Europa ist das neue Epizentrum
Was am Wochenende geschah, hätte nie passieren dürfen: Europa hat sich zum Epizentrum der Coronavirus–Pandemie entwickelt. Und nach vielen anderen EU-Ländern macht auch Deutschland seine Grenzen dicht. Was nun?
Es ist noch gar nicht so lange her, da blickten wir voller Hochmut auf China, dann auf Iran. Schaut her, so hieß es in Europa, die Kommunisten und die Mullahs haben das Virus nicht im Griff. Auch über US-Präsident Trump haben wir uns lustig gemacht. Als Trump noch die neue Viren-Gefahr leugnete, da hatten wir doch längst alle nötigen Gegenmaßnahmen ergriffen, nicht wahr?
Das deutsche Gesundheitssystem ist das Beste von allen, hieß es zuletzt in Berlin. Verhältnisse wie in Italien seien bei uns undenkbar, deshalb gebe es auch keinen Grund für Grenzschließungen.
Und nun? Europa hat sich zum Epizentrum der weltweiten Coronavirus–Pandemie entwickelt. Und nach vielen anderen EU-Ländern macht am Montag auch Deutschland seine Grenzen dicht.
Nach allem, was die Bundesregierung und die EU-Kommission kommuniziert haben, hätte dies nie passieren dürfen. Brüssel war noch am Samstag gegen Grenzschließungen, Berlin auch.
Doch nicht nur die Kommunikation hat versagt, was nun zu Hamsterkäufen und fluchtartigen Reisebewegungen führt. Auch die Gesundheitspolitik ist gescheitert – in ganz Europa.
Überall wurde am Gesundheitssystem gespart, auch in Deutschland. Noch vor einem Jahr rief die Bertelsmann-Stiftung sogar dazu auf, jedes zweite Krankenhaus dichtzumachen!
Zudem haben wir unsere Versorgung mit Arzneimitteln nach China und Indien ausgelagert. Nicht einmal genug medizinische Schutzkleidung ist noch in Europa vorhanden.
Immerhin, die EU–Kommission will sich jetzt um Masken und andere Medizingüter kümmern. Sie hat sogar ein Exportverbot aus der EU angekündigt. Doch das kommt alles viel zu spät.
Diesmal liegt die Verantwortung allerdings nicht in Brüssel, sondern in den Mitgliedstaaten, auch und gerade in Deutschland. Denn die Gesundheitspolitik ist eine nationale Domäne.
Deshalb werden wir uns wohl auch auf noch mehr – und noch härtere – nationale Kapriolen einstellen müssen. Dieses Wochenende hat gezeigt, wie schnell das gehen kann…
Siehe auch “Macron pusht die EU – doch die kollabiert gerade” sowie den Update zu den Grenzschließungen
P.S. Frau von der Leyen hat es nach der überraschenden deutschen Entscheidung übrigens aufgegeben, sich gegen Grenzschließungen zu wehren. Sie spricht jetzt nur noch von freier Fahrt für den Warenverkehr – und warnt vor Lieferengpässen. Das heißt: Es könnte bald noch mehr leere Regale geben – infolge der unkontrollierten Grenzschließungen…
Watchlist
Bietet die Eurogruppe Italien Hilfe aus dem Euro-Rettungsschirm an? Und wird sie den Stabilitätspakt für den Euro aussetzen? Das sind nur zwei von vielen drängenden Fragen, die sich am Montag stellen, wenn die Euro-Finanzminister zu einer Videokonferenz zusammenkommen. Sie müssen dabei u.a. die Scharte auswetzen, die EZB-Chefin Lagarde verbockt hatte. Wegen der ungeschickten Kommunikation der Französin haben sich die Spreads für Italien erhöht, W. Münchau warnt in der “FT” bereits vor einer neuen Eurokrise…
Was fehlt
Die “Euroleaks” des griechischen Ex-Finanzministers Varoufakis. Der exzentrische Politiker hat fünf Jahre nach der Schuldenkrise in Griechenland diverse Audiodateien veröffentlicht, die er bei Treffen der Eurogruppe 2015 aufgenommen hat. Das ist am Rande der Legalität, soll aber für mehr Transparenz sorgen. Bis heute gibt es keine offiziellen Protokolle der Euro-Finanzminister…
Das Letzte
In Belgien wird Premierministerin Wilmès mit Sondervollmachten für sechs Monate ausgestattet. Dies wird mit der Coronavirus-Krise begründet. Das Land bekommt damit eine Notstandsregierung, die von allen großen Parteien mitgetragen wird. Wilmès hatte zuvor weitreichende Maßnahmen angekündigt; so sind seit Samstag alle Geschäfte, Cafés, Bar und Restaurants geschlossen…
Oudejans
16. März 2020 @ 18:00
>>“P.S. Frau von der Leyen hat es nach der überraschenden deutschen Entscheidung übrigens aufgegeben, …“
Wir sollten jetzt konsequent Frau D r. m e d. von der Leyen schreiben.
