Ein gefährliches Weltbild
Sein oder nicht sein – das ist heute die Frage für Großbritannien und die EU. Doch hinter der scheinbar schicksalhaften Entscheidung stecken auch handfeste wirtschaftliche Interessen – und Ideologien.
Von Helmut Scholz, MEP*
[dropcap]W[/dropcap]enn heute Bürgerinnen und Bürger im Vereinigten Königreich über den Verbleib in bzw. den Austritt aus der Europäischen Union in einem landesweiten Referendum abstimmen, wird schnell eine Brücke zu Shakespeare und seinem Hamlet – um Sein oder Nicht sein …- geschlagen: von Befürwortern des Brexit als auch von den Gegnern.
Es gehe um das Wohl und Wehe der politischen und wirtschaftlichen Zukunft Großbritanniens. Beide Seiten in dieser Abstimmung nutzen ganze Breitseiten von Zahlen, Argumentationen, kurz-, mittel- und langfristigen Prognosen über Vorteile oder Nachteile und damit auch immer dramatischer gezeichneter Schreckensszenarien, was das Votum am 23. Juni bedeuten wird – mit dem Ziel, die politische Auseinandersetzung zum eigenen Nutzen zu gewinnen.
Denn obwohl ursprünglich als innerparteiliche Positionsbehauptung Camerons bei den Tories und zugleich als Versuch des Zurückdrängens der Landgewinne der entschiedenen EU-Austrittsbefürworter der britisch- nationalistischen UKIP Partei um Nigel Farage angelegt, entscheiden nun tatsächlich der Bürger und die Bürgerin über den Brexit.
Und auf einmal wird ein demokratisches Plebiszit ernster Fakt mit weitreichendsten Folgen, für das Vereinigte Königreich, aber auch für alle anderen 27 Mitgliedstaaten der EU und das institutionelle und wirtschaftliche Gesamtgefüge der EU. Ein Punkt übrigens, der in den EU-Verträgen gar nicht vorgesehen ist.
Es rächt sich heute in Großbritannien, dass die Position Margret Thatchers “I want my Money back” (ich will mein Geld zurück) bis heute das grundlegende Verständnis britischer Europapolitik zum Ausdruck bringt und Handlungsmaxime aller britischen Regierungen von konservativer-, liberaler- und Labour-Parteienkonstellation war und ist.
Es bringt auch das grundsätzliche, marktliberale Verständnis auf den Punkt: Großbritannien hat stets vor allem auf die Wahrnehmung eigener Interessen als Maßstab für das Zulassen bzw. Weglassen gemeinschaftlicher Regelungen gesetzt: So viel Markt wie möglich, so wenig soziale und andere gemeinschaftlichen Verpflichtungen der EU wie nötig.
Es ging und geht um Eigeninteressen, um den eigenen Vorteil, was durchaus legitim ist, aber eben weil Großbritannien ein wichtiges Mitgliedsland der EU ist, weil diese neoliberale marktkonforme Politik zunehmend viele Abnehmer und Arbeitnehmerinnen in allen Regierungskreisen der EU-28 gefunden hat, haben auch alle anderen EU-Mitgliedstaaten sich immer deutlich den Sonderwünschen der Downing Street 10 gebeugt.
Und so sieht auch das gegenwärtig im EU-Rat ausgehandelte Dokument aus, das den Bürger und Bürgerinnen des Landes zum Votum vorgelegt ist:
Wieder Ausnahmeregelungen für Großbritannien gerade im sozialen Bereich. Es geht vielen der in Politik und Wirtschaft Bestimmenden, nicht um die Grundwerte der Europäischen Union – die in Anspruch genommene Opt-out Klausel für Großbritannien bei der EU-Grundrechte-Charta ist ein Beispiel dafür.
Es geht um Märkte
Es geht um Märkte, um wirtschaftliche Vorteile und die Wahrung der dominierenden Stellung der City of London als zentralem Welt-Finanzplatz in den globalen Finanz- und Währungsbeziehungen.
Es geht natürlich auch um alle anderen Aspekte des Alltags des britischen Volks, um Arbeitsplätze, um Zukunftschancen für Kinder und Jugendliche, Bildung und Ausbildung, um das Gesundheitswesen, um Mieten und Renten, um Kultur und öffentliche Daseinsvorsorge und kommunale Gestaltungsmöglichkeiten.
