Vestager hat der Mut verlassen
Bisher galt sie als mächtigste Frau der EU–Kommission. Doch angesichts der Coronakrise erweist sich Wettbewerbs- und Digitalkommissarin Margrethe Vestager als zahnlos – gegen Deutschland und die USA kann sie kaum etwas ausrichten.
Besonders krass ist die Ohnmacht beim Wettbewerb. Wegen der Coronakrise beantragen immer mehr Mitgliedsstaaten und Unternehmen Ausnahmen von den strikten EU-Beihilferegeln. Und Vestager nickt sie alle ab.
Das führt zu krassen Ungleichgewichten. So hat Deutschland mit seinen Rettungsprogrammen bereits 52 Prozent der insgesamt bewilligten staatlichen Beihilfen der EU notifiziert, heißt es in einem Bericht der britischen “FT”.
Vestager kann es sich politisch kaum leisten, “Nein” zu sagen. “Diese Ungleichheit droht tatsächlich, noch extremer zu werden”, sagte Vestager dem “Spiegel”. Vor allem Spanien und Italien fürchten, ins Hintertreffen zu geraten.
Als zahnlos erweist sich die liberale Dänin auch bei der Digitalisierung. Eigentlich soll sie dafür sorgen, dass die EU nicht noch weiter zurückfällt, sondern den USA und China Paroli bietet. Doch seit Beginn der Coronakrise erleben wir das Gegenteil.
Immer mehr Business wandert ins Internet ab. Vor allem der US-Konzern Amazon profitiert von der Schließung der Geschäfte und Unternehmen in Europa. Eine Gegenstrategie der EU ist nicht zu erkennen.
“Man kann im Internet einkaufen, ohne bei Amazon zu bestellen”, sagte sie dem “Spiegel”. Doch auf eine gezielte Förderung von Online-Shops made in EU warten wir immer noch vergebens.
Auch der ebenfalls fürs Internet zuständige EU-Kommissar T. Breton hat nicht viel unternommen. Der Franzose kümmerte sich nur darum, dass Netflix weniger Bandbreite im Netz belegt – das war’s.
Wenn das so weiter geht, wird es in dieser Krise nur zwei Gewinner geben: Deutschland und die USA. Die anderen EU-Länder und die große Mehrheit der europäischen Unternehmen hingegen werden verlieren.
Dabei wäre es Vestagers Job, genau dies zu verhindern…
Siehe auch Beihilfen: Macht Berlin alle platt?
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Watchlist
Knackt die EU die acht Milliarden Dollar? Dies ist das Ziel, das sich Kommissionschefin von der Leyen und ihre Mitstreiter – darunter Lady Gaga – für eine ungewöhnliche Geberkonferenz gesteckt haben. Das Geld soll in die Entwicklung und Verbreitung eines Impfstoffes gegen COVID-19 gesteckt werden. An dem Wettbewerb am Montag beteiligen sich Staaten rund um den Globus – nur Leyens Lieblingspartner, die USA, sind nicht dabei. – Mehr dazu hier
Was fehlt
Das Konjunkturprogramm, das die EU-Kommission ursprünglich für Mittwoch versprochen hat. Das “Recovery Instrument” werde um mindestens eine Woche verschoben, heißt es in Brüssel – ohne Angabe von Grünen. Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass Kanzlerin Merkel massive Vorbehalte gegen den Plan ihrer Parteifreundin hat, die nötigen Milliarden durch Schuldenaufnahme zu besorgen und mit Finanztricks aufzublasen. – Mehr dazu hier
Das Letzte
Der Kampf gegen “Fake News” wird immer mehr zum Ärgernis. Ausgerechnet am “Tag der Pressefreiheit” kündigte die Regierung in Paris an, irreführende Berichte zur Coronakrise künftig zu dokumentieren. Der neue Dienst “Desinfox Coronavirus” speist sich aus Presseartikeln, was die betroffenen Redaktionen verständlicherweise gar nicht gut finden. Manch einer sieht schon die Pressefreiheit in Frankreich in Gefahr. Auch die EU hat einen solchen Dienst, mehr hier
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Claus Hiller
4. Mai 2020 @ 13:29
Ich lese: „Eigentlich soll sie (Margarethe Vestager) dafür sorgen, dass die EU nicht noch weiter zurückfällt, sondern den USA und China Paroli bietet. Doch seit Beginn der Coronakrise erleben wir das Gegenteil.“
Was soll diese Dame mit linksliberal gefestigtem Meinungsbild und digitaltechnologisch fehlender Vita denn auch anstellen, damit die EU in Sachen Digitalisierung nicht noch weiter zurückfällt? Den Erfolg mit EU-Geld herbeikommandieren? Globale Allianzen schaffen wie im Bahnbereich durch die Siemens -/ Alstom-Fusion? Ach nein, den hat sie so naiv vergeigt, dass hier demnächst wohl chinesische Lokomotiven über die DB-Rail-Schienen rauschen. Und auf Kooperationen europäischer Telekommunikationsunternehmen, die inzwischen mehr oder weniger bedeutungslos geworden sind, hatte sie auch keine so rechte Lust, da war ihr der Herr Oettinger schon ganz böse.
