„Entscheidende Frage für die deutsche Wirtschaft“
Ein weitgehend unbekanntes Formular für Dienstreisen in der EU hat heftigen Streit ausgelöst. Es geht um die so genannte „A1-Bescheinigung“: Die Bundesregierung spricht von einer „entscheidenden Frage für die deutsche Wirtschaft“.
Die Arbeitgeber sehen in dem Formular, das auch bei kurzen Auslandsaufenthalten ausgefüllt werden muss, ein Bürokratiemonster. Die Gewerkschaften hingegen warnen vor Lohndumping.
Nun haben sich auch zwei Bundesminister eingeschaltet – und den Streit weiter angeheizt.
Es gehe um eine „ganz entscheidende Frage für die deutsche und europäische Wirtschaft und das Funktionieren des EU–Binnenmarktes“, schreiben Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) und Arbeitsminister Heil (SPD) in einem Brief an das Europaparlament.
Mit ihrem Vorstoß wollen die Minister auf eine geplante Revision Einfluß nehmen. Sie steckt in Brüssel fest – nicht zuletzt, weil Berlin auf der Bremse steht.
Um die „bereits jetzt mit den A1-Bescheinigungen verbundenen bürokratischen Lasten“ zu verringern, sollte die Antragspflicht zeitlich begrenzt werden, fordern Altmaier und Heil.
Ihre Empfehlung: Für „kurze und kurzfristige Tätigkeiten“ sollte „eine grundsätzliche Ausnahme“ von der Antragspflicht gelten. Reisen von sieben bis 30 Tagen sollten ausgenommen werden.
Dass die Bundesregierung sich so offensiv einschaltet, ärgert die Gewerkschaften. Der DGB teile die Haltung von Altmaier und Heil „in keinster Weise“, schreibt das für Sozialpolitik zuständige DGB-Vorstandsmitglied Buntenbach in einem Antwortbrief.
Buntenbach appelliert an die deutschen Europaabgeordneten, wirksame Regeln gegen Sozialdumping zu schaffen und die bestehenden EU-Vorschriften nicht zu verwässern.
Der Streit kommt für Deutschland zur Unzeit. Denn im Juli übernimmt Berlin den halbjährlich wechselnden EU-Vorsitz. Die Arbeits- und Sozialpolitik soll dabei ein Schwerpunkt werden.
Vielleicht liegt es daran, dass man den Konflikt unter dem Deckel hält? Selbst die Briefe aus Berlin richten sich nur an deutsche Europaabgeordnete…
Dies ist die gekürzte Fassung eines Beitrags für die „taz“. Siehe auch „Renten kürzen, Lohn deckeln: Was Brüssel so alles empfiehlt“
Fidas
9. Februar 2020 @ 09:58
Mit der A1-Bescheinigung weist ein Unionsbürger bei Fortsetzung oder Aufnahme einer Arbeit in einem anderen EU-Staat das Fortbestehen der Zuständigkeit der sozialen Sicherung seines Herkunftsstaates nach. Kein weiterer Staat kann zuständig sein und daher entsprechend Sozialbeiträge erheben( Es gelten die Verordnungen (EG) 883/2004 und deren Durchführungsverordnung 987/2009 ).
Die deutschen Gewerkschaften geht es um die allgemeine Einhaltung , damit entsprechend auch hier pedantisch kontrolliert werden kann. Wird letztendlich aber nicht die prekäre Situation der arbeitenden Menschen in DE und der EU nachhaltig verbessern.
Die “Märkte“ haben das sagen und die EU müsste ihre Einstellung zum “Arbeitsmarkt“ vorerst grundsätzlich ändern , damit EU-Europa auch zum Schutzgebiet für arbeitende Menschen dieser Welt werden kann.
Viel Glück EU, an der A1-Bescheinigung wird es wohl nicht scheitern .
Peter Nemschak
9. Februar 2020 @ 12:12
„Die EU müsste“. Das „müsste“ (sollen) ist schwieriger als das „ist“ (sein). In unserer technologisch grenzenlos Gesellschaft hat sich auch der Arbeitsmarkt verändert. Daran kann auch die EU nichts ändern.
Fidas
9. Februar 2020 @ 21:17
Genau. Auch das traditionelle Arbeitsrecht ist nicht in der Lage die heutigen Probleme der arbeitenden Menschen zu meistern.
Michael Arnoldt
8. Februar 2020 @ 17:55
Häää ??
Dienstreisen ? A1 ? geht es um Reisen auf der Autobahn A1 ?
Verstehe kein Wort !
Peter Nemschak
8. Februar 2020 @ 14:24
Der Geist des bürokratischen Obrigkeitsstaates weht durch die Lande. An den Formularen aus Recycling-Papier werden wir genesen. Vielleicht braucht es eine Reformkomission zur Erarbeitung von Vorschlägen aus der Bevölkerung, welche als Grundlage für die interministerielle Diskussion einer Leitlinie für die zukünftige Virtualisierung von einschlägigen Formularen dienen soll. Die Schildbürger: sie leben, welch ein Wunder.
ebo
8. Februar 2020 @ 14:35
In Belgien gibt es für die Meldung eine App – doch in Deutschland ist man noch nicht so weit 🙂