“Europa neu erfinden”
Ist die EU noch reformierbar – oder muss sie neu erfunden werden? Über diese Frage diskutierten am Wochenende in Brüssel u.a. der frühere Kommissionschef Delors, Ex-Staatschef Giscard und noch EU-Ratspräsident Van Rompuy. Der sprach das ganze Elend der EU aus – unfreiwillig.
Hier sind die Fragen, die im deutschen Wahlkampf vergessen wurden: Was ist falsch gelaufen in Europa? Hat der Wirtschafts-Liberalismus die EU und den Euro kaputt gemacht? Wie kann man dem Bürger die Macht zurückgeben?
Bei der Tagung “Europa neu erfinden” wurden sie nicht nur gestellt, sondern auch diskutiert. Auf Initiative des linksliberalen “Nouvel Obs” (Paris) wurde an vielen Tabus gerüttelt, die in Berlin als unverrückbar gelten.
Von den EU-Chefs war leider nur einer gekommen: Ratspräsident Van Rompuy, ein Flame. Er steht Kanzlerin Merkel sehr, sehr nahe, und gilt als möglicher Kandidat für die Nachfolge von Kommissionschef Barroso.
Und was sagt dieser Mann, der die EU führen möchte: “Bevor wir Europa neu erfinden, müssen wir es retten, und reparieren.” In der Eurokrise habe er ein “Boot mitten im Sturm flicken” müssen, so Van Rompuy. Doch die “Rettung” sei gelungen.
Offenbar hat Van Rompuy – genau wie die Mehrheit im Europäischen Rat, dem er vorsteht (also der Vertretung der EU-Regierungen) – nichts verstanden.
Denn was ist das für eine “Rettung”, die Europa in die schlimmste Rezession seit dem 2. Weltkrieg stürzt? Die Arbeitslosigkeit und Armut explodieren lässt und Nationalismus und Rassismus anheizt?
Was ist das für eine “Reparatur”, die den Staaten – und ihren Bürgern – den letzten Rest von Souveränität entzieht und jede eigenständige (Budget-)Politik unmöglich macht? Und noch dazu Sozialabbau verordnet?
Was ist das für ein “Boot”, in dem es mittlerweile Holzklasse (Griechenland & Co.). 2. Klasse (Frankreich, Belgien & Co.) und 1. Klasse (Deutschland) gibt? Und in dem die Passagiere nicht einmal wissen dürfen, wohin die Reise geht?
Wenn das die “richtige”, womöglich sogar “einzige” und “alternativlose” EU-und Euro-Rettungs-Politik sein soll, dann wird es wohl doch höchste Zeit, Europa neu zu erfinden.
Und dann muss man konstatieren, dass Franzosen und Belgier – jedenfalls was die öffentliche politische Debatte betrifft – weiter sind als wir Deutsche, viel weiter…
winston
15. Oktober 2013 @ 21:16
@fufu
Das paradoxe dabei ist, das FN das macht was eigentlich die linken machen müssten, aber gerade die linken haben den euro zu ihrem Dogma erklärt und sind die, die am lautesten “mehr Europa schreien”, ergo mehr elend, mehr arbeitslose, mehr präkariat, mehr Armut, mehr steuern, weniger lohn, mehr schulden(Staat) undundund. ich meine die moderaten linken wie SPD(D) oder PD(I)
siehe Enrico letta (I) zitat: ja zum euro, STERBEN für Maastricht, das sterben kann man mittlerweile durchaus wörtlich nehmen.
Deutschland wird mit Frankreich keine grosse lippe wagen, den
a) ist Frankreich grösster Importeur deutscher waren und
b) fällt Frankreich in eine akute Rezession, ich spreche jetzt von -2%/3%, die mit 100%ger Sicherheit eintreten würde und zwar dauerhaft, würde man die hardcore austeritätkeule auspacken ala E, Gr, I, P, IL. mit der konsekuenz das Frankreichs Städten brennen würde, da sind die franzoden alles andere als zimperlich, das Volk würde erst recht die Türen bei FN einrennen, ein euroaustritt Frankreichs vermutlich mit Italien und Spanien zusammen wäre dann sehr hoch, und Merkel bekäme alpträume, Stichwort T2, Export bzw. die leistungsbilanzüberschüsse würden wieder bei +-0 rumdümpeln wie sie es vor dem € gemacht haben.
