Eine Schlüsselrolle für die Türkei – ausgerechnet

Ausgerechnet die Türkei könnte von dem westlichen Debakel in Afghanistan profitieren. Die USA und ihre Alliierten haben ihr eine Schlüsselrolle zugewiesen, Sultan Erdogan hofiert die Taliban.

Wer hat einen Vorteil vom mißglückten Abzug aus Afghanistan? China und Russland, heißt es in Brüssel. Reflexartig beschuldigen EU-Politiker die üblichen Verdächtigen – nicht zuletzt, um ihre eigenen Fehler zu vertuschen und neue Einsätze vorzubereiten.

Die Türkei hingegen hat niemand auf dem Schirm. Dabei hat Nato-Generalsekretär Stoltenberg dem Land ausdrücklich für die Sicherung des Flughafens in Kabul gedankt. Die USA wollen sogar, dass die Türkei auch nach dem Abzug ihrer Truppen den Airport sichert.

Ausgeschlossen ist das nicht, Verhandlungen mit den Taliban laufen. “Nachdem unsere Soldaten abgezogen sind, können wir den Betrieb des Flughafens fortsetzen. Die Gespräche laufen weiter”, sagte Präsidentensprecher Ibrahim Kalin dem Sender NTV.

Deutschland wäre das sicher recht – schließlich hofft Berlin ja auf zivile Evakuierungsflüge auch nach dem Abzug der Bundeswehr. Kanzlerin Merkel unterhält gute Beziehungen zu Sultan Erdogan – auch wenn dieser die Werte der EU mit Füssen tritt.

Derweil umwirbt Erdogan die Taliban. Er sei zu einem Treffen mit den neuen Machthabern bereit, erklärte der Sultan. Konflikte gebe es keine, sagte er mit Verweis auf die gemeinsame islamische Religion. Die Taliban äußerten sich wohlwollend. Zitat:

“We want good relations with Turkey. Turkey is our brother. We have many points in common, based on faith. We want Turkey to leave the past and return to the present and the future. After that, we can ask for dialogue,” Zabihullah Mujahid told the Arabic broadcasting service of Turkey’s public broadcaster, TRT.

Quelle: MedyaNews

Sollte die Annäherung gelingen, wäre dies ein weiterer strategischer Erfolg für Erdogan. In Syrien, Libyen und Aserbaidschan hat er sich bereits in den Vordergrund gespielt, gern auch unter Einsatz von islamischen und islamistischen Söldern.

Wieso sollte er sich nicht auch mit den Taliban vertragen? Die USA und die Nato hindern ihn offenbar nicht daran, im Gegenteil. Und Deutschland und die EU zählen für Erdogan ohnehin kaum noch – oder nur, wenn es ums Geld geht…

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P.S. Die USA haben nicht “zugelassen”, dass die Taliban an die Macht zurückkehren, sondern dies war seit vielen Jahren ihr Ziel. Dies schreibt der britische Professor für Internationale Politik Lee Jones im “Makroskop”. Wenn das stimmt, dann passt die Annäherung an die Türkei ja perfekt in die “Grand Strategy” der Amerikaner….

P.P.S: Außenminister Maas geht auf Tour, um die Scherben seiner Afghanistan-Politik einzusammeln. Sein erstes Ziel ist die Türkei – was sonst?