EUropa zählt nicht, die Grünen taumeln – und jagt den bösen Wolf!
Die Watchlist EUropa vom 26. September 2024 – Heute mit News und Analysen zur europäischen Außenpolitik, zur Krise der Grünen in Deutschland und zum Naturschutz (oder was davon bleibt).
Das Setting sagt alles. Der ukrainische Staatschef Selenskyj wird seinen “Siegesplan” heute nicht etwa seinen größten Unterstützern in Europa präsentieren – also Deutschland oder der EU.
Nein, er bittet um Erlaubnis in Washington – bei US-Präsident Biden, seiner designierten Nachfolgerin Harris und womöglich auch bei deren Rivalen Trump. Die EUropäer werden nicht gefragt.
Über Krieg und Frieden in EUropa wird in den USA entschieden, nicht in Berlin oder Brüssel. Auch über Angriffe auf Russland wird in Washington entschieden – dabei ist man doch offiziell gar nicht im Krieg.
Internationaler Bedeutungsverlust
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Dies ist nur das letzte, krasseste Beispiel für den europäischen Bedeutungsverlust. Zuvor hatte sich schon in Israel, Gaza und Libanon gezeigt, das die EU nicht zählt. Selbst Frankreich hat keine Stimme mehr.
Weitere Beispiele gefällig? Der EU-Beitrittskandidat Georgien wird von den USA abgekanzelt, weil er nicht nach der westlichen Pfeife tanzt. Sogar in den Bau eines Seehafens mischt sich Washington ein.
Selbst das EU-Mitglied Ungarn, das immerhin den Ratsvorsitz innehat, ist vor amerikanischer Einmischung nicht sicher. Zuletzt hat der US-Botschafter erklärt, es sei Zeit für eine “Abrechnung” mit Orban.
Protest in Brüssel habe ich nicht vernommen. Im Gegenteil: Auch deutsche EU-Politiker fordern, endlich in Ungarn durchzugreifen. Nicht nur die EU zählt nicht mehr – selbst der EU-Vorsitz schützt nicht mehr…
Siehe auch Bidens außenpolitische Bilanz ist ein Desaster. Die EU will mehr davon
P.S. Zum Krieg im Libanon gibt es nun einen Appell zu einer Waffenpause. Er geht auf einen Vorschlag Frankreichs im UN-Sicherheitsrat zurück. Gut so – doch die EU hängt sich wieder nur dran, und den Lead übernehmen wie immer die USA…
News & Updates
- Sorge um die Grünen. Normalerweise wird es in Brüssel kaum wahrgenommen, wenn eine Partei in einem EU-Land die Wahl verliert und die Parteispitze zurücktritt. Doch bei den deutschen Grünen ist es anders. Schließlich haben sie der CDU-Politikerin von der Leyen eine 2. Amtszeit gesichert. Wenn die Grünen in Berlin taumeln, könnte dies auch die EU-Kommission in Brüssel schwächen!
- Frankreich bei 6 Prozent Defizit. Um das französische Budgetdefizit ist es noch schlimmer bestellt als gedacht. Nach neuen Zahlen aus Paris liegt es über 6 Prozent des BIP; prompt ging der “Spread” (die Zinsdifferenz zu Deutschland) an den Anleihemärkten hoch. Sogar Griechenland steht besser da. Hoffentlich braut sich da nicht eine neue Eurokrise zusammen!?
