Eine neue Flüchtlingsquote? – Schau’n mer mal
Deutschland, Frankreich, Italien und Malta bereiten eine neue Quotenregelung zur Verteilung von Flüchtlingen in Europa vor. Sogar Bundesinnenminister Seehofer bewegt sich – ein bißchen.
Die Ankündigung ging in den bunten Meldungen des Wochenendes unter. Dabei könnte sie eine Wende in der seit Jahren festgefahrene Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU einleiten.
Deutschland und Frankreich wollen künftig jeden vierten Flüchtling (gemeinsam also jeden zweiten) aufnehmen, der nach einer Seenotrettung in Italien an Land gegangen ist.
„Wenn alles bleibt wie besprochen, können wir 25 Prozent der aus Seenot geretteten Menschen übernehmen, die vor Italien auftauchen“, sagte Seehofer der „Süddeutschen Zeitung“.
„Das wird unsere Migrationspolitik nicht überfordern“, fügte der CSU-Politiker hinzu. Die Zahl Geflüchteter bleibe überschaubar, man habe auch bisher schon rund ein Viertel der Geretteten aus Italien übernommen.
Neu ist, dass Seehofer sich von der Illusion verabschiedet, die Boat People könnten zunächst in Auffanglagern in Nordafrika registriert bzw. festgehalten werden. Die Maghreb-Staaten spielen nicht mit.
Neu ist auch, dass Italien an Bord ist. Seit dem Abgang des rechtslastigen Innenministers Salvini sträubt sich die Regierung in Rom nicht mehr dagegen, die Häfen für Seenotretter zu öffnen.
Bis zu einem verbindlichen Quoten-System ist es allerdings noch ein weiter Weg. Die Quote soll zunächst vorläufig bei einem Treffen der EU-Innenminister am 23. September in Malta vereinbart werden.
Danach sollen auch die Staats- und Regierungschefs zustimmen – und möglichst noch mehr EU-Staaten an Bord holen. Bisher hat es an dieser Stelle – also beim EU-Gipfel – immer gehakt.
Zudem fehlt weiter eine EU-weite Seenotrettung. Die bisher dafür zuständige Marine-Mission „Sophia“ wurde zwar gerade erst verlängert – doch sie verfügt über kein einziges Boot…
Siehe auch „Der Streit um die Flüchtlingspolitik – kurz erklärt“ und „Nur noch Scheinlösungen“
Peter Nemschak
17. September 2019 @ 15:13
@Kwasir Umso mehr braucht es eine kontrollierte beschränkte Migration inkludierend einen Aufenthalt auf Zeit. Schließlich hat die EU Interesse daran, dass gut ausgebildete Menschen in ihre Heimatländer zurückkehren und diese entwickeln. Wir müssen uns von dem Gedanken lösen, dass wir alle, die vielleicht aus gutem Grund ihre Heimat verlassen müssen, bei uns aufnehmen können. Dass die bestehende Flüchtlingskonvention aus 1951 nicht geeignet ist mit Massenmigration fertig zu werden, haben Politiker wie Merz in Deutschland und Kurz in Österreich erkannt. Statt ideologischer Justamentstandpunkte wäre eine sachliche Diskussion geboten.
ebo
17. September 2019 @ 15:37
Dies ist ein wichtiger Punkt. Die EU sollte sich auch um Integration und Rückkehr von Flüchtlingen kümmern, nicht nur um Aufnahme, Verteilung und Abschiebung.
Victor
17. September 2019 @ 12:23
@Kwasir
Nachhaltig wäre „OLAF “ Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung aufzustocken und gezielt mit der EU Staatsanwaltschaft gegen Betrug und Korruption in der EU vorzugehen
Kwasir
16. September 2019 @ 16:33
Da geht mir doch einiges durcheinander. Festzuhalten ist , dass es im EU Recht keine ‚Obergrenzen‘ gibt wohl aber den dem europäischen Wertekanon zugeordneten humanitären Anspruch auf vorübergehenden Schutz von Bedürftigen (s.u.a. Art 78 AEUV, Asylrecht, Genfer Flüchtliongskonvention …). Als einer, der trotz aller Widrigkeiten von der Notwendigkeit eines geeinten und humanitären, nicht exklusiven Europas überzeugt bin, würde ich das nicht als eine „absolutistische Ideologie“ bezeichnen, mal ganz abgesehen davon, dass diese Rechtslage nicht von den Linken/Grünen geschaffen wurde… Auch kenne ich keine „illegale“ Menschen, höchstens „irregulär“ Eingewanderte oder ohne Rechtsstatus Aufhaltende, was wären denn sonst „Legale“. Wer keine Probleme hat von der materiellen/finanziellen Freizügigkeit der Globalisierung zu profitieren, sollte auch mit der Migrationsfrage (die ja nicht identisch ist mit dem Problem der um ihr Leben bangenden Kriegs-/Krisenflüchtlinge) umgehen können. Die Frage wer diese nicht regulär Eingewanderten ‚wünscht‘ sollte besser den Gemüsebauern im Süden Europas gestellt werden, ohne illegale (hier passt deer Begriff) Hungerlohnjobs würde der derzeitige Obst-Gemüsemarkt kollabieren !