In der Brexit-Debatte behaupten die EU-Gegner, dass alles gelöst sei, wenn Großbritannien aus der EU ausscheidet. Dann könnten endlich alle ernsten wirtschaftlichen und sozialen Probleme und gesellschaftlichen Widersprüche heutiger britischer Realität gelöst werden:
Umstrukturierungen in der Wirtschaft und Anpassung an technologische Herausforderungen des digitalen Zeitaltes, die Erfüllung der Beschlüsse von COP 21 in Paris, die Neugestaltung britischer Außenhandelspolitik usw usf. in Angriff genommen und umgesetzt werden. Die EU und Notwendigkeiten gemeinschaftlichen Agierens seien nicht mehr zu berücksichtigen.
Gegenübergestellt werden EU und nationalstaatliche Ebene, Komplexitäten, Abhängigkeiten, Internationalsierungstendenzen und gewolltes gemeinsames Agieren zum Nutzen aller wird ausgeblendet.
Ich meine: Ein gefährliches, populistisches Welt- und Wertebild. Denn auch beim Brexit geht es letztlich nicht um drin oder draußen, es geht um die gemeinschaftliche Veränderung von Politik und realen wirtschaftlichen Prozessen in der Komplexität von lokalen, regionalen, nationalen und europäischen, sprich: EU-Entscheidungen.
Denn so oder so werden wir am 24. Juni weiter gemeinsam politische Gestaltung zu bewältigen haben, ich wünschte mir- die Briten können weiter an Entscheidungen und auf Entscheidungen demokratisch Einfluss nehmen. Betroffen werden wir ja alle sein vom morgigen Votum auf der Insel.
Helmut Scholz ist Mitglied der Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne und Mitglied im Ausschuss für Internationalen Handel.
Lina
23. Juni 2016 @ 17:16
“Unter der Federführung von Monika Hohlmeier tagt nun also der achtköpfige EU-Innenausschuss und bereitet ein Gesetz vor, dessen Folgen nicht absehbar, ja, dessen Inhalte nicht einmal klar sind. Allerdings kann man davon ausgehen, dass nichts Gutes dabei rauskommt, wenn neben Hohlmeier illustre Namen wie Beatrix von Storch (AfD) oder Udo Voigt (NPD) auftauchen, die ebenfalls im Innenausschuss sitzen.”
spiegelfechter.com/wordpress/133345/wird-der-spiegelfechter-demnaechst-zwangsweise-dicht-gemacht
Wer hat diese rechtsradikalen Deutschen in den EU Innenausschuss gewählt?
Wer kontrolliert sie?
S.B.
23. Juni 2016 @ 18:09
Gegenfrage: Wer hat die vielen Linksradikalen in den deutschen Bundestag gewählt? Wer kontrolliert sie?
Peter Nemschak
23. Juni 2016 @ 16:19
@S.B. Ein Plebiszit schafft nicht mehr Legitimität als die Mehrheitsentscheidung eines Parlaments. Wenn zwischen großen gesellschaftlichen Gruppen in fundamentalen Lebensfragen keine Konsensbereitschaft besteht, wird wird ein Plebiszit die Legitimität der Mehrheitsentscheidung und ihre Anerkennung durch die Minderheit nicht erhöhen.
Winston
23. Juni 2016 @ 15:41
Ebo
Ich hoffe Du irrst dich bezüglich Rumsfeld und vor allem bezüglich Trump.
Aber ich muss Dir recht geben, Versprechungen sind Versprechungen, die Realität ist dann ne ganz andere.
So gesehen bei :
– Obama
– Holland
– Tsypras
Trump bleibt ne Hoffnung und mehr nicht. Immer vorausgesetzt er macht Nägel mit Köpfe. Wenn nicht laufen wir IMHO sehr gefährlichen Zeiten entgegen ob mit Trump oder ohne Trump. Es sind die genau gleichen Marktradikalen an der Macht wie in den 30ern. Das sich Trump als Bauernfänger herausstellt ist IMHO sehr gut möglich. Die Hoffnung stirbt aber zu letzt. Ein Dialog mit Russland und ein Rückzug beim TTIP wäre das beste was zur Zeit passieren kann, beides hängt stark von den USA ab.
Apropos Frankreich.
Dort scheint es lichterloh zu Brennen.
Geheimdienst-Chef: “Frankreich steht am Rande eines Bürgerkriegs”
http://www.heise.de/tp/artikel/48/48609/1.html
Lina
23. Juni 2016 @ 14:59
Drei Fragen an Herrn Scholz:
Ist die deutsche Linke auf dem deutschen wirtschaftsnationalistischen Auge blind?
