“Erst Grenzschutz, dann Umverteilung” – gilt das noch?

Alle sprechen vom gescheiterten Flüchtlingsdeal mit Sultan Erdogan. Doch nach der Krise 2015 gab es in der EU noch eine weitere Abmachung: Erst müsse der Grenzschutz gesichert sein, dann könne man über Umverteilung sprechen. Gilt das noch?

Dies war eine der vielen Fragen beim Krisentreffen der EU-Inneminister in Brüssel. Erst einmal bekundeten alle ihre Solidarität mit Griechenland, das sich derzeit mit großer Härte gegen Migranten abschottet, die Erdogan an die Grenze geschickt hat.

Danach ging es um die Frage, ob es zu einer Umverteilung von bereits aufgenommenen Migranten geben könne, um Griechenland auch an dieser “Front” zu entlasten. Die Debatte kreiste um minderjährige unbegleitete Flüchtlinge auf den Inseln.

Bundesinnenminister Seehofer Seehofer drang auf eine europäische Lösung: “Es müssen möglichst viele mitmachen.” Zuerst müsse jedoch Ordnung an der Grenze geschaffen werden, so der CSU-Politiker.

Wesentlich offener zeigte sich Luxemburgs Asselborn. Jedes EU-Land solle pro halber Million Einwohner je zehn unbegleitete Minderjährige “aus diesem Loch herausholen”, schlug er vor. Luxemburg sei dazu bereit.

Doch von Polen, Ungarn und anderen Osteuropäern hörte man nichts. Dabei waren sie es, die 2015 und 2016 stets argumentiert hatten, über eine Umverteilung könne man erst reden, wenn die Außengrenze “dicht”ist.

Nun hat sich die EU an der türkischen Flanke abgeschottet – mit rechtlich fragwürdigen Mitteln. Nach den alten Absprachen wäre es nun an der Zeit, auch den zweiten Part des EU-internen Flüchtlingsdeals einzulösen.

Doch nicht einmal die EU-Kommission macht Druck – sie will erst Ende März einen Vorschlag vorlegen. Auch von möglichen Strafzahlungen für EU-Länder, die sich einer fairen Lastenteilung verweigern, hört man nichts mehr.

Gilt der EU-interne Deal noch – oder ist Solidarität ein Fremdwort geworden? Bleibt am Ende nur die Festung EUropa – mit ganz vielen Flüchtlingen in Deutschland und Schweden, und zunehmend rechtsradikaler Rhetorik in Ungarn?

Regierungschef Orban lässt neuerdings das Gerücht verbreiten, Einwanderer könnten das Coronavirus einschleppen. Das klingt nicht nach einem Umdenken – sondern eher nach einer weiteren Radikalisierung…

Siehe auch “Merkels Flüchtlingsdeal – das sollte man wissen und “Später Triumph für Orban, Salvini & Co.”

Watchlist

Was halten die EU-Staaten von Ursulas Mondfahrt und ihrem ersten Klimagesetz? Darüber wollen am Donnerstag die Umweltminister in Brüssel beraten. Deutschland steht auf der Bremse, Frankreich hingegen geht der Entwurf nicht weit genug. Auch Greta Thunberg fordert schnellere und radikalere Schritte. Deshalb will sie vor dem Brüsseler Ratsgebäude demonstrieren gehen… – Mehr hier

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