Peter Nemschak
16. September 2019 @ 17:42
Die Frage ist, ob die gegenwärtige Rechtslage geeignet ist mit den heutigen Realitäten fertig zu werden. Die Zeiten sind Geschichte, in denen Kriege einen definierten Anfang und ein definiertes Ende hatten. Der Klimawandel als Fluchtgrund ist keineswegs temporär. Was heißt unter diesen Umständen temporäre Schutzbedürftigkeit ? In erster Linie sind unsere Wohlfahrtsstaaten den auf ihren Territorien lebenden Bürgern verpflichtet. Kommen Sie dieser Verpflichtung nicht nach, werden rechte Parteien weiter Zulauf bekommen.
Kwasir
17. September 2019 @ 11:34
Völlig d’accord: von den zwei Seiten des Klimawandels – Vermeidung und Anpassung – wird der ‚Anpassung‘ an die klimabedingte Migration kaum Aufmerksamkeit zuteil. Man redet zwar viel von der „Bekämpfung der Fluchtursachen“, erfasst damit aber nicht die durch die fortschreitende Klimaerwärmung die aktuellen und in den nächsten Dekaden immer deutlicher spürbaren Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von hunderten Millionen Menschen. Die meisten werden versuchen, sich durch Binnenmigration erneut sesshaft zu werden. Stärker noch als dies heute bereits der Fall ist, werden aber die ‚Besten‘ der insb. jungen Männer versuchen, auch in Europa Arbeit zu finden um einen Teil ihres Lohnes (remittances) ihren Familien zu schicken.
Eine Anpassung des Rechtsrahmens setzt einen breiten gesellschaftlichen Konsens voraus, der, neben der ernsthaften Gefährdung Sicherheit der EU Bürger und der Erhaltung ihres sehr hohen Wohlstandsniveaus, auch die den EU Wertekanon berührende Frage des – als ultima ratio -Schusswaffengebrauchs zur ‚Grenzsicherung‘ miteinbeziehen sollte. Wenn es das Ziel sein sollte, Wanderung zu verhindern, dann stehen die dafür erheblichen erhebliche Mitteltransfers dem Ziel der Erhaltung des aktuellen Wohlstandsniveaus entgegen, von den anderen Problemen (s. Rohingyas, religiös-ethnischen Inkompatibilitäten) gar nicht zu reden …
Peter Nemschak
16. September 2019 @ 12:18
Die Einwanderung wird von jenen gewünscht, die in absehbarer Zeit in Rente gehen und im Wege des Umlageverfahrens versorgt werden wollen. Ohne Migration kommt es zur Schrumpfung der Bevölkerung. Die Kosten der Integration muss der Steuerzahler übernehmen, der ein Interesse daran hat, dass aus Integrationskosten in naher Zukunft zusätzliche Steuerträge werden. Daher auch das Interesse an der Abschiebung nicht integrierbarer Personen. Mit steigender Bildung der Frauen sinkt die Anzahl der Kinder, die sie gebären wollen. Es bestehen berechtigte Zweifel, ob Kinderförderung wie sie Orban betreibt, zu einem Anstieg der Geburten in Ungarn führen wird.
