Ende eines Geschäftsmodells

Zypern und die Eurogruppe haben sich in letzter Minute auf ein Hilfspaket geeinigt. Doch nach dieser “Rettungs”aktion wird Europa nicht mehr dasselbe sein. Mit Bail-in und Zwangsabgabe, EZB-Ultimatum und Kapitalkontrollen ist Willkür in die Währungsunion eingezogen.  Und die deutsche Dominanz ist stärker denn je.

An Zypern wird gerade ein Exempel statuiert. Die Frage ist nur, welches. Nach neuer deutscher Lesart geht es darum, ein untragbar gewordenes “Geschäftsmodell” abzuwickeln. Mit Geldwäsche, Steuerbetrug und Zocker-Geschäften soll ein für allemal Schluss sein.

Finanzminister Schäuble gibt sich nicht zuletzt deshalb so hart, weil er von SPD und Grünen getrieben wird. Es ist schließlich Wahlkampf in Deutschland, jeder möchte einmal Schulmeister spielen.

Doch in Wahrheit geht es schon längst nicht mehr darum, die „Russen-Mafia“ zu bändigen oder der Insel ein „neues Geschäftsmodell“ zu verpassen (welches denn?). Das sind bloß Nebenkriegsschauplätze.

Das eigentliche Exempel wird nämlich nicht an Zypern, sondern an ganz Europa durchexerziert. Es zeigt, was passiert, wenn sich die Eurochefs zu Herren über Politik und Wirtschaft ganzer Länder erheben.

Die versuchte Zwangsenteignung der zyprischen Sparer war dabei nur der Anfang. Kaum dass der offenbar in Berlin ausgeheckte Angriff auf die Sparer abgewehrt war, kam gleich die nächste Attacke, diesmal aus Frankfurt.

Die Europäische Zentralbank setzte Zypern die Pistole auf die Brust und stellte ein Ultimatum: Bis zum heutigen Montag muss Nikosia einlenken, sonst wird der Geldhahn zugedreht. Zudem forderte sie Kapitalkontrollen auf der Insel.

In der Praxis ist der Euro auf Zypern damit nichts mehr wert; die Insel ist vom Zahlungsverkehr der Eurozone abgeschnitten. Zudem hat die EZB ihre eigene Maxime verraten, alles zu tun, um den Euro und seine Mitglieder zu retten.

Und das ohne Not: Denn nachdem die Stützung der Pleite-Insel bereits um neun Monate verschleppt wurde (der Hilfsantrag kam schon im Juni 2012), kommt es auf einen Tag mehr oder weniger nun auch nicht mehr an.

Auch die Eurochefs handeln willkürlich. Willkürlich sind die Summen, die sie als “Eigenbeteiligung” fordern. Willkürlich ist ihr Eingriff in die zyprische Wirtschaftsstruktur. Selbst Luxemburg ist deswegen sauer.

Zudem lenken sie davon ab, dass sie geschworen hatten, den Teufelskreis zwischen Banken- und Staatsschuldenkrise zu durchbrechen. Dies wurde sogar auf EU-Gipfeln beschlossen – und gleich durchlöchert.

Von den Folgen dieser Willkür dürfte sich Europa nicht so schnell erholen. Die Euroretter sind völlig unberechenbar geworden. Was sie gestern sagten, gilt heute schon nicht mehr. Künftig scheint alles möglich.

Auch wenn Zypern doch noch in letzter Minute „gerettet“ wurde, so weiß nun jeder: Auf Recht und Gesetz kann man sich nicht mehr verlassen. Am Ende zählt nur, was Berlin will – und was Frankfurt zulässt.

Aus der Währungsunion ist ein Schreckensregime geworden. Und zwar nicht nur für die Zocker auf Zypern. Wer auch immer als nächstes “gerettet” werden muss, sollte sich auf das Schlimmste gefasst machen.

Wenn Europa ein “Geschäftsmodell” wäre, so würden die Kunden nun in Scharen davonlaufen. Aber der bizarre Vergleich aus der Wirtschaft hinkt – sowohl für Brüssel wie auch für Nikosia.

Denn Zypern ist nicht etwa wegen seines Bankensektors in die Krise geraten – sondern wegen der verfehlten Griechenland-“Rettung”. Schäubles Schuldenschnitt hat Zyperns Banken ruiniert, die stark in Griechenland exponiert waren.

Aber das darf man dem deutschen Michel natürlich nicht sagen – es ist ja Wahljahr! Und da soll bloß niemand merken, dass auch das “Geschäftsmodell” dieser Regierung überholt ist…

Siehe zu diesem Thema auch “Deutsches Europa” und  “Zwangsjacke Euro”