Es geht Erdogan gar nicht um die Flüchtlinge

Was will Erdogan? Das fragen sich viele EU-Politiker seit Beginn der Krise, die der türkische Sultan an der griechischen Grenze provoziert hat. Sein Außenminister Cavusoglu gibt nun eine Antwort – dabei geht es nicht um Flüchtlinge.

Dass die Migranten nur als Bauern auf dem geopolitischen Schachbrett dienen, haben schon viele vermutet. Auch Erdogans Blitzbesuch bei der Nato und seine Forderung, Nato und EU müssten ihn in Syrien unterstützen, deuten in diese Richtung.

Außenminister Cavusoglu bringt es nun – kurz nach Erdogans Abreise aus Brüssel – auf den Punkt: Neben Unterstützung bei seiner (völkerrechtswidrigen) Besatzungspolitik in Syrien erwartet die Türkei vor allem Hilfe für die marode Wirtschaft.

Die EU müsse das Zollabkommen mit der Türkei modernisieren und die Visavergabe liberalisieren, sagte Cavusoglu der staatlichen Anadolou-Nachrichtenagentur. Es sind die politischen Ziele, die 2016 in den Flüchtlingsdeal geschrieben wurden.

Sie wurden nie umgesetzt – weil sich Erdogan kurz darauf vollends in einen islamischen Despoten verwandelte und die EU die politischen Gespräche auf Eis legte. Doch nun sind sie zurück auf der Tagesordnung – und das nicht nur in Ankara.

Wie es der Zufall so will, fordert auch Kanzlerin Merkel in Berlin eine Art „Upgrade“ ihres gescheiterten Flüchtlings-Deals. Mit „aller Kraft“ wolle sie sich für eine „neue Stufe“ einsetzen, sagte die Kanzlerin – was Erdogan sicher gern gehört hat.

Wir erleben also eine Renaissance der Achse Berlin-Ankara, und das trotz der hybriden Kriegsführung gegen Griechenland und die EU. Und wir sehen, dass es Erdogan nicht um die Flüchtlinge geht, sondern um seine ganz eigene Agenda…

Siehe auch „Kein Fortschritt bei Erdogan-Besuch: Was die EU nun tun sollte“ und „Neue Flüchtlingskrise: Merkel soll es richten“

P.S. Erdogan lehnt es ab, die Situation an der griechischen Grenze zu bereinigen, wie es die EU fordert. Zitat laut Reuters: “We are not thinking of closing these gates. Our proposal to Greece is to open the gates. These people won’t stay in Greece. Let them cross from Greece into other European countries,” he said, calling for a “just, humane sharing” of the burden. – Damit fordert er Kommissionschefin von der Leyen und Ratspräsident Michel direkt heraus. Reaktion aus Brüssel? Keine!