EU-Flüchtlingsquote vor dem Aus?
Offiziell ist die EU-Quote zur Umverteilung von Flüchtlingen aus Italien und Griechenland schon im September ausgelaufen. Berlin und Brüssel würden sie gerne weiter führen – doch nun droht das endgültige Aus.
Zum einen können sich die 28 EU-Staaten partout nicht auf neue Regeln zur Flüchtlings-Verteilung einigen. Beim letzten Treffen der Innen- und Justizminister in Brüssel gab es keine Bewegung.
Zum anderen hegt EU-Ratspräsident Tusk Zweifel, ob eine Zwangsquote der richtige Weg ist. Die Umverteilung habe sich als “spalterisch und ineffizient” erwiesen, zitiert der “Guardian” aus einem Tusk-Brief:
“If there is no solution … including on the issue of mandatory quotas, the president of the European council will present a way forward,” states a draft letter from Tusk to national capitals, seen by the Guardian.
Anders gesagt: Wenn sich die EU-28 nicht endlich einigen, könnte die Quote endgültig abgeschafft werden. Ursprünglich war sie ohnehin nur als Ausnahmeregelung für die Flüchtlingskrise geplant.
Zunächst sollten auch Flüchtlinge aus Ungarn umverteilt werden – doch Regierungschef Orban lehnte das ab und baute stattdessen eine Mauer. Seitdem verweigert er die Aufnahme von Migranten.
Auch Polen und Tschechien stellen sich quer. Sie wurden deshalb jetzt von der EU-Kommission vor das höchste EU-Gericht in Luxemburg gezerrt. Beim EU-Gipfel am Donnerstag dürfte das für Streit sorgen.
Eine neue Quote könnte man theoretisch zwar auch mit qualifizierter Mehrheit – ohne Rücksicht auf die Neinsager – durchsetzen. Doch Tusk lehnt das offenbar ab. Er will wohl nicht noch mehr Ärger in seiner Heimat Polen…
kreuzpointner
2. Januar 2018 @ 12:39
Donald Tusk hat recht, keiner der Flüchtlinge will nach den Visegrad Staaten und auch nicht nach Rumänien und Bulgarien. Warum diese Augenwischerei, sehen dass andere Politiker nicht so?
Peter Nemschak
13. Dezember 2017 @ 11:51
Wenn man nicht zwischen Kommission und Europäischer Rat unterscheidet, könnte der Eindruck entstehen, dass derzeit die EU ausschließlich intergouvernmental regiert wird. Weitgehend wird sie das ohnedies.
Kleopatra
12. Dezember 2017 @ 17:14
Die Annahme, dass Tusk Ärger zu Hause nach Auslaufen seines Mandats vermeiden will, ist eine etwas gehässige Unterstellung. Er ist ja nicht erst seit Kurzem der “Merkelschen Flüchtlingspolitik” gegenüber skeptisch. Und außerdem: Natürlich kann er leichter nachvollziehen, wie die Haltung in den ost/mitteleuropäischen Ländern ist. Und genau das war doch das Motiv dafür, einem Ostmitteleuropäer ein hohes Amt in der EU anzuvertrauen – er tut also exakt das, wofür man ihn und nicht z.B. den x-ten Belgier oder Franzosen auf den Posten ernannt hat! Dass Merkel verzweifelt vermeiden will, dass sich in Deutschland herumspricht, dass Deutschland in dieser Frage eher stärker isoliert ist als Ungarn, genügt nicht als Grund, eine von vornherein dumme Regelung zu verlängern. Insofern kann ich nachvollziehen, dass “Berlin” die Regelung verlängern will – aber wer ist das “Brüssel”, das das laut der Überschrift ebenfalls will? (Tusk, der im Rang keineswegs niedrig steht, gehört offenbar nicht dazu?)
ebo
12. Dezember 2017 @ 17:20
@Kleopatra Sorry, “Brüssel” steht in dem Fall für die EU-Kommission (wie meistens)
Kleopatra
12. Dezember 2017 @ 17:24
Nix für ungut. Gerade bei so extremen und zugespitzten Meinungsverschiedenheiten muss man Positionen klar den Akteuren zuordnen. Nicht zuletzt, weil andernfalls nur der übliche Ärger über ein anonymes und arrogantes “Brüssel” übrigbleibt; Differenzierung ist nötig.
Oudejans
12. Dezember 2017 @ 15:17
Mangels Praktikabilität wäre diese Quote ein Luftschloss der Bürokratie. Die Quotierten würden weiterhin im Tiergarten nächtigen. Künftig dann ohne alle Ansprüche gegen die wenigstens zum Teil pazifizierende Sozialverwaltung. Wohl bekomm’s.