Ein Herz für die Finanzlobby
Dass die EU ein offenes Ohr für die Finanzindustrie hat, ist bekannt. Dass sich die Lobbyisten vor allem auf das Europaparlament stürzen, auch. Aber nun erreicht der Filz eine neue Dimension.
Nach übereinstimmenden Berichten hat der CSU-Europaabgeordnete M. Ferber nämlich seine Interessen als Berichterstatter des Parlaments und als Diener der Finanzlobby vermischt.
Konkret: Ferber hat die Richtlinie über Finanzmarktinstrumente (MiFID II) mit ausgearbeitet – und sein Wissen dann offenbar für die Vermarktung von MiFID-Dienstleistungen und Finanzinstrumenten genutzt.
Ferber will dafür kein Geld kassiert haben. Doch selbst wenn das stimmen sollte, wäre es nicht in Ordnung. Man kann nicht Richter sein und gleichzeitig die Angeklagten informieren und beraten.
Schon gar nicht in einer Zeit, die durch eine nie dagewesene Finanzspekulation und wiederholte Finanzkrisen gekennzeichnet ist. Das sollte eigentlich auch einem CSU-Mann klar sein!
Noch fordert niemand Ferbers Rücktritt. Doch der linke Finanzexperte De Masi sieht systematische Schwachstellen, die das Europaparlament endlich ausbessern muss. Zitat:
Die Regeln zu den finanziellen Interessen sind schwächer als im US-Kongress. Dort ist es Abgeordneten untersagt in Ausübung ihres Mandates externen Interessen zu dienen. Zudem wurden Abgeordnete in der Vergangenheit bei Verstößen gegen den Verhaltenskodex unzureichend durch den Parlamentspräsidenten sanktioniert.
Bisher hatte Brüssel ein großes Herz für die Finanzlobby. Ob sich daran nun etwas ändern wird?
Oudejans
22. September 2017 @ 14:40
>>”Ob sich daran nun etwas ändern wird?”
Eben bekomme ich einen Antrag von Fröschen herein, denen ihr Tümpel zu feucht ist.
Peter Nemschak
21. September 2017 @ 13:17
Was hat Ferber konkret gemacht? Ungeschickt oder unkorrekt gehandelt? Die komplexen aufsichtsrechtlichen Regularien müssen, um wirksam zu sein, den Akteuren “verkauft”, sprich nahe gebracht werden, um wirksam zu sein. Die Zusammenarbeit zwischen den Banken und der Aufsicht muss sich nicht in einem Freund/Feind-Verhältnis abspielen. Bei aller Distanz gehört auch ein Vertrauensverhältnis zwischen der Aufsicht und den Beaufsichtigten dazu, insbesondere um ein gemeinsames Verständnis der Auslegung der immer komplexer werdenden Vorschriften sicher zu stellen. Großbanken haben in der Regel Liaison-Officer, welche regelmäßig Kontakt zur Aufsicht halten und deren Aufgabe darin besteht, frühzeitig Informationen über zukünftige Entwicklung zu bekommen, da diese mit einem hohen IT-Aufwand bei den Akteuren verbunden sind. Vertrauen wird dadurch aufgebaut, dass der Aufsicht von den Akteuren ein möglichst hohes Maß an Transparenz geboten wird und festgestellte Mängel zeitnah beseitigt werden.