Alexander
16. März 2020 @ 13:32
“Das deutsche Gesundheitssystem ist das Beste von allen, hieß es zuletzt in Berlin.”
Und die Gesundheitspolitik erst! Die ist einfach nur Weltspitze!
https://www.tobaccocontrolscale.org/wp-content/uploads/2020/02/TCS-A5-Flyer-2019-DIGITAL_P%C3%A1gina_1.jpg
Na gut. Es sei denn, es geht um solchen Kleinkram, wie über 300 Tote täglich!
Claus Hiller
16. März 2020 @ 09:42
Die gegenwärtige Situation lädt ein, darüber nachzudenken, wieviel Globalisierung sich ein funktionierendes und robustes Gesellschaftssystem erlauben kann. Eine Medikamenten und Hilfsmittel-Versorgung, die aus Gründen der Profitmaximierung in alle Billiglohn-Ecken der Welt ausgelagert wird, ohne Lager und Reserven nur nach dem Prinzip des „Just-in-Time“ funktioniert, und im Notfall durch ein gestörtes Logistik-System lahmgelegt wird, ist bedenklich.
ebo
16. März 2020 @ 09:55
Absolut richtig. Auch das europäische “Modell” des grenzenlosen Freihandels steht nun infrage
Holly01
16. März 2020 @ 10:04
Der grenzenlose EU handel steht nur in Frage, weil der Superegoist Deutschland nichts eiligeres zu tun hatte, als alles zu beschlagnahmen und Exporte zu verbieten.
Ein offener markt muss ein solidarischer Markt sein.
Ein Egoist reicht, um das zu zerstören.
Da müssen wir uns an unsere eigene deutsche Nase fassen.
Was mich zu der Frage bringt: Ist das gut solche Asozialen in verantwortliche Positionen zu lassen und müssen wir da inhaltlich reagieren? Ich denke “Ja”.
vlg
Holly01
16. März 2020 @ 07:43
“ Was am Wochenende geschah, hätte nie passieren dürfen: Europa hat sich zum Epizentrum der Coronavirus–Pandemie entwickelt. “
Entschuldigung, aber das ist auch nicht richtig. Wir haben Kindergartenqualität in der Kommunikation und neoliberale Träume in den Maßnahmen. Aber wir sind kein Epizentrum.
Das Epizentrum sind die USA, aber auch erst in 1 bis 2 Wochen.
Grenzkontrollen machen genau so wenig Sinn, wie egoistische Exportverbote für Schutzgüter.
Wie (zum Teufel) soll man denn einem Singel mit Geld erklären, dass die 25 Packete Tiolettenpapier in seinem Keller Unsinn sind, wenn wir auf Landesebene (NRW Innenminister) und Bundesebene (Grenzschliessungen) und EU Ebene (jeder für sich Gott für uns Alle) genau der Unsinn vorgelebt wird.
Als die Beatles mal im Krankenhaus waren, gab es stündliche Nachrichten, wie es den ging.
Das war eine ganz andere Größe und Dringlichkeit, hat aber funktioniert.
Wieso nehmen wir nicht mal Gas raus und geben stündlich öffentliche Zahlen und Informationen raus?
Wieso wird den ganzen dummen Kommentaren nicht widersprochen und wieso klopft man den Leuten, die hier ihre Agenda pushen wollen nicht viel deutlicher auf die Finger?