- Migrationsfonds wirkt nicht. Der Europäische Rechnungshof hat dem EU-Migrationsfonds für Afrika ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Die Mittel des Fonds in Höhe von fünf Milliarden Euro würden “nach dem Gießkannenprinzip verteilt”, kritisierte der Rechnungshof. Fluchtursachen würden nicht bekämpft…
Das Letzte
Jagt den bösen Wolf! In Brüssel ist die Jagdsaison eröffnet. Die Vertreter der EU-Staaten haben mit der Stimme Deutschlands für einen schwächeren Schutz des Wolfs gestimmt. Damit wurde der Weg für ein Verfahren freigemacht, um den Bestand des wegen Beutejagds auf Weidetiere umstrittenen Räubers strenger regulieren zu können. Sein Schutzstatus sinkt, der Abschuss wird erleichtert. Den Anstoß hatte EU-Kommissionschefin von der Leyen gegeben, nachdem ihr geliebtes Pony auf ihrem Hof bei Hannover von einem Wolf gerissen worden war. So einfach kann Politik sein…
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european
26. September 2024 @ 12:47
„Europa zählt nicht.“
Dem muss man leider zustimmen. Es gibt ein sehr lesenswertes Essay von Oberst Richter, das man sich auf den Seiten der Friedrich Ebert Stiftung ansehen bzw. herunterladen kann. Eine insgesamt 14 seitige PDF mit aufschlussreichen Erläuterungen zu den Waffensystemen, die in Deutschland stationiert werden sollen. Eine unilaterale Entscheidung der USA über die es weder eine parlamentarische Debatte noch eine Volksbefragung in Deutschland gibt. Es gibt auch kaum Protestmaersche.
Richter geht zudem auf die Entwicklungsgeschichte bezüglich des INF Vertrages ein und die Gefahren, die sich durch diese Waffenstationierungen für Deutschland und Europa als Zielscheibe ergeben.
Übrigens! Die viel zitierten „Fähigkeitsluecken“, weshalb man diese Waffen nun unbedingt in der Mitte Europas stationierten muss, gibt es lt. Richter’s Einschätzung nicht.
https://peace.fes.de/e/stationierung-von-us-mittelstreckenraketen-in-deutschland.html
KK
26. September 2024 @ 17:18
„Es gibt ein sehr lesenswertes Essay von Oberst Richter, das man sich auf den Seiten der Friedrich Ebert Stiftung ansehen bzw. herunterladen kann.“
Nachdem Sahra Wagenknecht bei Lanz darauf hingewiesen hatte, wollte ich es mir eben herunterladen, und auf der oben verlinkten Seite steht jetzt hinter einem Hinweis auf die Veröffentlichung einer solchen Publikation dort, wo offenbar der DL erfolgen sollte, nur noch „no items found“
So verhindert die SPD offensichtlich einen Faktencheck, wenn ihr die Ergebnisse von Studien ihrer eigenen Stiftung nicht in die Agenda passen…
KK
26. September 2024 @ 17:23
Aber das Netz vergisst nicht so schnell, man findet es noch:
https://library.fes.de/pdf-files/bueros/wien/21371.pdf
Helmut Höft
26. September 2024 @ 11:50
Ricarda Lang “es braucht neue Gesichter” Nein! Es braucht gute Ideen die gut kommuniziert werden.
Zum Wolf, nur ein Beispiel aus seiner Wiedereinführung im Yellowstone Park: Er hält das Rehwild kurz und in Bewegung (Hauptaspekt) und hindert es so neue Baum- und Gebüschsprösslinge radikal abzufressen und somit die Gesundung und Neubildung von Wald zu verhindern.
Nicht der Wolf ist das Problem, der Mensch und sein Raumbedarg für den modernen Lebensstil – der weltweit exportiert und angestrebt wird, der K ist das Problem.
Kleopatra
26. September 2024 @ 08:38
Solange die USA nicht nur Waffen liefern, sondern der Ukraine auch massive Einschränkungen über ihre Anwendung auferlegen, hat Zelens’kyj allen Grund, regelmäßig dorthin zu fliegen und um Erlaubnisse zu bitten. Also gerade die zurückhaltende oder zögerliche Haltung der USA (und die ist Ihnen doch eher sympathisch?) zwingt ihn zu häufigen Besuchen. Und m.W. sind die USA immer noch massenmäßig bedeutender als die größten europäischen Unterstützer der Ukraine. Die Behauptung, über “Angriffe auf Russland” würde seitens der USA entschieden, ist aus zwei Gründen eine böswillige Unterstellung: erstens, weil die Ukraine zwar Vereinbarungen mit Waffenlieferanten beachtet, aber aus guten Gründen mit selbstgebauten Waffen tut, was sie für sinnvoll und völkerrechtlich zulässig hält (auch ohne in Washington nachzufragen), und zweitens, weil der gesamte Krieg für die Ukraine ein Verteidigungskrieg ist, auch wenn einzelne Aktionen als Angriffe wirken (vgl. Clausewitz zur Definition von Angriff und Verteidigung).
