Ein Hauch von Hoffnung
“Die Kuh muss vom Eis”: mit diesem launigen Spruch hat Kommissionschef JUncker die wohl letzte Runde im Schuldenstreit mit Griechenland eingeleitet. Und siehe da: sie bewegt sich.
Nach Gesprächen mit JUncker und Kanzlerin Merkel rückte Premier Tsipras vom Limit 0,75 Prozent beim Primärüberschuss ab. Er will nun die 1,0 Prozent schlucken die die Gläubiger fordern.
Die Geldgeber wiederum stellen die umstrittene Arbeitsmarktreform zurück. Und bei den Renten scheint es auch Bewegung zu geben.
Die Frage ist, ob das reicht, um die Hardliner in der Eurogruppe zu überzeugen. Finanzminister Schäuble wird mittlerweile von Finnen und Balten recht überholt.
Sicherheitshalber hat Merkel schon mal alle Schuld für ein mögliches Scheitern weit von sich gewiesen. Sie habe alles getan um einen Grexit abzuwenden, nun müsse sich Tsipras mit der Troika verständigen.
Es klang wie eine Drohung – denn an dieser Hürde sind schon X Vermittlungsversuche gescheitert… – Mehr zur Schuldenkrise in Griechenland hier und hier (eine neue Grexit-Seite)
Peter Nemschak
12. Juni 2015 @ 00:03
Ich verstehe, dass Merkel, solange die Verhandlungen laufen, ihr eigentliches Ziel (Grexit ja oder nein) aus verhandlungstaktischen Gründen nicht nennen kann ohne die Position Deutschlands zu schwächen. Interessant wird, wie sie das Ergebnis, wie immer es aussehen mag, begründen wird. Ich könnte mir vorstellen, dass das bestehende Hilfsprogramm gegen noch auszuhandelnde Reformen verlängert und der IMF ersetzt wird. Eine Schuldenreduktion ist die politisch am schwierigsten durchsetzbare Maßnahme und wird daher hinausgeschoben werden. Angesichts der geringen Zinsen und der langen Fälligkeitsstruktur wäre der cash-wirksame Entlastungseffekt einer Schuldenreduktion für Griechenland ohnehin gering.
Peter Nemschak
11. Juni 2015 @ 21:30
@ebo was hätte sie tun sollen? Die Unterstützung in den eigenen Reihen für Tsipras unrealistische Politik ist enden wollend. Die Idee der griechischen Linken, die Wirtschaftspolitik in der EU revolutionieren zu wollen war ein Akt grober Selbstüberschätzung und Arroganz. Warum nicht gleich Weltrevolution machen? Eine Meinungsumfrage in Griechenland hat ergeben, dass die Mehrheit der Griechen nicht mehr hinter der Art zu verhandeln ihrer Regierung steht. Auch für sie wird das Spiel mit dem Grexit langsam unheimlich.
ebo
11. Juni 2015 @ 21:50
@Nemschak In Wahrheit ist Berlin das größte Hindernis für eine Einigung. Merkel besteht auf der Teilnahme des IWF, lehnt aber den Schuldenschnitt ab, den der IWF fordert. Das führt zu höheren Kürzungs-Forderungen, die wiederum Athen und die EU-Kommission ablehnen. Merkel war es auch, die die Ablösung der Troika ablehnte, gleichzeitig aber neue Sonderformate (Merkel-Hollande, Gläubiger-Gipfel in Berlin) einführte. Und ihr Finanzminister Schäuble war es, der schon im Februar ein alternatives Mandat der Eurogruppe in der Luft abschoss – aus Angst, es könne sich ein “Brüsseler Konsens” bilden…
GS
11. Juni 2015 @ 20:56
Schon wieder überholt, oder?
ebo
11. Juni 2015 @ 21:00
Yepp, obwohl ich den richtigen Riecher hatte, dass das mit der Troika eine Falle war. Das kennen wir ja schon aus früheren Aufführungen: Irgendein Troikaner reist ab, meist auf Anweisung, um den Druck zu erhöhen. Derweil kann Merkel sagen, sie hätte alles für Tsipras getan. Hat sie eben nicht!
Johannes
11. Juni 2015 @ 17:18
Och bitte, am Ende werden wir Deutschen wie immer dazu gezwungen werden, zu zahlen. Dazu sind wir Deutsche doch da, um uns von Brüssel und den EU-Fans beschimpfen zu lassen und anschließend zur Zahlung gezungen zu werden.
Das nennt das EU-Parlament übrigens Demokratie *hahahaha.
Peter Nemschak
11. Juni 2015 @ 16:19
Es wäre an der Zeit den Bürgern die Vor- und Nachteile diverser Alternativer zu erklären: Verbleib in der Eurozone mit Reformbedingungen, Grexit hart oder Grexit weich, d.h. abgefedert mit Hilfen, abhängig von Reformen. Alles hat Vor- und Nachteile und sollte emotionslos diskutiert werden. Derzeit reduziert sich die Diskussion in den Medien auf das Niveau eines mittelmäßigen Boxkampfs. Was sind die übergeordneten und nachgelagerten Ziele im Hinblick auf die fortschreitende Integration Europas. Derzeit besteht nicht einmal Einigkeit darin, ob Europa in Zukunft den Status einer Weltmacht oder eines marginalisierten Staatenbundes zwischen China (samt Anhang) und den USA (samt Anhang) haben soll. Wenn Russland so weitermacht, wird es sich zu einer militärisch überrüsteten Mittelmacht ohne Softpower entwickeln und technologisch das Schicksal der untergegangen Sowjetunion erleiden.