Downgrade für Deutschland – Leyens erster Lapsus
Die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg kratzen am Image von Kanzlerin Merkel. Plötzlich wird Deutschland in der EU ganz anders wahrgenommen als bisher – nicht als Modell, sondern als Problemfall.
Die CDU und die SPD verlieren, die AfD gewinnt: Die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg sind ein politischer Erdrutsch, selbst wenn sich die Landesregierungen an der Macht halten.
Dass die AfD ausgerechnet in Ostdeutschland so stark zulegt, ist nicht nur ein Problem für Kanzlerin Merkel, die ja selbst Ostdeutsche ist – und offenbar ihre eigenen Landsleute kaum mehr erreicht.
Es ist auch ein Problem für ganz Deutschland, das für die Wiedervereinigung ganz massiv auf das Entgegenkommen der EU angewiesen war. Plötzlich wird Schland ganz anders wahrgenommen.
„Starker Durchbruch der extremen Rechten“, titelt „Le Monde“. Die Ergebnisse illustrieren die „große Frustration in Ostdeutschland mit Merkels Großer Koalition“, heißt es bei „Politico“.
Statt als Modell steht Deutschland plötzlich als Problemfall da. Und Merkel als Kanzlerin, der die Dinge zunehmend entgleiten – und die nicht mal mehr von ihren „Ossis“ verstanden wird.
Damit verstärkt sich ein Trend, der schon seit langem zu beobachten war. Die deutsche Hegemonie in EUropa bröckelt – politisch und (noch wichtiger) wirtschaftlich.
Schon beim G7-Gipfel in Biarritz stand Merkel im Schatten von Frankreichs Präsident Macron. Der liberale Franzose beherrschte (mit US-Präsident Trump) die Szene, Merkel stand am Rande.
Ein Downgrade erlebt Deutschland auch gerade wirtschaftlich. Während die Wirtschaft in Frankreich weiter moderat wächst, gleitet die größte Volkswirtschaft der EU gerade in eine Rezession ab.
„Bei den Franzosen läuft es besser“, meldet Bloomberg. Sogar die FAZ schreibt nun über „das Deutschland-Problem„, auf das wir in diesem Blog wiederholt hingewiesen haben, zuletzt hier…
Watchlist
- Wie geht es weiter beim Brexit? Nach dem Coup von Premier Johnson regt sich Widerstand im ganzen Land, sogar bei den Tories machen sich Rebellen bemerkbar. Sie verlangen vor Beginn der Rückkehr des Unterhauses am Dienstag Zusicherungen, dass Johnson alles daran setzt, einen ungeregelten Brexit zu verhindern.
Was fehlt
- Der Lapsus von von der Leyen. „Die Welt hat leichtes Fieber“, sagte die kommende Kommissionspräsidentin mit Blick auf die Klimakrise. Das klingt, als handele es sich um einen Schnupfen. Dabei erlebt die Welt – um im Bild zu bleiben – einen Fieberstoß, der eine ernste, womöglich unheilbare Krankheit ankündigt…
Alexander
1. September 2019 @ 21:13
Ich halte die Unionsparteien für grotesk inkompetent, unfassbar borniert und korrupt (*). Man darf gespannt sein, wie sich das politische Klima in diesem Land entwickeln wird, wenn die Mehrheit der Wähler begreift, auf was für Hochstapler sie hereingefallen sind! Hoffentlich steht dann eine echte Alternative zur Wahl, andernfalls sehe ich braun.
Und statt der Leyen-Darstellerin Aufmerksamkeit zu schenken, kann ich diesen Artikel empfehlen:
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-planet-schlaegt-zurueck
„Ganz egal, wie gut informiert Sie sind, ausreichend alarmiert sind Sie nicht.“
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(*) Auflistung unvollständig!
Thomas Bohrmann
1. September 2019 @ 20:23
„Plötzlich wird Deutschland in der EU ganz anders wahrgenommen als bisher“
Das mag so sein und danke für die Ehrlichkeit der Verwendung von „EU“ anstelle des notorischen „Europa“. In der EU nämlich mag das sicherlich einen Schatten werfen, da die EU nicht mehr ist als ein paar Viertel für gemästete Bürokraten und Lobbyisten in Brüssel. Europa dagegen hat möglicherweise eine ganz andere Meinung über die Wahlergebnisse.
Kwasir
3. September 2019 @ 17:07
Von welchem „Europa“ist denn da die Rede, das – ausserhalb der EU – die AfD Stimmen in zwei kleinen deutschen Bundesländern anders einschätzen sollte als das vom ‚EU-Europa der Fall‘ ist ? 800.000 Stimmen für die AfD verglichen mit ca. 750 Millionen „eurasischer Europäer“ von denen die meisten nicht einmal mitgekriegt haben dürften, dass da in DE überhaupt gewählt wurde. Ein Klacks. Nicht einmal Salvini mit seiner möchte-gern ‚paneuropäischen Bewegung‘ denkt in solchen Landmassengrößen des letzten Jahrhunderts, von dem die deutschen Ost-Emigranten (und nicht nur die !) damals oft auch als dem „Großen Vaterland“ gesprochen haben … sollten die Rechtspopulisten sich in diesen Gefilden bis zum Ural sonnen wollen, wenn es ihnen im EU Europa zu „schattig“ wird ? Wer wegen der Schwäche seiner Konkurrenten ein bißchen größer (aber noch lange nicht groß) wird, ist noch lange nicht auch stark.