Hat die deutsche Linke den coup d’état in Griechenland vergessen?
Glaubt die deutsche Linke, dass die EU von innen heraus reformierbar ist?
Gemeint sind:
a) Transparenz (siehe “Die Macht der Troika”)
b) Regulierung der Finanzmärkte
c) Regulierung der Kartelle
c) Schließung der “Drehtüren” für Minister und Parlamentarierer
d) Stärkung der Arbeitnehmerrechte (siehe Griechenland, Frankreich)
e) Beendigung der Kriege einschließlich Wirtschaftskriege
f) Stärkung des Parlaments
g) Stärkung der Bürgerrechte (siehe Demo-Verbote Spanien)
u.s.w.
4. Ist der Euro – mit Deutschland – reformierbar?
Peter Nemschak
23. Juni 2016 @ 15:54
Glauben Sie im Ernst, dass so ein Programm, wie von Ihnen skizziert, je mehrheitsfähig oder zumindest konsensfähig wäre, um eine nationale Regierung oder die EU-Kommission zu stützen?
S.B.
23. Juni 2016 @ 16:10
Jedenfalls bei den globalisierten Eliten wird so ein Programm nie mehrheitsfähig sein. Und die haben nun mal das Zepter in der Hand, wie in diesem Blog schon zutreffend herausgearbeitet wurde.
Winston
23. Juni 2016 @ 13:49
Naja sollte Trump das einhalten was er versprochen hat, wird das IMHO auch auf Europa klar abfärben, im positivem Sinn, die Einmischungen der USA auf Europa würde klar abnehmen, die Chancen einer geordneten Abwicklung würden zunehmen.
Das hinter den Demokraten die Finanzindustrie also Wall-Street steckt sollte mittlerweile auch der allerletzte bemerkt haben und das gerade die US-Finanzindustrie ein vitales Interesse hat die EU/Euro-Zone zu erhalten auch, wieso auch immer, IMHO spielt der TTIP hier eine wesentliche Rolle.
Auf jedenfall ist mir ein rassistischer Trump wesentlich lieber als dieses hirnrissige und hysterische Kriegsgeschrei einer Clinton, die nicht einmal davon zurück schreckt Taktische Nuklearbomben einzusetzen. Würde Clinton neue US-Präsidentin wäre das der Alptraum schlechthin, für Europa und für die Welt. Hier muss man Prioritäten setzen und liegen klar bei Trump.
Trump setzt sich für konstruktive Gespräche mit Russland ein und ist für ein ende der US-Kriegstreiberei im Nahen Osten, das kann man nur begrüssen.
Der Brexit, egal wie es ausgeht wird sicherlich nicht das letzte Referendum in Europa sein.
ebo
23. Juni 2016 @ 14:00
@Winston Also dass Du diesem Trump auch nur ein Wort glaubst, das macht mich sprachlos. Gerade kommt die Meldung, dass Rumsfeld für Trump stimmen wird – die Neocons wittern wieder Morgenluft, die nächsten Kriege werden vorbereitet…
Peter Nemschak
23. Juni 2016 @ 16:00
Trump ist Opportunist und für alle Varianten von Politik gut. Allerdings müssen sich die einflussreichen Großwahlspender überlegen, mit wem sie in Zukunft besser fahren. Vielleicht ziehen die Republikaner noch einen anderen Kandidaten (in) aus dem Hut und lassen Trump finanziell austrocknen.
S.B.
23. Juni 2016 @ 13:21
Hallo Herr Scholz, gelten die “gemeinsamen europäischen Werte” eigentlich nur zum Abzocken der autochthonen Bevölkerung zum Zwecke der Umverteilung, oder für alle? Ich vermisse insbesondere den lauten (!) #Aufschrei der Grün*Innen, wenn es um die erhebliche Unterentwicklung von Akzeptanz, Toleranz, Gleichberechtigung etc. pp. in der Gruppe unserer (langjährigen und zuwandernden) “Kulturbereicherer” geht. Ach ich vergaß: Das sind ja Ihre (neuen) Götter. Da ist das, was auf der einen Seite angeprangert wird, aber schon längst keine Rolle mehr spielt, natürlich etwas ganz anderes. Irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, dass Sie sich absichtlich mit Sachverhalten beschäftigen, wo es nichts zu tun gibt und absichtlich nicht mit solchen Sachverhalten beschäftigen, wo es sehr viel zu tun gäbe. Dafür werden Sie aber nicht zwangsbezahlt!
http://www.n-tv.de/politik/Viele-beugen-sich-dem-maennlichen-Druck-article18020686.html
S.B.