Vielleicht sollte sie sich mal ein Jahr nach Asien begeben, und sich anschauen, was da bei Samsung oder Huawei so läuft. Und dass in China, anders als in der EU, nicht klein-klein gekleckert, sondern mit festem geostrategischem Kalkül der Marktbeherrschung politisch geklotzt wird, zum Teil noch mit dankbar entgegengenommener europäischer Entwicklungshilfe. Und dann noch mal ein halbes Jahr nach USA, vielleicht auch bei Apple und Adobe zum Thema Innovation, Gründungsmythos, Steuern, Zentren technischer Exzellenz (man trifft da viele Europäer!) und Verzicht auf staatliche Gängelung. Und als Abschluss dieser Aktion könnte man Frau Vestager noch einen Kurs anbieten, in dem sie lernt, die Zahl „1“ in Binärcode umzusetzen, und dann 1 + 1 binär zu addieren. Vielleicht klappt es denn auch etwas besser mit „EU“ und „Digitalisierung“.
Und zum Schluss noch dies: „Binnenmarktkommissar Thierry Breton und die geschäftsführende Vizepräsidentin Margarete Vestager, die für die Digitalstrategie verantwortlich sind, wollen demnach Details zum Medien-Aktionsplan im vierten Quartal vorlegen. Er soll „die Schaffung von Qualitätsinhalten anregen, Medienvielfalt und journalistische Freiheit fördern und Verbrauchern den Zugang zu solch hochwertigen Inhalten erleichtern“ (WELT 15.02.2020).
Man sieht: Überall wird ein bisschen herumgeschraubt, mal hier, mal dort. Immerhin glaubt man in Brüssel zu wissen, was „hochwertige Inhalte“ sind, und was bei Google ober stehen muss. Aus Sicht von Frau Vestager vermutlich alles, was meinungsschaffend irgendwie Links ist.
RAJA RAJAMANI
4. Mai 2020 @ 18:11
Well said. Probably falls on deaf ears.
Holly01
4. Mai 2020 @ 08:16
” Der Kampf gegen “Fake News” wird immer mehr zum Ärgernis. Ausgerechnet am “Tag der Pressefreiheit” kündigte die Regierung in Paris an, irreführende Berichte zur Coronakrise künftig zu dokumentieren. Der neue Dienst “Desinfox Coronavirus” speist sich aus Presseartikeln, was die betroffenen Redaktionen verständlicherweise gar nicht gut finden. Manch einer sieht schon die Pressefreiheit in Frankreich in Gefahr. ”
Ich hätte ja die verzweifelte Hoffnung, das es ein oder zwei publisher gibt, die sich Gedanken machen, ob es reicht nur “copy/paste” zu spielen und bei den nur noch 2 (in Worten: zwei) Agenturen abzuschreiben.
Es gab ja in der Frühzeit Redaktionen, die haben so genannte “Arbeit” geleistet.
Man munkelt sogar von Mitarbeitern von Zeitungen die haben etwas gemacht das nannten die “Recherche”, aber das ist bestimmt nur ein Gerücht.
Dann werdet doch endlich besser ihr Pressebediensteten und liefert nicht mehr noch schneller noch schlechtere Arbeit ab, als jeder Kollege in der gig-factory.
Da muss es doch noch Nischen geben, wo “Meinung” mit Fakten unterlegt zu veröffentlichen ist und wenn nicht, dann sollen die ihren Schei** doch von der KI mit Textbausteinen zusammen knüppeln.
“Die” (also die Besitzer der Medien) werden DAMIT kein Geld verdienen, das ist ganz ganz sicher …
vlg