Kleopatra
15. September 2019 @ 20:21
DieVorstellung, dass nur ein Viertel, und nicht alle, der angelandeten Migranten nach Deutschland kommen, setzt voraus, dass sie nicht nur in andere EU-Länder gebracht werden, sondern dort auch entweder freiwillig bleiben oder – wenn sie das verweigern – dazu gezwungen werden. Dabei haben sie sehr konkrete Vorstellungen davon, wo sie hinwollen, und sie notfalls auch gegen ihren Willen auf Länder zu verteilen, ist so hirnrissig, dass man mit Angela Merkel koalieren muss, um das für möglich zu halten. Einer der Kritikpunkte mittel-osteuropäischer Politiker an Merkels Umverteilungszwang von Herbst 2015 war ja gerade der Einwand, dass die Leute ohnehin den nächsten Zug nach Deutschland nehmen würden, sobald sie sich frei bewegen könnten. Die Vorstellung, einen anderen EU-Staat vorher zu ihrerPro-Forma-Registrierung zu verpflichten, erschien ihnen wie ein idiotischer Witz.
Da allerdings Merkel heute eine lahme, wenn nicht eher schon sterbende Ente ist, wird eine solche Maßnahme nicht noch einmal so durchgepeitscht werden können.
Peter Nemschak
15. September 2019 @ 20:53
Es führt kein Weg daran vorbei, die legale Einwanderung von Flüchtlingen pro Jahr zahlenmäßig zu beschränken und Illegale abzuweisen. Das würde endlich einen klaren unmissverständlichen Diskurs schaffen gegen den sich die Linken inklusive die Grünen mit Händen und Füßen wehren und der die Bürger in die Arme der Rechten, welche sich anbieten für die Rechte der Ortsansässigen einzutreten, treibt. Jedenfalls muss für Asylsuchende eingeschränkte Mobilität gelten und ein Prioritätssystem dergestalt, dass wer aus den Flüchtlingslagern heraus will, kurze Wartezeiten für ein unattraktives Zufluchtsland und lange für ein attraktives in Kauf nehmen muss. Mit der Verteilung allein ist es nicht getan.
Holly01
16. September 2019 @ 10:33
Ich würde den Diskurs genau anders herum aufziehen, denn da zeigt sich genau die Lücke, um die alle herumreden.
– Wer wünscht die Einwanderung?
– Warum wird die Migration für nötig gehalten?
– Wer soll die Kosten für die Integration übernehmen?
– Wieso (und das ich keine rechte Frage sondern eine Kernfrage) haben wir nicht die Menschen in Deutschland, die Deutschland benötigt? Das ist die Frage nach der Familienpolitik und die Frage nach dem „Kinder sind das Risiko Nummer eins für Armut“.
Hopla, da ist schweigen im Walde.
Die Industrie und ihre Vertreter haben ja getönt, wie sehr man die Leute braucht und das der Arbeitsmarkt die „aufsaugen“ würde.
Armut und prekäre Beschäftigung ist aber immer noch primär weiblich und mit Migrationshintergrund.
Sollten wir vielleicht erst unseren Sozialkrieg in Deutschland den die 45 Familien gegen den Rest führen beilegen und die Strukturen schaffen, die ein Einwanderungsland bräuchte?
Ich denke das ist keine Frage die nur ein Nazi stellt, sondern eine berechtigte Frage am rand einer Rezession und einer sich steigernden Nullzinspolitik.
vlg
Xaver Philipp Schlesinger
15. September 2019 @ 17:35
Gemessen daran dass mindestens die deutsche Bundesregierung am jüngsten Regierungswechsel in Italien mitgewirkt haben soll, könnte dies die Rechnung sein. Mit diesem Coup wurden Salvini und die Lega aus der Regierung entfernt. Gleichzeitig hat man ihnen damit aber auch die Rolle der Märtyrer geliefert. Und dazu kommt dass die Migrationspolitik der geschlossenen Grenzen auch unter der Wählerschaft der Movimento 5 Stelle mit 70% und der gesamten Wählerschaft mit 52% befürwortet wird. Eine Abkehr der Politik der geschlossenen Grenzen könnte Salvini und der Lega also noch mehr Zulauf als ohnehin schon geben.
https://einfache-standards.blogspot.com/2019/09/auenpolitik-alte-karten-fur-italien-wie.html
Immer öfter erscheint es mir so als ob alle den neuen Rechten à la Lega und AfD helfen wollen. Die neuen Rechten à la Lega und AfD werden nicht trotz sondern wegen ihrer Versprechen gewählt.
MfG
XPS
Peter Nemschak
15. September 2019 @ 19:15
Es muss einen kontrollierten pragmatischen Mittelweg zwischen offenen und geschlossenen Grenzen geben statt ideologischem Absolutismus.