Epizentrum Deutschland, Nachahmer EUropa – und der Fluch der Osterweiterung
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? Deutschland wird zum Epizentrum der Coronakrise – auch politisch. Die EU eifert China nach – vergeblich. Und die Osterweiterung wird zum Zankapfel – gefährlich.
Wenige Tage, nachdem Europa wieder zum Epizentrum der Coronakrise geworden ist, hat es auch Deutschland erwischt. In der vergangenen Woche meldete das größte EU-Land die höchsten Zahlen bei den Neuinfektionen – weltweit!
Die “vierte Welle” hat nicht nur zu einer Überlastung des deutschen Gesundheitssystems geführt (aus Bayern müssen Patienten sogar ausgeflogen werden). Sie hat auch die politische Klasse in eine noch nie dagewesene Krise gestürzt.
Für die EU ist das eine schlechte Nachricht. Sie hatte auf einen reibungslosen Machtwechsel in Berlin gehofft – und muß nun fassungslos mit ansehen, wie die Ära Merkel in einem Debakel endet, das auch ihren Nachfolger Scholz beschädigt.
Die Auswirkungen waren am Mittwoch sogar in Brüssel zu spüren. Merkels Parteifreundin von der Leyen passte ihren gesundheitspolitischen Diskurs schnurstracks an die neuen deutschen Narrative an und plädierte für eine Impfpflicht.
Der Vorstoß wurde mit eisernem Schweigen aufgenommen. Eine EU-weite Impfpflicht würde nicht nur erfolgreichere Länder wie Portugal, Spanien ,Frankreich oder Italien bestrafen, sondern auch die Spaltung in EUropa noch mehr vertiefen.
Too little, too late
Kühl fiel auch der Empfang für das neue “Tor zur Welt” aus, mit dem die EU der chinesischen Seidenstraße nacheifern will. Von der Leyen sprach zwar vom “Team Europa”, das ihre Vorschläge umsetzen soll. Doch die angesprochenen EU-Länder halten sich bedeckt.
“Too little, too late” – auch auf diese EU-Initiative passt der alte, aus der Eurokrise bekannte Spruch. China hat im Rennen um globale Netze längst die Nase vorn. In ihrer Not klammert sich die EU nun an die USA – gemeinsam will man Peking Paroli bieten.
Die Amerikaner sollen jetzt auch die Krise um die Ukraine lösen, die jederzeit in einen Krieg umschlagen könnte. Die EU hat sich aus den Vermittlungsversuchen verabschiedet – es ist die größte außenpolitische Niederlage der letzten Jahre.
Im Osten viel Neues
Doch nicht nur die Ukraine, die gesamte Osterweiterung wird zum Problem. Die EU-Mitglieder Polen und Ungarn machen ebenso Ärger wie die “Nachbarn” Belarus, Aserbaidschan und Armenien. Dort sprechen sogar wieder die Waffen.
Dass auch noch die Nato nach Osten drängt, macht die Sache nicht besser. Eigentlich sollte sie den Frieden an EUropas Ostflanke absichern, nun bereitet sie sich auf Krieg vor. Dabei hatten deutsche Politiker vor dieser Entwicklung gewarnt.
Nach der Wiedervereinigung haben sie Russland mehr oder weniger verklausuliert zugesagt, dass sich die Nato nicht bis vor dessen Haustüre ausdehnen werde. Doch das Versprechen wurde gebrochen, US-Truppen stehen nahe der russischen Grenzen.
Kein Wunder, dass sich Kremlchef Putin nun bedroht fühlt. Er fordert Sicherheitsgarantien und ein Ende der Nato-Osterweiterung. Doch statt auf die berechtigten Sicherheitsinteressen Russlands einzugehen, hat der Westen den Druck noch mehr erhöht.
Auf Dauer kann das nicht gut gehen…
Mehr Chroniken hier. Und hier noch die drei besten Blogposts der vergangenen Woche:
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