EUropa holt beim Impfen auf – und fällt wirtschaftlich zurück
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? Die EU holt beim Impfen auf und bereitet den Wiederaufbau vor. Das Europaparlament gibt seinen Widerstand gegen den Brexit-Handelsdeal auf. Und Russland schlägt zurück – mit Sanktionen gegen Brüssel und Berlin.
Wer sagt’s denn? Nach dem vermasselten Start und dem Impfdebakel im ersten Quartal holt die EU nun ihren Rückstand zu anderen Staaten auf. In Deutschland werden bis zu eine Millionen Dosen täglich verimpft, in Frankreich fast genauso viele, in Belgien sind jetzt schon die 50-Jährigen dran. Die Anstrengung lohnt sich: Nun gehen sogar in Deutschland die Neuinfektionen zurück – und das, ohne dass die “Notbremse” schon wirkte…
It is now official, the EU is administering more vaccine doses than the US is. pic.twitter.com/mTxsX5CVsN
— Jens Nordvig (@jnordvig) May 1, 2021
Vorwärts geht es auch mit dem Wiederaufbau – jedenfalls auf dem Papier. 13 von 27 EU-Staaten haben ihr Ausgaben- und Reformprogramm vorgelegt, die restlichen dürften bald folgen. Nun müssen die Eurokraten der EU-Kommission die Dokumente, die bis zu 10.000 Seiten dick sind, prüfen. Erst danach geht es an die Auszahlung der 750 Mrd. Euro, die für die “Recovery” vorgesehen sind. Durch die Bürokratie wird wertvolle Zeit verloren.
Dabei ist die EU wirtschaftloch schon jetzt zurückgefallen. China boomt, die Wirtschaft in den USA brummt – doch ausgerechnet Deutschland ist im 1. Quartal 2021 abgerutscht – minus 1,7 Prozent. Das größte EU-Land zieht auch die Eurozone in den Keller – der ebenso halbherzige wie endlose deutsche Lockdown wirkt sich negativ auf die Konjunktur aus.
Verzögerungen gab es auch beim Brexit, wo das Europaparlament mal eben vier Monate brauchte, um den Handelsdeal zu prüfen. Am Ende gab es keine Änderungen – die Abgeordneten haben ihren politisch motivierten Widerstand fallen gelassen und der Ratifizierung zugestimmt – nicht ohne neue Verwünschungen in Richtung Boris Johnson.
Last but not least zeigen auch die EU-Sanktionen gegen Russland Wirkung – allerdings anders als gedacht: Moskau hat Gegensanktionen erlassen, die (ähnlich wie im Fall Chinas) auch das Europaparlament treffen. Das hat in der Außenpolitik zwar nicht viel zu melden, fordert aber permanent mehr Härte…
Und hier noch die drei besten Blogposts der vergangenen Woche:
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european
3. Mai 2021 @ 14:05
Ich möchte nur kurz auf ein aktuelles Interview mit Richard Kozul-Wright dem Direktor für Globalisierung und Entwicklungsstrategien der UNCTAD verweisen.
https://www.youtube.com/watch?v=o-YLN55rRxw
Ein kurzes Zitat daraus:
“The European Union still think that they can #export themselves out of this global #crisis, and they can’t. Not without damaging the global economy.”
Weiter dazu auch dieses Pressestatement vom März 2020 von den Seiten der UNCTAD zur Rolle der Zentralbanken.
https://unctad.org/press-material/economic-impact-covid-19-can-policy-makers-avert-multi-trillion-dollar-crisis
“Central Banks are not in a position solve this crisis alone and an appropriate macroeconomic policy response will need aggressive fiscal spending with significant public investment, including into the care economy, and targeted welfare support for adversely affected workers, businesses and communities, the analysis argues. International coordination of these programmes will be required.”
In der EU geht man m.E. davon aus, dass es nach der Krise so weitergeht wie bisher. Man lässt Biden die großen Investitionen/Schulden machen und wenn die Amerikaner erst wieder gut verdienen, kaufen die auch wieder deutsche Autos/europäische Produkte. Man hat scheinbar noch nicht begriffen, was hier tatsächlich auf dem Spiel steht.
Und in Deutschland möchte Friedrich Merz Wirtschaftsminister werden.