Es geht nicht nur um Macron
Am 7. Mai 2017 gewann E. Macron den zweiten Durchgang der Präsidentschaftswahl. Ein Jahr später steht der französische Staatsschef unter Druck. Am Wochenende gingen in Paris rund 40.000 Gegner auf die Straße. Auch in Europa läuft es nicht rund.
Denn Kanzlerin Merkel und ihre GroKo lassen Macron hängen. Während sich der liberale Franzose ganz auf Deutschland verlässt, zögert Merkel den versprochenen “Aufbruch für Europa” immer weiter hinaus.
Nach Medienberichten wollen CDU und CSU Anfang dieser Woche sogar beschließen, dass es keinen EU-Finanzminister geben darf – und damit einen zentralen Reformvorschlag aus Paris abschmettern.
Wenn es so weiter geht, wird Macron europapolitisch scheitern. Von seiner “Neugründung” der EU wird dann nur noch die Aufrüstung und der Aufbau einer Nato-abhängigen “Verteidigungsunion” bleiben.
Na und, werden viel sagen, was geht uns Macron an? Er muss selber sehen, wo und wie er Mitstreiter für seine Pläne bekommt. Doch es geht nicht nur um Macron. Es geht auch um Merkel – und ihr ewiges “Nein”.
Vor Macron hat sich schon Amtsvorgänger Hollande um eine Reform der Eurozone bemüht – er ist an Merkel gescheitert. Hollande wollte den Fiskalpakt kippen und mit Südeuropa eine andere EU-Politik durchsetzen – passé.
Auch Ex-SPD-Chef Schulz, der zwischen Hollande, Macron und Merkel vermitteln wollte, konnte sich nicht durchsetzen. Erst scheiterte er in der Bundestagswahl, nun verkommt sein “Aufbruch für Europa” zu Makulatur.
Die Liste ließe sich fast beliebig fortsetzen. In Italien haben es Monti, Letta und Renzi versucht, das “deutsche Europa” zu reformieren – alle haben sich eine blutige Nase geholt, jetzt geben Populisten in Rom den Ton an.
In Griechenland ließ die Kanzlerin erst den konservativen Samaras, dann den Linken Tsipras auflaufen. Seitdem steckt Griechenland noch tiefer im Schuldenturm, und die europäische Linke ist kopf- und ratlos.
Und dann gab es natürlich noch D. Cameron, der lange als engster Verbündeter der Kanzlerin galt. Auch er wollte die EU reformieren, auch er wurde abgewiesen. Die Folgen sind bekannt; der Brexit hinterlässt eine tiefe Wunde.
Fazit: Es geht längst nicht mehr “nur” um Macron. Es geht um die Frage, ob das “deutsche Europa” überhaupt noch reformierbar ist. Wenn die Antwort Nein lautet und auch Macron scheitert, könnte es übel werden – auch für Deutschland…
WATCHLIST:
- Um 11 Uhr wird Zar Putin für seine vierte Amtszeit vereidigt. Kommissionschef Juncker hatte ihm zur Wiederwahl gratuliert und eine “Sicherheitspartnerschaft” mit Russland gefordert. Heute gilt das in Brüssel als unsagbar und undenkbar. Wie schnell sich die Zeiten ändern – Skripal und Duma müssen herhalten, um Putin zum Feind zu machen…
WAS FEHLT
- Mehr Mut im Europaparlament. Zwar hat die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, I. Grässle (CDU), in einem Gastbeitrag für “Libération” nochmals das Selmayrgate verurteilt. Ein “Schlag gegen Europa” sei die Blitz-Beförderung Selmayrs durch Kommissionschef Juncker und Budgetkommissar Oettinger gewesen. Doch Konsequenzen fordert Grässle keine. Nur das Fazit lässt aufhorchen: Die Nach-Juncker-Ära haben begonnen. Das sagen wir ja auch immer, z.B. hier
Ein Europäer
8. Mai 2018 @ 07:59
Oh, hmm… So weit sind wir noch nicht in Europa, uns die richtigen Gedanken zu machen. Da gibt viele Leute in einem grossen, grossen Land, die ernsthaft glauben, dass jeder sich selbst helfen muss – selbst in der wirtschaftlichen Depression.
Ein Europäer
8. Mai 2018 @ 00:09
Tja, Frankreich ist fast isoliert und Macron ist ein EU-Alleingänger . EU Reformen, ein gemeinsames Budget, ein EU-Finanzminister und eine echte Fiskalunion wird es nicht geben. Die Franzosen werden früher oder später erkennen, dass Frankreich sich nach Westen umorientieren muss, also Richtung Großbritannien. Der FREXIT aus der Eurozone ist mMn eine Frage der Zeit.
Michelle
7. Mai 2018 @ 22:07
Mmmmh, tja…
Ob jetzt nun Renzi, Monti, Alexis Tsipras in Griechenland, etc.: Bis jetzt ist es eigentlich keinem einzigen wirklich gelungen, diese EU, beziehungsweise Europa tiefgreifend zu reformieren… Sie alle scheiterten nämlich an der permanenten Sturheit Deutschlands, hier Veränderungen hin zu einem sozialen Europa durchzusetzen!
Manfred Waltermann
7. Mai 2018 @ 08:22
Revolution und Reformation
Das Erstere können die Franzosen seit gefühlt ewigen Zeiten.
Nur die notwendigen Reformationen innerhalb ihres Staatswesens wurden dabei meisst vergessen.
Ds sollte Macron Mahnung und Verpflichtung sein.
Peter Nemschak
7. Mai 2018 @ 08:08
Wenn Macron scheitern sollte, dann am Widerwillen der Franzosen längst überfällige Reformen, die in anderen Ländern bereits stattgefunden haben, durchzuführen. Der Etatismus welcher die französische Wirtschaft lähmt, die traditionelle Staatsgläubigkeit sitzt den Franzosen, unabhängig von ihrer ideologischen Ausrichtung tief in den Knochen. Merkel oder Deutschland tragen daran keine Schuld. Mit paläosozialistischen Deutungsmustern lassen sich die Entwicklungen in Frankreich nicht erklären.
Oudejans
7. Mai 2018 @ 13:16
>>“Wenn Macron scheitern sollte, dann am Widerwillen der Franzosen längst überfällige Reformen, die in anderen Ländern bereits stattgefunden haben, durchzuführen.“
Was überfällig ist, entscheidet nicht die CDU. Wenn sie sich in diesem Wahn weiter suhlt, werden die Nachbarn bald wieder schießen.
Michelle
8. Mai 2018 @ 00:16
Doch doch… Das Problem ist Deutschland, und die Bundesregierung, weil die sich versperrt… Sie hören Macron nicht zu!