Guido B.
17. Juni 2025 @ 09:17
Kurzmeldung heute auf srf.ch:
„Im Gazastreifen sind nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde mindestens 45 Menschen, die auf Lastwagen mit Hilfsgütern gewartet haben, durch das israelische Militär getötet worden. Dutzende Menschen seien bei dem Vorfall in Chan Younis im Süden zudem verletzt worden.
Von Israel liegt zunächst keine Stellungnahme vor. Bei früheren Vorfällen hat das Militär eingeräumt, dass Truppen in der Nähe von Hilfsstationen das Feuer eröffnet hätten.“
Jeder, der dieses brutale und skrupellose Terrorregime, Israel genannt, unterstützt, sollte sich in Grund und Boden SCHÄMEN!!
Martin Reeckmann
17. Juni 2025 @ 09:03
Gut, dass Sie die „regelbasierte Ordnung“ in Anführungszeichen setzen – es gibt sie nämlich nicht. Vielmehr ist sie ein PR-Konstrukt des Westens mit klarer Botschaft: Die Regeln des Völkerrechts (vertragliche wie gewohnheitsrechtliche) wenden wir an, solange das Spiel zu unseren Gunsten läuft. Ansonsten schmeißen wir Spielfiguren vom Brett und Spielsteine um.
Wir sind Zeitzeugen einer historischen Entwicklung (um den von Olaf Scholz überstrapazierten Begriff der Zeitenwende zu vermeiden): Am Ende des Dreißigjährigen Krieges ist mit dem Westfälischen Frieden das Westfälische System entstanden: Danach ist jeder Staat souverän; alle Staaten sind gleichberechtigt. Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde dieses System mit der UN-Charta (Art. 2) übernommen – wieder im Bestreben, der Diplomatie Geltung zu verschaffen.
Etwa seit der Jahrtausendwende läuft das Spiel für den Westen nicht mehr wunschgemäß, und er reagiert mit einer beispiellosen Kaskade von Farberevolutionen, Sanktionen und Angriffskriegen.Völkerrecht hin oder her. Während hierzulande Möchtegernweltpolitiker von der Stärke des Rechts an Stelle des Rechts der Stärke gefaselt haben (und damit gegen Russland wetterten), wird jetzt genau das Gegenteil verkündet und umgesetzt. Israel geht mit schlechtem Beispiel voran, Deutschland praktiziert wieder seine Kernkompentenz der Gefolgschaft.
EUropa (seit Josep Borell gilt: „Dieser Krieg wird auf dem Schlachtfeld entschieden.“) hat sich nicht nur von der Diplomatie verabschiedet, sondern vom Westfälischen System – und damit vom Völkerrecht. Man sollte nochmal nachlesen, in welchen Dimensionen Europa im Dreißigjährigen Krieg verheert (sic!) wurde.
Stef
17. Juni 2025 @ 08:55
“Die EU-Kommission will am Dienstag erste Ideen vorstellen, wie man unbürokratisch aufrüsten und Krieg gegen Russland vorbereiten kann. Passend dazu kam am Montag die Meldung, dass die EU-Länder an der neuen “Ostfront” ihre Krankenhäuser bereits für den Kriegsfall ausrüsten. Was kann da schon schiefgehen?”
Leicht zu dechiffrierender Code. Bürokratie ist ein Hemmschuh, wenn es darum geht, der Rüstungswirtschaft Segnungen aus dem Staatssäckel zukommen zu lassen. Denn Bürokratie bedeutet z.B. Unterlagen für Nachprüfungen zu erstellen und jahrelang bereitzuhalten für etwaige Überprüfungen, ob alle Regeln und Normen erfüllt wurden. Das ist ebenso sinvoll wie es natürlich ungelegen kommt, wenn man mal eben zu Apothekenpreisen einkaufen will, um den margenhungrigen Großkapitalisten wie Blackrock und Konsorten mal wieder etwas Gutes zu tun. Siehe vdLeyens legendäre Impfstoffbeschaffung bei Pfizer. Die wesentlichen Unterlagen müssen geheim bleiben oder gelöscht werden, damit der Raub am Gemeineigentum niemals aufgedeckt werden kann.
Folglich steht “Bürokratieabbau” im Zusammenhang mit außerordentlichen Ausgabentöpfen, “Sondervermögen”, “Zeitenwende-Sonderfonds” oder auch einfach nur Schuldenbergen inzwischen für die Vorkehrungen unserer Polit-Elite, nachher nicht wegen Misswirtschaft oder gar Korruption zur Rechenschaft gezogen werden zu können. Ansonsten ist unserer Staatsführung Bürokratie nämlich regelmäßig bestenfalls egal, weil sie ihren eigenen Vorhaben nicht im Wege steht.