Wir haben grob 800.000 Tote in Deutschland pro Jahr. das ist der Normalfall.
Wir haben Grippe und Corina gleichzeitig und die Risikogruppen liegen ziemlich genau dort, wo auch die natürliche Sterblichkeit statt findet.
…. und niemand kann ernsthaft vorhersagen was für zahlen am Ende da raus kommen.
Das Einzige was man relativ klar sagen kann ist: desto besser unsere Gesellschaft mit dem Geundheitssystem und der Versorgung der Menschen zurecht kommt, desto weniger unnötige Tote wird es geben.
Weder Hamsterkäufe, noch Empörung helfen uns weiter, wenn das nicht halbwegs angemessen ist …
Epizentrum ….. pffff, also echt Mal.
vlg
Holly01
16. März 2020 @ 09:51
Da hat es eine Fachfrau gewagt die PP (Panik Presse) uhnd die Reaktionen in frage zu stellen und das kam dabei raus:
” Zur Klarstellung: Die radioeins-Redaktion betont, dass die Virologin und emeritierte Professorin und Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie an der Universität Zürich, Prof. Dr. Karin Mölling, hier eine Einzelmeinung vertritt. Die Virologin lässt bei ihren Einschätzungen außer Acht, dass mit den beschlossenen Maßnahmen die Zunahme von exponentiell ansteigenden Infektionen verlangsamt werden und insbesondere besonders gefährdete ältere und chronisch kranke Menschen geschützt werden sollen. Das Aufrechnen von Toten bei Unfällen oder anderen Krankheiten mit den Coronatoten erscheint auch angesichts der massiven Tödlichkeitsraten in unseren Nachbarländern zynisch. Sofern das Interview den Eindruck erweckt hat, dass radioeins die Coronakrise verharmlost, möchten wir uns ausdrücklich dafür entschuldigen. ”
aus
” https://www.radioeins.de/programm/sendungen/die_profis/archivierte_sendungen/beitraege/corona-virus-kein-killervirus.html?fbclid=IwAR2rHJOLP4y7iZPhjUsYSmxK2pqp0nHi8yQgs__a92-47SL8AYhoOYcpAFo ”
Das war eben nicht reißerisch genug. Ich bin kein Fachmann und kann mir leisten auf etwas hinzuweisen:
Das schlimmste Szenario, welches ich bisher gefunden haben war so.
Verdopplung der Sterblichkeitsrate in 2020. Das heißt statt 800.000 sterben 1,6 Mio.
Das ist ein Hammer.
Über 10 Jahre gemittelt verrechnet sich das. Das heißt die Toten von 2020 führen zu geringerer Sterblichkeitsrate in den Folgejahren.
Die Verrechnung ist so relativ stark, das im 10 Jahreszeitraum das Jahr 2020 ein statistischer Ausreißer ist, der sich bis auf die normalen Schwankungen komplett verrechnet.
Anders vielleicht verständlicher addiert man die folgenden 10 Jahre zusammen und teilt durch 10 kommt man auf die ganz normalen 800.000.
Da war aber die Annahme dahinter, das wir in Europa/Deutschland angemessen reagieren.
Worum wir also kämpfen ist eine Vermeidung unnötiger und vorzeitger Tode.
Hier geht nicht die Welt unter, nicht dieses mal, nicht mit CoV-2.
Vielleicht wäre das medial auch Mal wichtig zu vermitteln.
Genau wie die Frage, was denn nun ist? Was ist wenn CoV-3 viel höhere Sterblichkeitsraten produziert?
Aber das ist Katastrophenschutz und war schon immer ein teil des Lebensrisikos, das keiner wissen wollte. Wir fragen ja auch nicht, was es bedeutet wenn Trump seine abgereicherte Uranmunition einsetzt oder mit “Mini-Nukes” droht. da schauen wir ja auch gerne weg.
Also … angemessen wäre wirklich schön, was auch immer man darunter versteht.
Panik ist wirklich schlecht und der Mob auf der Straße war NIE hilfreich.
vlg
ebo
16. März 2020 @ 11:13
Die Panik ist schon da. Sie wird von schlechten Entscheidungen der Politik genährt, die noch schlechter kommuniziert werden, jedenfalls in Deutschland