23. Juni 2016 @ 15:43
Noch einer in der Art: http://www.spiegel.de/schulspiegel/berlin-handschlag-streit-an-privatschule-a-1099300.html
Die (Ost-) Deutschen integrieren sich einfach nicht in die von den “Eliten” eingeschleppten Sitten und Gebräuche! Geht ja gar nicht… 😉
Peter Nemschak
23. Juni 2016 @ 12:49
Die erwähnten 27 Staatslenker wurden alle demokratisch gewählt. Was heißt “wirkliche” Demokratie? Die Herrschaft einer Minderheit? Nicht erstaunlich, dass der Ruf nach mehr Demokratie immer von jenen zu hören ist, die in der Minderheit sind.
Lina
23. Juni 2016 @ 17:24
Nemschak
Die 27 Staatslenker sind demokratisch gewählt und danach sind manche von ihnen von der Troika lobotomiert worden.
#Zomies
#economichitmen
#thisisacoup
Peter Nemschak
23. Juni 2016 @ 18:08
Sind für Sie Politiker nur demokratisch gewählt, wenn sie Ihre Ideologie vertreten? Sie haben ganz offensichtlich den Anspruch, die alleinige Wahrheit gepachtet zu haben.
kaush
23. Juni 2016 @ 12:03
“Und auf einmal wird ein demokratisches Plebiszit ernster Fakt mit weitreichendsten Folgen, für das Vereinigte Königreich, aber auch für alle anderen 27 Mitgliedstaaten der EU und das institutionelle und wirtschaftliche Gesamtgefüge der EU. Ein Punkt übrigens, der in den EU-Verträgen gar nicht vorgesehen ist.”
Und warum ist er in den EU-Verträgen nicht vorgesehen?
Weil solche Verträge von einer kleinen Wirtschaftselite ausgearbeitet und ausformuliert werden – die wollen keine Demokratie. Und deshalb gibt es auch keine wirkliche Demokratie in der EU bis jetzt.
Ein Zitat aus dem Buch “Die Macher hinter den Kulissen” von Hermann Ploppa:
“Der ERT (European Round Table of Industrials) rühmt sich selber, die Lissabon-Agenda aus dem Jahre 2000 für die dort anwesenden 27 Staatslenker der EU erdacht und ausformuliert zu haben.”
Das pdf (http://www.ert.eu/sites/ert/files/2010_october_-_ert_highlights.pdf) ist interessant.
GS
23. Juni 2016 @ 11:59
Dass Ideologie im Spiel ist, glaube ich gerne. Aber warum sollte das bei den EU-Befürwortern nicht genauso sein?
S.B.
23. Juni 2016 @ 10:43
BTW: Der dauernervende, inkompetente, grenzdebile und für sein Amt deshalb völlig untaugliche Gauck erklärt uns, dem Pöbel, nun auch ganz eindeutig, was er unter Demokratie versteht: Nicht die Eliten sind das Problem, sondern die Bevölkerungen. http://www.mmnews.de/index.php/politik/76831-gauck-bevoelkerung
Wie Recht der Broder doch hat: http://www.welt.de/debatte/henryk-m-broder/article156254456/Politik-und-Medien-leben-in-ihrer-eigenen-Welt.html
Ja, in der DDR war aus Sicht der “Eliten” auch die Bevölkerung das Problem.
Weg mit diesem Eliten-Dreck!
Peter Nemschak
23. Juni 2016 @ 11:17
Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die nachfolgenden Eliten – ohne Eliten funktioniert kein Gemeinwesen – besser sind als die bestehenden. Dass manche Parteien besser zu wissen glauben, was dem Bürger gut tut als dieser selbst, macht sie ideologisch zum Minderheitenprogramm. Über eine gewisse Schwelle sind deshalb die Grünen bisher nicht hinausgekommen, weder in Deutschland noch anderswo in der EU.
ebo
23. Juni 2016 @ 11:28
In UK erleben wir gerade live, wie sich die Eliten selbst zerlegen, schauen Sie sich nur Camerons Partei an! Ein ähnliches Spektakel finden Sie bei den Republikanern in den USA, ich sage nur: Trump!
S.B.
