Brüssel setzt neue Klimaziele – und rätselt über Baerbock
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? Der Wahlkampf in Deutschland hat begonnen – er wird EUropa prägen. Die EU hat ein Klimagesetz, doch die Führungsrolle ist gefährdet. Und dann war da noch der Konflikt mit Russland – die Ukraine erscheint plötzlich als Bündnispartner.
Laschet setzt sich gegen Söder durch, Baerbock übertrumpft Habeck: Auf den ersten Blick waren die Entscheidungen der vergangenen Woche deutsche Innenpolitik in Reinkultur. Doch ganz EUropa schaute gebannt zu. Denn was im größten EU-Land passiert, das ist für alle wichtig. Die Bundestagswahl ist sogar wichtiger als die Europawahl 2019. Schließlich geht die Ära Merkel zu Ende – da wollen alle wissen, was danach kommt.
Bei Laschet ist es relativ klar: Er steht für Kontinuität in der Europapolitik, wobei er Helmut Kohl näher steht als Angela Merkel. Bei Annalena Baerbock hingegen weiß man nicht, was man europapolitisch bekommt. Sie ist zwar schon nach Brüssel gereist (im September 2019) und betont stets die Abstimmung mit den EU-Partnern. Doch was das konkret bedeutet, ist unklar, festlegen will sie sich (noch) nicht.
Immerhin können Baerbock und die Grünen einen wichtigen Erfolg verbuchen: In dieser Woche hat die EU ihr Klimagesetz verabschiedet und Einsparungen bei den Treibhausgasen vereinbart. Doch die neuen Ziele – minus 55 Prozent bis 2030 – bleiben hinter den Forderungen des Europaparlaments und der Klimabewegung zurück. Die EU ist im Begriff, ihre “Führungsrolle” zu verlieren. Für “Fridays for Future” geht auch Baerbock nicht weit genug…
Hinter Baerbock stehen die Unternehmen – und die Transatlantiker
Allerdings kann sich die grüne Kandidatin auf die Transatlantiker und die deutsche Wirtschaft stützen. In einer Umfrage für die “Wirtschaftswoche” lag sie sogar noch vor FDP-Chef Christian Lindner. Und die “New York Times” ist voll des Lobes für ihren harten Kurs gegen Russland und China. Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt sei es das Wichtigste, “den Druck auf Russland zu erhöhen”, sagte Baerbock der “FAS”.
Warum eigentlich? In dieser Woche kündigte Moskau das Ende des Truppenaufmarschs an der Grenze zur Ukraine an. Zar Putin erklärte sich sogar zu direkten Gesprächen mit Kiew bereit. Und Kreml-Kritiker Nawalny wurde in ein Gefängniskrankenhaus verlegt, wo er ankündigte, seinen Hungerstreik abbrechen zu wollen. Warum sollte man da noch den Druck erhöhen? Offenbar geht es darum, die Ukraine enger einzubinden.
In den letzten Tagen konnte man den Eindruck haben, das Land sei schon EU- und Nato-Mitglied. Doch die Ukraine ist kein Bündnispartner – bisher waren Deutschland und Frankreich strikt gegen eine Aufnahme in die westlichen Bündnisse. Unter einer grünen Kanzlerin könnte sich das ändern…
Und hier noch die drei besten Blogposts der vergangenen Woche:

Sanktionen ohne Ende: Die absurde Logik der EU-Kommission
They did it again. Kaum zwei Wochen nach dem 17. Sanktionspaket gegen Russland haben Kommissionspräsidentin von der Leyen und ihre Außenbeauftragte Kallas schon das 18. vorgeschlagen.

Aufgelesen: Eine Reise in die Brüssel-Blase – und in den Krieg?
Die EU mobilisiert Rekordsummen für die Aufrüstung. Diplomatie spielt kaum noch eine Rolle. Eine Journalistenreise nach Brüssel zeigt: Frieden ist kein Thema.
