Die Rechten geben sich plötzlich pro-europäisch

Vor der Europawahl haben sie noch eine „Revolution“ angekündigt, die die EU-Eliten wegfegen werde. Doch nun, bei der Vorstellung ihrer neuen Fraktion im Europaparlament, geben sich die Rechten plötzlich handzahm – und pro-europäisch.

Das betonte vor allem AfD-Chef Jörg Meuthen. „Wir stehen wie keine andere Fraktion zu Europa, und deshalb wollen wir die EU beschränken“, sagte er in einer Pressekonferenz mit der französischen Nationalisten-Führerin Marine Le Pen, die er herzlich umarmte.

Die EU sei nicht mit Europa gleichzusetzen. Und Europa sei – so meinen Meuthen & Co. – eben das „Europa der Vaterländer“, in dem „die nationale Identität geschützt“ wird. Auch die Demokratie sei national verankert – was eine Mitarbeit im Europaparlament aber nicht ausschließe.

Merkwürdig – schließlich hatte die AfD vor der Wahl doch noch erklärt, sie wolle das Europaparlament abschaffen. Nun, da das Wahlergebnis für die Rechten nicht so toll ausgefallen ist wie erwartet, ist davon keine Rede mehr.

„Unser Ziel ist nicht die Zerschlagung der EU, wir wollen und werden konstruktiv arbeiten“, so Meuthen.

Etwas anders klingt es bei Le Pen. Sie sieht einen Existenzkampf zwischen „Globalisten“ (also EU-Anhängern) und „Souveränisten“ (also den Rechten) – und predigt weiter eine „Umwälzung“ der EU.

Allerdings soll die nicht vom Parlament ausgehen, sondern vom Rat, also der Vertretung der EU-Staaten.

Tatsächlich sind die Rechten im Rat weit einflußreicher als im neugewählten Parlament, wo sie mit 73 Abgeordneten nur die viertgrößte Fraktion stellen werden. Dort können sie mitregieren und nationale Vetos einlegen – vor allem Italien kommt im Rat eine Schlüsselrolle zu.

Die neue Rechts-Fraktion, die „ID“ heißen wird (für Identität und Demokratie), wird denn auch von dem italienischen Lega-Politiker Marco Zanni geführt. Auch der gab sich bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in Brüssel ganz harmlos und umgänglich.

Nur in der Flüchtlingspolitik schlug er die gewohnten Töne an. ID wolle die „Politik der offenen Tür von Kanzlerin Merkel“ beenden und die „illegale Migration“ beenden, so Zanni. Außerdem sei Italien gegen ein Eurozonen-Budget und für mehr „Flexibilität“ in der Finanzpolitik.

Ist das wirklich alles? Oder gibt es da nicht doch noch eine „hidden agenda“, wie so oft in der langen und furchterregenden Geschichte der Nationalisten und Faschisten?

Siehe auch „Wo Salvini Recht hat“