Drohen und strafen – ist das die neue EU-Außenpolitik?

Früher hat die EU auf das Prinzip der Nichteinmischung gesetzt und bei Konflikten vermittelt. Doch in Venezuela scheint dies nicht mehr zu gelten. Deutschland und andere EU-Staaten arbeiten mit Ultimaten und Sanktionen – ist das die neue EU-Außenpolitik?

Diese Frage drängt sich auf, wenn man die Ereignisse der letzten Tage betrachtet. Deutschland und viele andere europäische Staaten haben den Oppositionspolitiker Guaidó offiziell als Übergangspräsidenten Venezuelas anerkannt.

Zuvor hatten die EU-Länder, die immer noch nicht die Mehrheit der 28 Mitglieder darstellen, Machthaber Maduro ein Ultimatum gestellt. Sie fordern Neuwahlen. Sollte Maduro sich nun immer noch nicht fügen, drohen wohl Sanktionen.

Wenn die auch nicht verfangen, könnte die Lage eskalieren. Maduro droht mit einem Bürgerkrieg, US-Präsident Trump schließt eine Militärintervention nicht aus. Die EU-Länder, die sich eingemischt haben, stünden dann  ziemlich dumm da.

Möglich ist aber auch, dass Guaidós Umsturzversuch in den kommenden Tagen wieder einschläft, wie die „Zeit“ schreibt:

„Dann hätten seine Unterstützer im Ausland, einschließlich der in Europa, einen völlig machtlosen Politiker als Präsidenten anerkannt und ihre sonstigen diplomatischen Drähte nach Venezuela weitgehend gekappt.“

Ist das eine kluge Außenpolitik? Rechtfertigt es ein so fernes Land wie Venezuela, mit allen Prinzipien zu brechen, die die EU-Diplomatie bisher prägten – von der Nichteinmischung bis zum geschlossenen Auftreten?

Früher, unter dem Spanier Solana, hätte die EU nie so einseitig Partei ergriffen. Damals wären Deutschland und Frankreich auch nicht bei den Falken gewesen, sondern bei den Tauben – wie im Irakkrieg.

Heute hingegen preschen Berlin und Paris vor. Und sie scheren sich weder um die Bedenken kleinerer EU-Länder noch um die Außenbeauftragte Mogherini, die die Venezuela-Krise mit einer Kontaktgruppe lösen will!

Völlig neu ist dieser Trend allerdings nicht. Eine ähnliche Entwicklung haben wir schon vor einem Jahr gesehen, als Deutschland, Frankreich und einige andere EU-Staaten Russland straften – wg. der Giftgas-Attacke in Salisbury.

Schon damals waren alle Sicherungen der gemeinsamen EU-Außenpolitik durchgebrannt. Heute scheint das schon Methode zu sein. Und Berlin und Paris wollen noch mehr. Als nächstes wollen sie die Einstimmigkeit in der Außenpolitik knacken.

Doch wozu eigentlich? Wie man in Venezuela geht, geht es auch ganz ohne Abstimmung mit den anderen EU-Staaten – die dann nach und nach folgen dürfen, oder auch nicht. Who cares?

P.S. Es haben sich übrigens nicht nur kleinere Staaten dem deutschen Kurs verweigert, auch „Italien bockt“, wie der „Standard“  meldet. Vor allem die Fünf-Sterne-Bewegung sträubt sich gegen die europäische „Einmischung“.