Facebook: Erhält die EU eine Lizenz zum Löschen?

Wenn Facebook-Chef Zuckerberg nach Brüssel kommt, schießen die Spekulationen ins Kraut. Diesmal geht es um die Frage, ob die EU-Kommission bald Zugriff auf unerwünschte Inhalte – im EU-Speak: „Desinformation“ – bekommen könnte.

Dieser Verdacht wird gleich von zwei Seiten genährt: Von Zuckerberg und von EU-Kommissarin Jourova, die für Grundrechte zuständig ist und regelmäßig vor „Desinformation“ aus Russland warnt.

Der Facebook-CEO veröffentlichte vor seinem Besuch in Brüssel einen Gastbeitrag in der „FT“. Demnach arbeitet er daran, externe Überprüfungen seiner Vorgehensweise beim Löschen von Inhalten zu ermöglichen. 

Nach dem Treffen mit Jourova gab es dann eine dürre Erklärung der EU-Kommission. Darin heißt es unter anderem:

I informed Mr Zuckerberg that I am dealing with disinformation and foreign interference, among other things. I want companies like Facebook to make an extra effort to help defend our democracies. This will require looking at transparency and oversight of algorithms to avoid decisions being taken in black boxes and in the ways they moderate content. We will also look on addressing bubbles through micro-targeting and ensuring improved access to data so we can all understand better what is happening on the platforms.

Die Kommissarin will also Zugang zu Algorithmen. Auch die „Moderation“ von Inhalten – gemeint ist wohl die Löschung – soll überwacht werden. Das Ganze im Kontext von „Desinformation und ausländischer Einmischung“.

Ich frage mich ja immer wieder, wieso das noch so ein großes Thema ist. Bei der Europawahl gab es keine größeren Störfeuer etwa aus Russland, wie die EU-Kommission selbst eingeräumt hat.

Und „ausländische Einmischung“ ist bei weitem nicht das größte Problem. Viel schlimmer ist die „Desinformation“ von Medienkonzernen à la Murdoch innerhalb der EU, die bekanntlich zum Brexit beigtragen hat.

Neuerdings erleben wir sogar Hetzkampagnen aus Ungarn und Spam-Attacken aus Polen. Doch dazu sagt Jourova nichts…

Siehe auch „Ärger über Spam-Attacke aus Polen“