Die “Sprechpuppen” kommen, die Briten bomben – und die Griechen streiken

Die Watchlist EUropa vom 21. November 2024 – Heute mit News und Analysen zur Aufstellung der neuen EU-Kommission, zur Eskalation im Ukraine-Krieg und zu Protesten gegen das allzu teure Leben.

Die “FAZ” ist nicht gerade dafür bekannt, hart mit der EU und ihrer Kommissionspräsidentin von der Leyen umzuspringen. Umso schwerer wiegt es, wenn das Blatt die 26 Kommissare, die die CDU-Politikerin für ihre zweite Amtszeit nominiert hat, als “Sprechpuppen” bezeichnet.

Das trifft den Kern: Die neue Kommission enthält keine bekannten Gesichter, keine politischen Schwergewichte, keine eigenwilligen Charaktere à la Breton, Vestager oder Timmermans. Bei den Anhörungen im Europaparlament haben die Kandidaten nur ihre Sprechzettel abgelesen.

Die Stichworte kamen von von der Leyen – “Clean Industrial Deal”, “Wettbewerbsfähigkeit”, “Preparedness”, “LGBTQ-Rights” und ähnliche Buzzwords aus der Brüsseler Blase. Niemand wagte es, sich von dem vorgefertigten Script zu entfernen und eigene Gedanken zu formulieren.

Das Programm ist überholt

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Schlimmer noch: Die Stichworte sind allesamt überholt. Durch die Wahl von Donald Trump, die Eskalation in der Ukraine und im Nahen Osten und den Aufstieg der BRICS leben wir in einer anderen Welt als der, auf die sich VDL und ihre Sprechpuppen vorbereitet haben. Biden isch over, sorry.

Die Zeit des woken Liberalismus geht vorbei, eine Ära das autoritären Nationalismus kommt. Die EU kann sich nicht mehr auf die USA verlassen, ist aber auch weiter denn je vom Ziel der “strategischen Autonomie” entfernt. Und vom “klimaneutralen” Wirtschaften auch, China hat uns abgehängt.

Dass die EU-tragenden Parteien nun nach wochenlangem Gezerre grünes Licht für VDL 2.0 gegeben haben, ist vor diesem Hintergrund keine gute Nachricht. Kein einziger Kandidat wurde rausgeworfen, Sozialdemokraten und Liberale haben die Waffen gestreckt und den Rechtsruck geschluckt.

Geschwächtes Parlament

Das Europaparlament hat sich selbst geschwächt, wieder einmal. Besser wäre es gewesen, Ursulas Sprechpuppen en bloc abzulehnen und ein neues Team aufzustellen, mit einem neuen Programm. Doch dann hätte man von der Leyen eigentlich auch gleich in die Wüste schicken müssen.

Und das wagt keiner – wg. Trump, dem Krieg und der Krise müssen wir alle zusammenhalten und noch ganz viele Kröten schlucken, nicht wahr?

Mehr zur Kommission von der Leyen 2.0 hier

P.S. Nach der Einigung sagte die Fraktionschefin der Sozialisten, die Spanierin Iratxe García: “This agreement unblocks a situation that was putting the European Union’s stability at risk.” Jaja, die Stabilität…

News & Updates

  • Briten bomben jetzt auch in Russland. Der Krieg um die Ukraine eskaliert immer weiter. Nach den US-amerikanischen ATACMS hat das ukrainische Militär nun auch erstmals britische “Storm Shadows” auf Russland abgeschossen. Der britische “Telegraph” berichtete, es seien Trümmerteile in dem Ort Marjino im russischen Gebiet Kursk knapp 45 Kilometer entfernt der Grenze gefunden worden. Der frühere Labour-Chef Corbyn fragte: “Sind wir jetzt im Krieg mit einer Nuklearmacht”?
  • Biden will Ukraine Landminen liefern. Die scheidende US-Regierung um Präsident Biden weitet ihre Militärhilfe für die Ukraine aus. Auf die Erlaubnis von Raketenangriffen auf russisches Territorium mit amerikanischen ATACMS-Waffen folgt nun laut Verteidigungsminister Austin die Lieferung international geächteter Antipersonenminen. Derweil spricht sich eine Mehrheit der Ukrainer für ein rasches Kriegsende aus.
  • Ministerrat bremst die Rechten aus. Das Europaparlament will den Schutz der Wälder auf die lange Bank schieben und eine EU-Verordnung weiter abschwächen. Die Konservativen haben sich dafür von den Rechten unterstützen lassen, sogar die AfD stimmte in Brüssel für die Rolle rückwärts. Doch im Ministerrat, der der veränderten Novelle noch zustimmen muß, kommt dies gar nicht gut an. – Mehr im Blog

Das Letzte

Die Griechen streiken gegen das teure Leben. Früher wurden sie als “Pleite-Griechen” verhöhnt, nun gehen sie auf die Barrikaden. Ein 24-stündiger Generalstreik hat am Mittwoch das öffentliche Leben in Griechenland weitgehend zum Erliegen gebracht. Dicht blieben Ämter, Behörden sowie Schulen, wie die “taz” berichtet. Die Griechen leiden seit der Beinahe-Staatspleite auf Geheiß der öffentlichen Gläubiger EU, EZB und IWF unter den nominal gefallenen Löhnen und Gehältern. Nun können sich viele das teure Leben nicht mehr leisten – und fordern höhere Löhne. Die Inflation beläuft sich seit 2020 auf kumuliert knapp 20 Prozent. Die Lebensmittel verteuerten sich seither um 32 Prozent, Wohnen ist fast 25 Prozent teurer… 

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