“Russland platt machen”, China abstrafen: Die neuen Bruchlinien im Ukraine-Krieg
Die Münchener “Sicherheitskonferenz” hat die Welt nicht sicherer gemacht. Denn obwohl der Westen fast allein zu Haus war und ewige Treue zur Ukraine schwor, taten sich neue Bruchlinien rund um den Krieg gegen Russland auf.
Man war sich zwar einig, die Ukraine weiter zu unterstützen und weder einen Waffenstillstand noch Verhandlungen anzustreben – obwohl der Moment angesichts des Stillstands an der Front und der massiven westlichen Nachschub-Probleme günstig wäre.
Doch über die Kriegsziele gehen die Meinungen weit auseinander. Bruchlinien tun sich auf allen Ebenen auf – in der EU, in der Nato, zwischen EU und USA und sogar in der Bundesregierung, wo sich Verteidigungsminister Pistorius von Kanzler Scholz absetzt.
So spricht sich Pistorius plötzlich für einen Sieg der Ukraine aus. Dabei hat er vor kurzem in Brüssel noch ganz anders geredet. Und Scholz bevorzugt die schwammige Formel, Russland dürfe nicht gewinnen. Was gilt denn nun? Wie weit will Deutschland gehen?
Und was sagt die Bundesregierung eigentlich zum Thema “Russland platt machen” (“Ecraser la Russie”) und “Regime Change” in Moskau? Frankreichs Präsident Macron hat sich klar dagegen ausgesprochen, aus Berlin hören wir nichts. Auch zum Thema China hält sich Deutschland bedeckt.
Dabei entwickelt es sich zur (nächsten) Gretchenfrage. US-Außenminister Blinken hat China vor möglichen Waffenlieferungen an Russland gewarnt und Parallelen zwischen der Ukraine und Taiwan gezogen. Ist dies der Warnschuß vor dem nächsten Konflikt?
Und welche Rolle hätte die EU? Soll sie der USA den Rücken freihalten und den Kampf gegen Russland allein übernehmen – oder müßte sie nicht vielmehr versuchen, die USA zu bremsen und die nächste Eskalation (aka 3. Weltkrieg) zu verhindern?
Hier eine Übersicht über die verschiedenen, kaum miteinander zu vereinbarenden Positionen:
- Russland darf nicht gewinnen: Scholz
- Die Ukraine muß siegen: Pistorius, Macron
- Kein Regime Change in Russland: Macron
- Regime Change in Russland: Selenskyj, Duda, Biden?
- Konflikt nicht auf China ausweiten: Macron, Scholz
- Next Stop China: Stoltenberg, Blinken, Biden?
Die Übersicht zeigt, dass die Haltung von US-Präsident Biden noch unklar ist. Doch selbst wenn er sich nicht (offfen) auf die Seite der Hardliner schlagen sollte – die Bruchlinien lassen schon jetzt um die westliche “Einheit” fürchten – und um den Weltfrieden!
Mehr zum Krieg um die Ukraine hier
Marianne brull
21. Februar 2023 @ 22:22
Ein wunderbarer chinesischer Begriff: strategische Geduld
Georg Soltau
20. Februar 2023 @ 13:41
@ Stef :…. das trifft den Nagel auf den Kopf !
Stef
20. Februar 2023 @ 08:53
Das Ganze Geschwätz vom Sieg gegen Russland dient nur der Vorbereitung massiver Aufrüstung, nachdem es ein jähes erwachen gegeben hat weil Russland diesen Krieg schlicht und ergreifend gewinnt. Politiker sollte man heutzutage einfach nicht mehr beim Wort nehmen, sie sagen nur noch das, was ihre fehlende Gestaltungsmacht verdeckt.
Besser ist die Beherzigung von “follow the money”. Es geht um sehr viel Geld für Aufrüstung und im Windschatten dessen um Korruption in epochalem Ausmaß. Oder wie sonst ist zu erklären, dass die USA zwar den mit Abstand größten Militärhaushalt haben, aber dennoch nicht genug Militärmaterial auf die Waagschale werfen können, um Russland in die Knie zu zwingen? Nachdem der US-Bürger geplündert wurde, ist jetzt der europäische Bürger dran.
KK
20. Februar 2023 @ 01:16
@ Arthur Dent:
“Regime Change in Russland – da muss man dort aber einmarschieren, einen großangelegten Bodenkrieg führen…”
Und das haben ja schon zwei der immerhin “Grössten Feldherren aller Zeiten” vergeblich versucht, nicht wahr?
Und ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass Putin die allerschlechteste Personalie auf dem Posten ist, immerhin handelt er bei aller Skrupellosigkeit noch rational – sässe eine unüberlegte Type wie Trump im Kreml, würden wir in EUropa heute wohl schon die Radieschen von unten zählen, und zwar mit einem Geigerzähler!
Robby
20. Februar 2023 @ 00:39
Die USA wollte ja in 2 Jahren gegen China marschieren laut US Air Force Brainbug.
Daraus wird wohl nichts.
Der Materialverschleiß in der Ukraine ist so hoch für den Westen, dass die sich für 10 Jahren keinen Krieg mehr leisten können.
Die Ukrainer haben in 10 Monaten so viele Javelin verballert, wie die USA in 7 Jahren produzieren.
Alles was noch bleibt sind Doolittle Raids.
Also Propagandasiege, militärisch nutzlos.
Und das größte Problem der Ukraine sind inzwischen die Rekrutierungen.
Heute hat sich ein Wachmann auf Twitter darüber lustig gemacht, dass wenn er mit seiner Uniform auftaucht, die Straßen nur noch von Kindern und Frauen bevölkert werden.
Unter den Männer herrscht Panik.
Danke Scholz.
Arthur Dent
19. Februar 2023 @ 23:57
Regime Change in Russland – da muss man dort aber einmarschieren, einen großangelegten Bodenkrieg führen, da müssten die EU-Länder Millionen Soldaten mobilisieren.
Blinken warnt China, Russland Waffen zu liefern. Da dürften die Chinesen aber sehr beeindruckt sein. Was China wirklich vorhat, weiß niemand – aktuell dürften sie an Waffenlieferungen nicht interessiert sein. Dass der Krieg noch eine Weile dauert, dürfte da schon eher in ihrem Interesse liegen.
Dass viele Köche den Brei verderben, scheint sich wieder mal zu bewahrheiten. In der EU will immer einer schöner und besser als der andere sein. Die meisten Kaiser sind aber nackt.
KK
19. Februar 2023 @ 22:06
So langsam reift bei mir die Überzeugung, dass es besser für EUropa und die restliche Welt gewesen wäre, wenn Trump am 06.01.2021 einen US-amerikanischen Bürgerkrieg angezettelt hätte; dann wären die USA jetzt noch mit sich selbst beschäftigt und würden nicht die Welt in den nächsten Weltkrieg manövrieren.
Aber wahrscheinlich machen die das mit dem Weltkrieg ja auch nur, um daheim die Fronten geschlossen zu halten… denn die nächste Wahl steht ja schon wieder vor der Tür. Und für die Welt wird das Ergebnis nix ändern. Wer auch gewinnen wird, die Maxime wird lauten: America first!