Trügerische Ruhe

Brexit, Trump und die Wahlen in Frankreich: Das waren im vergangenen Jahr die größten Risiken – jedenfalls für Anleger. Die Börse wird 2017 „radikal unsicher“, titelte die „SZ“ im Januar 2017.


Tja, das war wohl nix. 2017 geht ‚mal wieder als Rekordjahr in die Annalen ein. Der Brexit hat die Anleger bisher kaum gestört, und Trumps Steuerreform versetzt die US-Wirtschaft in Entzücken.

Auch in Deutschland war von Unsicherheit nichts zu spüren. Nicht einmal VW musste zittern – trotz „Dieselgate“ und Milliardenstrafen in den USA dürfte 2017 mit einem neuen Absatzrekord enden.

Paradoxerweise hatten es andere Autohersteller schwerer. So hinkt der Kurs der BMW-Aktie hinter der Entwicklung der Konkurrenz zurück. Doch von Krise kann auch in München keine Rede sein.

„Goldenes Jahrzehnt“

Und wie geht es im neuen Jahr weiter? „Europa hat die Aussicht auf ein goldenes Jahrzehnt“, meinte der Vizechef von Blackrock im Juni. Der Wahlsieg von Macron in Frankreich hat ihn wohl euphorisiert.

In letzter Zeit überwiegen aber wieder die skeptischen Stimmen. Das liegt nicht nur daran, dass sich im September 2018 zum zehnten Mal der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers jährt.

Es liegt auch am irrationalen Überschwang der letzten Monate. Die Nullzinspolitik in den USA und in Euroland hat die Blasenbildung begünstigt und die Investoren eingeschläfert.

„Trügerische Ruhe“

„Zahlreiche rote Warnlampen kündigen den nahenden Sturm an den internationalen Finanzmärkten an“, schreibt die NZZ. „Es herrscht trügerische Ruhe“, warnte das Blatt im November.

Für Unruhe sorgt nicht nur die Spekulationsblase bei den Bitcoins, die kurz vor Weihnachten platzte. Auch die Autokredite lassen eine neue „Subprime“-Krise befürchten, wie Bloomberg warnt.

Selbst aus historischer Warte deutet manches auf eine neue Krise. Beinahe alle Vermögensklassen wiesen Höchstpreise auf, warnt der Historiker N. Ferguson, der schon vor der Finanzkrise gewarnt hatte.

Die Zinsen steigen

Zudem haben die Notenbanken begonnen, die Zinsen zu erhöhen. Die Welt stehe vor einem Wendepunkt, denn das Verhältnis von Arbeitskräften zu Verbrauchern sinke. Hinzu komme, dass eine vernetzte Welt deflationär sei.

Und dann sind da natürlich noch die „politischen Risiken“: Der Atomkonflikt um Nordkorea könnte eskalieren, ein neuer Krieg im Nahen Osten ausbrechen, Trump eine Verfassungskrise in den USA auslösen.

Unberechenbar bleibt zudem der Brexit. Der EU-Austritt könnte die Wirtschaft auf beiden Seiten des Kanals belasten und die Aktienmarktrally beenden, heißt es im „Euro am Sonntag“.

Der IWF warnt vor dem Brexit

Ganz ähnlich klang es zwar schon vor einem Jahr – und dann ist nichts passiert. Doch diesmal gibt es einen großen Unterschied: Bis zum Herbst 2018 muss das Austritts-Abkommen mit der EU stehen.

Über die Details wird aber vermutlich bis zur letzten Minute gerungen. Die drakonischen Bedingungen, die die EU erlassen hat, dürften für neuen Streit sorgen – und die schönen Aussichten für 2018 trüben.

Ein Scheitern der Gespräche könne zu einem ungeordneten Austritt aus der EU und zu einem starken Einbruch an den Finanzmärkten führen, warnt der IWF.

Nagelprobe in Griechenland

Allerdings ist der Währungsfonds selbst ein Wackelkandidat. Er könnte sich 2018 nämlich endgültig aus dem Hilfsprogramm für Griechenland zurückziehen – weil die EU keinen Schuldenerlass zulässt.

Wenn es Griechenland dann im Sommer 2018 nicht gelingen sollte, sich wieder allein am Markt zu refinanzieren, könnte dies die nächste Eurokrise auslösen…

Foto: Pixabay

 

 

 

 

 

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