23. Juni 2016 @ 11:46
@Peter Nemschak: “Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die nachfolgenden Eliten – ohne Eliten funktioniert kein Gemeinwesen – besser sind als die bestehenden.”
Da bin ich mir natürlich auch nicht sicher. Das kann allerdings nicht die Begründung dafür sein, dass ich die aktuelle “Elite” einfach so weitergewähren lasse.
Das Problem ist, das gerade die EU so konstruiert ist, dass die (EU-) Bürger nahezu keinen demokratischen Einfluss auf die dort gegen ihre Interessen wütenden “Eliten” haben. Sie sind also noch nicht einmal Schuld daran, wenn diese “Eliten” gegen sie arbeiten, das sie diese nicht demokratisch legitimiert haben.
@ebo: Wir erleben auch in D, wie sich die “Eliten” (teilweise) selbst zerlegen. Bestes Beispiel ist die SPD.
Peter Nemschak
23. Juni 2016 @ 10:33
Mit oder ohne Großbritannien kann sich auch die EU den marktwirtschaftlichen Erfordernissen einer globalen robotorisierten Welt nicht entziehen. Auch in einer EU ohne Großbritannien wird der Konflikt zwischen marktwirtschaftsfeindlichen Etatisten und Liberalen weiter gehen, “zum gemeinsamen Nutzen der Mitgliedsstaaten”.
S.B.
23. Juni 2016 @ 09:16
“Und auf einmal wird ein demokratisches Plebiszit ernster Fakt mit weitreichendsten Folgen, für das Vereinigte Königreich, aber auch für alle anderen 27 Mitgliedstaaten der EU und das institutionelle und wirtschaftliche Gesamtgefüge der EU. Ein Punkt übrigens, der in den EU-Verträgen gar nicht vorgesehen ist.”
Das passt Ihnen gar nicht, Herr Scholz, nicht wahr? Demokratie, noch zu mal direkte, die ein Ergebnis liefern könnte, das nicht in Ihr ideologisches Welt- und Wertebild von Fremdbestimmung und staatlichem Zwang passt. Sie machen mit Ihrem Kommentar überdeutlich, wo die Grünen stehen: Eine Partei der Bevormundung und Verbote. Dies unter dem Scheinargument des “gemeinsamen Agierens zum Nutzen aller”. Sie meinen natürlich das gemeinsame Agieren des (europäischen) Politklüngels zum eigenen Nutzen. Wenn ich mir nämlich die Realität in den EU-Ländern anschaue, sehe ich nichts als wirtschaftliche und politische Trümmerfelder. Da gibt es viel aufzuräumen, wobei die Ursache an der Wurzel zu packen ist: Das heißt weg mit der EU (und dem Euro).
Das kleinere Einheiten viel effektiver mit Problemen umgehen können und zwar im Sinne ihrer Bevölkerung und nicht dagegen, zeigen uns die Schweiz, Island, Norwegen.
Die EU hat in der Eurokrise und zuletzt in der “Flüchtlings”krise bewiesen, dass sie keinerlei Problemlösungskompetenz besitzt. Jedenfalls nicht zum Vorteil der Menschen. Deshalb greifen inzwischen auch EU-Mitgliedsstaaten wieder zur Selbsthilfe, d.h. sie regeln wesentliche Sachverhalte ohne Abstimmung mit den anderen EU-Mitgliedsländern. So haben Dänemark und Schweden Asylrechtsverschärfungen im Zuge der illegaler Massenimmigration beschlossen. Eigeninteressen gehen, jedenfalls, wenn es ans Eingemacht geht, angeblichen “gemeinsamen europäischen Grundwerten” vor. Diese Entwicklung zeigt, dass es diese gemeinsamen Grundwerte außerhalb von politischen und wirtschaftlichen Schönwetterphasen, also dann wenn es gerade darauf ankommt, gar nicht gibt. Genau genommen, ist der EU damit ihr Fundament entzogen. Es gibt keine politische Rechtfertigung für diese Institution.
Die Schweiz hat mit Blick auf die überaus miserable Bilanz der EU nun nach 24 Jahren ihr Beitrittsgesuch zurückgezogen (hoffentlich berücksichtigen die Briten diesen Umstand heute noch). Offensichtlich überwiegen die Vorteile der Eigenständigkeit die Nachteile einer Nichtmitgliedschaft in der EU ganz erheblich. Darüber sollten Sie einmal nachdenken, Herr Scholz. Ihre Phantastereien über den “gemeinsamen Nutzen aller”, haben leider mit der Realität nichts zu tun.