Eskalation am Friedenstag – und niemand will schlichten?

Ausgerechnet am Internationalen Friedenstag kündigt Kremlchef Putin eine weitere Eskalation seines Angriffskriegs in der Ukraine an. Und wer redet von Frieden?

Keiner, jedenfalls nicht in der EU. Weder die Europaminister, die sich am Dienstag in Brüssel trafen, noch der Außenbeauftragte Borrell.

Bei den Europaministern habe man zwar viel über die Ukraine gesprochen, berichten EU-Diplomaten. Ein Hilfskredit über 5 Mrd. Euro wurde freigegeben. Doch die Worte „Frieden“ oder „Verhandlungen“ seien nicht gefallen. Solange Putin seine Aggression fortsetze, sei das kein Thema.

Außenvertreter Borrell kündigte eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland sowie eine Aufstockung der Militärhilfe an die Ukraine an. Es geht um eine weitere Tranche von 500 Millionen Euro für gemeinsame Waffenkäufe. Damit würde die EU-Militärhilfe auf drei Milliarden Euro steigen.

Details zu möglichen neuen Sanktionen nannte Borrell nicht. Schon vor der jüngsten Eskalation war in Brüssel von einem verschärften Ölembargo die Rede. Nun dürfte auch wieder der Ruf nach einem Stopp der Gaslieferungen laut werden. Auch Einreisesperren für russische Staatsbürger sind ein Thema.

Wenn Russland den Krieg eskaliere, dann müsse die EU auch den Wirtschaftskrieg ausweiten, so der Tenor. Von De-Eskalation redet keiner. Von Frieden auch nicht. Am Internationalen Friedenstag gibt sich die EU kämpferischer denn je – auch wenn Borrells Sprecher beteuert, man sei nicht im Krieg mit Russland.

Wer nach Alternativen sucht, muß weit reisen – nach Mexico oder in die Türkei. Der türkische Sultan Erdogan hat noch vor wenigen Tagen erklärt, Putin sei zu Friedensverhandlungen bereit. Der Kremlchef wolle den Krieg „so schnell wie möglich beenden“, sagte Erdogan nach Angaben von BBC.

Hat es Sondierungen gegeben? War die EU beteiligt? Oder ist das alles nur „wishful thinking“? Wir wissen es nicht. Und wir werden wohl auch nie erfahren, was aus der Friedensinitiative von Mexicos Präsident Obrador geworden ist. All dies geht im allgemeinen Säbelrasseln unter.

Der Krieg ist in eine neue, noch gefährlichere Phase eingetreten. Und die EU scheint weniger denn je gewillt, sich für ein rasches Ende einzusetzen. Dabei wäre jetzt vielleicht die letzte Gelegenheit, die Gewalt-Spirale zu stoppen und einen diplomatischen Ausweg zu suchen…

Siehe auch „Ukraine: Der Westen riskiert eine Eskalation“

P.S. Nach fast sieben Monaten Krieg haben die Ukraine und Russland einen großen Gefangenentausch verkündet. Russland hat 215 Ukrainer und ausländische Staatsbürger freigelassen. Das spricht dafür, dass man hinter den Kulissen doch noch miteinander redet…