Macron schrumpft auf Normalmass

In der „Süddeutschen“ wird Präsident Macron noch gefeiert – weil er eine „starke EU“ fordert. Doch hinter den markigen Sprüchen des französischen Shootingstars steckt kaum noch Substanz, sein wichtigster Minister tritt zurück.

Vor einem Jahr hatte Macron in der Sorbonne noch einen „Neubeginn“ für Europa gefordert und eine klare Richtung gewiesen: Zusammen mit Deutschland wollte er die Eurozone kräftig aufwerten und die EU umkrempeln.

Doch Kanzlerin Merkel sagte Nein. Sie hielt Macron monatelang hin, um seine Pläne am Ende zurechtzustutzen. Auf dem Jahrestreffen der französischen Botschafter in Paris hätte Macron nun dagegen halten können.

Stattdessen klang er selbst schon wie Merkel: saft- und kraftlos. Die EU müsse sich von den USA unabhängiger machen, sagte er – nur das „ein Stück weit“ fehlte. Man müsse den „Multilateralismus“ retten, forderte er – nur Merkels Regeltreue fehlte.

„Von seinen außenpolitischen Visionen ist nicht viel übrig geblieben“, bilanziert mein taz-Kollege R. Balmer in Paris. „Er klang weit weniger ambitiös und visionär als noch vor einem Jahr“.

Macron ist „normal“ geworden

Macron ist „normal“ geworden – wie sein Amtsvorgänger Hollande. Erstaunlich ist das nicht. Schließlich fällt seine Bilanz mager aus. Weder das Warten auf „Angela“ noch der Schmusekurs gegenüber Trump haben sich ausgezahlt, im Gegenteil.

Beide haben sich anfangs im Erfolg des jungen Sonnenkönigs gesonnt, um ihn am Ende zu übergehen. Beim Handelsstreit machten Trump und Merkel dann sogar gemeinsame Sache – mit Kommissionschef Juncker, gegen Macron.

Der einzige außenpolitische „Erfolg“ der letzten Monate war das amerikanisch-französische Bombardement leerstehender Anlagen in Syrien, die angeblich zur Chemiewaffen-Produktion genutzt wurden. Geändert hat das nichts.

Im Nachhinein darf sich sogar Ex-Präsident Hollande bestätigt fühlen. In seinem neuen Buch hat er eine Generalabrechnung hingelegt, Macron sollte diese „Lektionen der Macht“ ernst nehmen… – Mehr dazu hier 

P.S. Nicht nur die Vision fehlt, auch die Tatkraft. Das bemängelte Umweltminister Hulot – und trat mit einem Paukenschlag zurück. Nun rutscht Macrons Regierung in die erste ernste Krise…