Johannes
14. Oktober 2013 @ 17:34
Frankreich ist mit Sicherheit nicht weiter in der Diskussion. Harte Reformen werden in dem Land nicht gemacht noch angesprochen, also wie soll die Diskussion dort ehrlicher sein? Ich verstehe die Sichtweise in dem Artikel nicht. Die Franzosen wollen, dass Deutschland mehr Schulden übernimmt, auch zum Vorteil Frankreichs, das kann man doch nicht als “ehrlicher” betiteln. Das wäre einfacher für Frankreich, ja, aber ehrlicher??? Auch dieser Satz verwundert mich: “und jede eigenständige (Budget-)Politik unmöglich macht” – wenn die so wichtig ist, dann kann man Euro-Bonds nicht befürworten, und dennoch wird es in Frankreich und dem Süden Europas getan. Also eigenständige (Budget-)Politik im Süden ja, im Norden in Deutschland aber nicht? Also das passt doch auch schon wieder nicht zusammen. Entweder ist diese eigenständige (Budget-)Politik wichtig, oder nicht. Aber mal ja mal nein sagen, das geht nicht. Entweder oder. PS: Der Euro muss neu erfunden werden, Europa neu erfinden würde Europa entgültig abschiessen bei den vielen Ländern und Stimmen (man wollte es ja nicht anders haben, immer mehr Ländern und immer mehr Macht, jetzt kann man Europa nicht mehr reformieren, selber schuld). Erstmal der Euro, das dürfte schon hart genug werden. Wenn das dann klappt, kann man sich an Europa rantrauen …
fufu
14. Oktober 2013 @ 16:34
Ja, die Franzosen sind weiter als wir : sie waehlten Front National.
Jeder wahre Europaeer muss heute notgetrungen nationalkonservative Kraefte waehlen um Europa und seine Werte vor dem EU-Monster zu retten.
Andres Müller
14. Oktober 2013 @ 09:24
bitte schön noch die Referenz zu den Aussagen in meinem Kommentar oben:
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-%2f%2fEP%2f%2fNONSGML%2bREPORT%2bA7-2013-0307%2b0%2bDOC%2bPDF%2bV0%2f%2fDE
Zusätzlich zu diesem Bericht, der von tausenden Verbrecherbanden spricht, noch meine eigene Beobachtung, dass nämlich die EU Minister über Lobbyismus in die Arbeit dieser Banden involviert sind. So etwa versuchte gerade kürzlich EU-Kommissar Oettinger zu unterschlagen, dass erneuerbare Energien viel weniger gefördert werden als solche wo Menschenschinderei an der Tagesordnung ist, wie etwa bei Kohle,Erdöl und Atomenergie.
http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-10/oettinger-eu-erneuerbare-energien-subventionsbericht
Der integrierte Lobbyismus der EU- Führer ist eine der wichtigsten Ursachen für die lange andauernde Rezession in der Süd Peripherie, nicht zuletzt dank freundlicher Mithilfe von Goldman Sachs und deren Euro -Knechten.
Andres Müller
13. Oktober 2013 @ 22:39
In Europa leben mindestens 1 Million Sklaven, die vor allem billige Arbeit und sexuelle Dienste leisten -und einige davon sogar als Organspender dienen müssen.
Die Misere wurde von der EU-Politik in den letzten Jahren durch umfassenden Sozialabbau und einseitigen Hilfen an die Banken begünstigt, sowie die Weigerung ethisch verantwortbare Mindestlöhne umzusetzen.
In einem solchen Umfeld haben Verbrecherbanden ein leichtes Spiel, weil sich durch das Sparen an Sozialleistungen Sklaven kaum mehr von Niederiglohn Empfängern unterscheiden lassen. 1/5 der EU-Bürger kann sich kaum mehr mit genügend Nahrungsmitteln versorgen um Gesund bleiben zu können.
Europa kann so nicht weiter funktionieren, es muss in der Tat eine umfassende Reformation her, ansonsten wird der Abstieg von Süd und Ost zum Bumerang für den Norden.
Das Problem mit den Arbeitssklaven und den Niedriglohnempfängern ist in Brüssel bekannt, die vorgeschlagenen Lösungen haben aber wenig bis nichts mit den Ursachen am Hut. Es leuchtet zwar zum Beispiel ein dass Steuerparadiese bekämpft werden müssen, aber die Erwähnung solcherart Selbstverständlichen, was in der Vergangenheit umfassend ignoriert wurde, ist in diesem Zusammenhang lächerlich. Man will mit allen Mitteln nicht wirklich etwas tun gegen die sozialen Ungleichgewichte, man denkt ausschliesslich zugunsten eigener Marktinteressen. Wenn Millionen Menschen in die Suppenküche müssen, dann denkt Van Rampuy lieber in obskurer Prosa darüber nach -wenn überhaupt. “Das Schlimmste” ist erst vorüber wenn man in Brüssel das Wort soziale Marktwirtschaft aus der Mottenkiste holt und reale und nicht nur verbale Hilfen an die schnell grösser werdenden Unterklassen leistet.