Die Wahl-Farce ist perfekt
Nun ist es raus: Großbritannien wird auf jeden Fall an der Europawahl teilnehmen – selbst wenn man sich vorher doch noch auf den Brexit-Vertrag einigt. Damit wird die Wahl wohl endgültig zur Farce.
Die britische Regierung erklärte, selbst im Fall eines positiven Brexit-Votums bleibe nicht mehr genug Zeit, um die nötigen Gesetze zu beschließen und die Wahl abzublasen. Damit sind für die EU viele negative Folgen verbunden, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet. Hier ein paar Stichpunkte:
- KEINE VERKLEINERUNG DES EU-PARLAMENTS – wie sei eigentlich geplant war;
- ANDERE EU-ABGEORDNETE IN DER WARTESCHLEIFE – vor allem französische Anwärter gucken in die Röhre;
- MEHRKOSTEN – das Europaparlament bleibt so groß wie zuvor und damit auch genauso teuer.
Besonders ärgerlich ist aber, dass die Briten nun auch den neuen Kommissionschef mitwählen. Die Briten hätten mit fast zehn Prozent der Stimmen beträchtlichen Einfluss auf die Besetzung des mächtigen Postens bis zum Jahr 2024 – obwohl sie der Union selbst bald wahrscheinlich den Rücken kehren.
Das stärkt die Sozialdemokraten, die Liberalen und die Grünen – aber auch die EU-Gegner auf der Insel, die nun massenhaft ins neue EU-Parlament einziehen dürften. Dies könne “nachteilige Folgen für das Machtgleichgewicht” im Parlament haben, warnt der Brüsseler Thinktank EPC.
Sorgen muß sich vor allem CSU-Spitzenkandidat Manfred Weber machen – denn er darf nicht auf zusätzliche britische EU-Abgeordnete hoffen. Die Tories haben schon vor Jahren das Bündnis mit Webers EVP aufgekündigt. Weber hat sich deshalb bereits mehrfach über die Wahl-Teilnahme der Briten beschwert.
Auch der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments ist genervt. Er fürchte eine “vergiftete” Europawahl, ereiferte sich der Liberale Guy Verhofstadt. Das Europaparlament werde zum Taubenschlag: “Britische Abgeordnete fliegen ein, britische Abgeordnete fliegen wieder aus.”
Eine Farce, oder? Wer den Einfluß der Briten begrenzen und das Parlament stärken will, sollte trotzdem zur Wahl gehen. Denn an dem Desaster sind nicht die Europaabgeordneten schuld, auch nicht die Spitzenkandidaten – sondern die Staats- und Regierungschefs, die die Briten nicht ziehen lassen…
Siehe auch “Wird die Europawahl zur Farce? (III)” und “Tusk will Spitzenkandidaten übergehen”. Lesenswert auch Harald Schumann: “Der Schwindel mit den EU-Spitzenkandidaten” (externer Link)
Mehr zur Europawahl hier, aktuelle Wahlumfragen und Projektionen hier
Holly01
8. Mai 2019 @ 09:51
Frage:
Ein EMP aus dem UK hat an der konstituierenden Sitzung des Parlaments teilgenommen.
Ist also
– gewählt
– im Amt bestätigt
Wenn das UK austritt, verliert diese/r EMP nun seinen Sitz im Parlament?
Wenn er/sie ihn verliert, welche Auswirkungen hat das auf seine Abstimmungen bis dahin?
Wenn er/sie ihn nicht verliert, wen vertritt er und mit welchem Recht tut er/sie das?
Wir sind nun an einem Punkt, an dem wir dem UK mitteilen müssten, das der nächste Brexit Termin, die nächste Wahl ist.
Oder man muss den EUGH anrufen, mit der Frage:
Wenn ein Land beliebig Ein- und Austreten kann, wie verhält es sich mit der Rechtskraft der EU Institutionen?
Diese Frage hat der EUGH ja sauber umschifft, bisher.
vlg
ebo
8. Mai 2019 @ 10:04
Gute Frage, selbst in Brüssel weiß niemand eine rechtlich verbindliche Antwort. Die einen sagen, der MEP sei für fünf Jahre gewählt und repräsentiere nicht nur sein Land. Die anderen meinen, der Parlamentssitz hänge an der Mitgliedschaft von UK in der EU.
Holly01
10. Mai 2019 @ 23:32
Ich denke sogar, dass man den Ausschluss der UK MEP´s nicht einmal mit einem Austrittsvertrag automatisieren kann.
Es gibt da normaler Weise Immunitäten und der Verlust ist Haar klein geregelt.
Der Ausschluss aus dem Parlament ist normaler Weise eine Sache, die NUR das jeweilige Parlament selbst beschließen kann.
Die Hürden sind (um Missbrauche zu verhindern) üblicher Weise sehr hoch.
Der Austritt eines Mitglieds ist ja nicht Teil des parlamentarischen Rechts.
Die EU landet im rechtlichen Niemandsland und wird zu 100% blockiert.
Ich glaub so etwas hatte ich schon vor Monaten erwartet.
Ich dachte zwar das läge an der Boshaftigkeit der Brexiters, aber Dämlichkeit als zweite Möglichkeit ist auch gerne genommen.
Also ansich kann man nur vor der Wahl die Reissleine ziehen und die Briten hart raus setzen.
Rechtssicherheit ist anders nicht mehr möglich …
Ausser man heißt Merkel, dann ist Recht immer das was Mutti gerade wegen TINA macht.
vlg