Kleopatra
17. Juni 2025 @ 08:50
“Omnibus” ist eine Zusammenfassung mehrerer Legislativvorschläge. Je nach Sachgebiet kann das sinnvoll sein oder als Vehikel missbraucht werden, um Dinge halb unter der Hand mit durchzudrücken, die keinen sachlichen Zusammenhang aufweisen. Solchen Konstruktionen von vornherein unlautere Zwecke zu unterstellen, ist jedenfalls unseriös; für die Beurteilung kommt es auf den Einzelfall an.
Guido B.
17. Juni 2025 @ 10:52
Der “lautere Zweck” besteht hier ja darin, die Turbo-Militarisierung EUropas möglichst an demokratischen Entscheidungsprozessen vorbei zu organisieren. Wie es bei Hinterhof-Waffendeals unter Gangstern üblich ist,
ebo
17. Juni 2025 @ 11:00
Ist nicht nötig. Das Europaparlament ist begeistert dabei, den MEP kann die Militarisierung nicht schnell genug gehen!
ebo
17. Juni 2025 @ 13:35
Wir haben schon schlechte Erfahrungen mit diesen “Omnibussen” gemacht:
EU’s ‘Omnibus’ green rollback likely to hit legal challenge, experts warn
https://euobserver.com/eu-political/arb6c217df
Guido B.
17. Juni 2025 @ 08:47
Was ist ein Staat, der skrupellos Zivilisten en masse ermordet, um seine skrupellose Expansion voranzutreiben? Was ist ein Staat, der Menschen systematisch diskriminiert und wie Tiere behandelt? Was ist ein Staat, der präventive militärische Aggression als Selbstverteidigung deklariert?
Und was ist ein Staatenbund, der diesen Staat von jeder Schuld freispricht und trotz all seiner offenkundigen Verbrechen gegen die Menschlixhkeit mit Worten und Waffen verteidigt?
Es handelt sich hier zweifellos um ein Verbechersyndikat. Ein Terroristenkartell. Eine ehrenwerte Gesellschaft ohne Ehre.
Das Reich des Bösen.
Kleopatra
17. Juni 2025 @ 08:46
Leider ist das Argument, dass der Iran nicht nur versucht, sich Atombomben zu verschaffen, sondern auch ihm die Absicht unterstellt werden kann, diese für seine ideologisch/religiös motivierten Weltherrschaftspläne (beginnend mit der als Ziel proklamierten Vernichtung des Staates Israel) zu benutzen, sie also aggressiv anzuwenden, keineswegs von vornherein von der Hand zu weisen. (Auch bei Russland hat sich ja gezeigt, dass man das Geschwafel, die Ukrainer seien keine selbstständige Nation, unbedingt hätte ernst nehmen müssen; dementsprechend muss man bei iranischer Hasspropaganda gegen Israel davon ausgehen, dass die sie ernst meinen und verwirklichen würden, sobald sie nur können). In dem Ziel, dass der Iran auf keinen Fall Atombomben haben soll, sind sich Israel und der Westen nebenbei völlig einig.
Karl
17. Juni 2025 @ 09:19
Iran übte dann eine „Weltherrschaft“ aus, so wie bereits Nordkorea??
Ein ehrliche Argumentation beruhte darauf, dass Deutschland dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) beiträte. Das haben die Scholz-Regierung und Baerbock auch persönlich zu Beginn ihrer Amtszeiten versprochen. Das Ziel dieses Abkommens lautet: Die „Länder des UN-Atomwaffenverbotsvertrags bieten Alternative zur nuklearen Eskalation“ — https://www.icanw.de/neuigkeiten/pressemitteilung-abschluss-der-3-avv-staatenkonferenz/
Wenn nun aber der Westen-Imperialismus für seine bevorstehenden Kriege das Völkerrecht außer Kraft setzt, klingen die Vorwürfe an die – zu Feinden gemachten Brics-Staaten -, sie wollten eine „Weltherrschaft“ ausüben, wie blanker Hohn.
ebo
17. Juni 2025 @ 10:26
Dieses “Argument” hören wir seit 20 Jahren, es ist immer wieder widerlegt worden.
Und die iranischen “Weltherrschaftspläne” kennen wohl nur Sie ganz persönlich.