european
26. September 2024 @ 07:37
Es rumpelt, denn es ist ja nicht nur der grüne Vorstand, der zurückgetreten ist. Gleichzeitig ist auch der 10-koepfige Vorstand der grünen Jugend nicht nur zurückgetreten sondern auch gleich aus der Partei ausgetreten.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/buendnis-90-die-gruenen-vorstand-der-gruenen-jugend-tritt-zurueck-und-verlaesst-die-partei-a-b688748c-c09c-4722-9c54-cd866c07e653?sara_ref=re-xx-cp-sh
Habeck und Baerbock berührt das erst einmal nicht. Sie bleiben sitzen. Baerbock wurde bei Maischberger gefragt, warum sie nicht zurücktritt. Sie antwortete darauf, dass dann Putin bis nach Polen marschiert, wenn sie nicht mehr im Amt ist.
Bei soviel Selbstueberschaetzung bleibt man nur noch fassungslos zurück.
Zum Zinsspread kann man nur immer wieder sagen, dass wir selbst mit den Maastricht-Kriterien die Begründung für Spekulationen liefern. Diese Regeln gibt es nirgendwo auf der Welt und in einer Einheitswaehrung dürfte es solche Spreads per Definition nicht geben.
Deutschland nützt das Tripple-A gar nichts. Das Land fällt sprichwörtlich auseinander.
KK
26. September 2024 @ 14:26
“Baerbock wurde bei Maischberger gefragt, warum sie nicht zurücktritt. Sie antwortete darauf, dass dann Putin bis nach Polen marschiert, wenn sie nicht mehr im Amt ist. ”
ROFL – Baerbock als der Mensch gewordene Ostwall; was brauchen wir noch Komiker, solange es solche Politiker gibt?
Aus dem Artikel:
“Wenn die Grünen in Berlin taumeln, könnte dies auch die EU-Kommission in Brüssel schwächen!”
Die Grünen in Berlin taumeln nicht – die machen sich nur kompatibel für eine Koalition mit der Merz-Union! Mit der eher linken Riccarda Lang war da ein (nein, ich benutz das allzu treffend passende Adjektiv jetzt nicht) Hindernis im Weg, und die postwendende Reaktion des Vorstands des Parteinachwuchses unterstreicht dies nur.
ebo
26. September 2024 @ 14:43
Ja, langsam beschleicht mich auch der Eindruck, dass Habeck eine Koalition mit Merz vorbereitet. Das würde die Grünen in Brüssel stärken, denn sie lehnen sich ja auch an VDL an
KK
26. September 2024 @ 15:05
@ ebo:
Da Teile der SPD und Kanzler Scholz hinsichtlich Kriegstreiberei mit GRÜNEN und FDP nicht mehr mitkommen, hab ich mal gerechnet:
Nimmt man CDU/CSU, GRÜNE und FDP zusammen, würde es für ein konstruktives Misstrauensvotum locker reichen. Es bräuchte noch nicht einmal Neuwahlen… 1982 lässt grüssen.
Denn ob diese Dreierkoalition nach der kommenden Bundestagswahl – ob nun turnusgemäss in einem Jahr oder früher durch Neuwahlen – noch eine Mehrheit hätte, ist fraglich. Die Grünen würden wohl stark verlieren, die FDP vielleicht sogar rausfliegen… und ob ausgerechnet Merz die CDU so stark machen würde, um das aufzufangen, bleibt abzuwarten.
Wir dürfen auf den November wirklich gespannt sein…