Lager sind auch keine Lösung
Einigung! Welche Einigung? Nach einer dramatischen Gipfel-Nacht, in der Italien alle Beschlüsse zur Flüchtlingspolitik mit einem Veto blockiert hatte, rauften sich die 28 EU-Chefs schließlich doch noch zusammen.
Doch die „Schlussfolgerungen“, die sie am Freitag Morgen gegen 4.30 Uhr bekannt gaben, lassen viele Fragen offen. Eine echte Einigung stellen sie nicht dar, die zentralen Probleme bleiben ungelöst.
Das gilt vor allem für die beiden Kernfragen, die diesen Gipfel beherrschten: Wird es Kanzlerin Angela Merkel gelingen, eine „europäische Lösung“ für ein deutsches Problem zu finden – die so genannte Sekundärmigration, also die Weiterwanderung bereits erfasster Aslybewerber aus einem anderen EU-Land nach Deutschland?
Dazu gibt der Beschluss nicht viel her. „Die Mitgliedstaaten sollten alle nötigen internen gesetzgeberischen und administrativen Maßnahmen ergreifen, um solchen Bewegungen entgegenzuwirken, und dabei eng zusammenarbeiten.“ Mehr steht nicht drin im Gipfelpapier. Es lässt sich zwar als Ermächtigung lesen, „interne Maßnahmen“ zu ergreifen – sofern sie mit anderen EU-Staaten abgestimmt sind.
So gesehen, hätte sich Merkel durchgesetzt und sogar noch eine Art EU-Genehmigung für ihren Innenminister Horst Seehofer eingeholt, seinen umstrittenen „Masterplan“ für Migration umzusetzen.
Man kann es aber auch anders interpretieren – als Gummiparagraphen, der alles und nichts bedeutet. Vor allem fehlt Merkel das, was sie am dringendsten suchte: Ein bilaterale Absprache mit Italien zur Rücknahme von Aslybewerbern. Im Gipfelbeschluss steht davon nichts.
Aber auch Italien hat nach dem Gipfeldrama längst nicht alles erreicht, was es wollte. Mit seiner Vetodrohung, die das Treffen stundenlang in die Krise stürzte, zielte Ministerpräsident Conte darauf ab, das Dublin-System zu Fall zu bringen, das Italien zur Aufnahme und Registrierung von Bootsflüchtlingen verpflichtet.
Künftig sollten die Migranten nicht mehr auf italienischem Hoheitsgebiet, sondern in „Europa“ ankommen – und solidarisch auf die EU-Länder verteilt werden.
Doch die Reform des Dublin-Systems wurde vertagt, und eine neue Umverteilung gibt es auch nicht. Dass auf diesem Gipfel „ein verantwortungsvolleres und solidarischeres Europa geboren“ wurde, wie Conte jubelt, ist kaum nachzuvollziehen.
Weil die Solidarität nicht vorankommt – und wenn doch, dann nur „freiwillig“ – haben sich die Staatenlenker auf Repression und Abschottung verlegt.
Neben der schon mehrfach angekündigten Stärkung der EU-Grenzschutzagentur Frontex werden nun neue Auffanglager für Bootsflüchtlinge und Asylbewerber angekündigt. Sie könnten entweder außerhalb Europas – also in Afrika – als auch innerhalb der EU entstehen.
Erstere werden „regionale Ausschiffungsplattformen“ genannt, die EU-Lager sollen „kontrollierte Zentren“ heißen. Beides ist ein Euphemismus.
Denn hinter den bürokratischen Wortschöpfungen verbirgt sich der Versuch, die unkontrollierte Einreise in die EU zu stoppen und die Migranten zu selektieren.
Nur, wer erkennbar Anspruch auf Asyl hat, kann noch auf eine Weiterreise hoffen, alle anderen sollen abgeschoben oder „zurückgeführt“ werden. Dass die Lager zusammen mit der Uno errichtet werden sollen, ist nur ein schwacher Trost. Denn mit EU-Recht ist das Ganze schwerlich vereinbar.
Zudem stellt sich die Frage, ob die Lager-Phantasien überhaupt umsetzbar sind. Die „kontrollierten Zentren“ innerhalb der EU, die Frankreich und Italien vorgeschlagen haben, sollen „auf rein freiwilliger Basis“ errichtet werden – doch bisher fand sich noch kein Freiwilliger.
Und die „Ausschiffungsplattformen“ in Afrika möchte auch kein Land haben, die letzte Absage kam am Donnerstag von Marokko.
Die EU bietet Lösungen an, die nicht nicht nur rechtlich fragwürdig sind, sondern auch kaum machbar. Und mit den eigentlichen Problemen haben die Beschlüsse auch wenig zu tun.
Schließlich kommen immer weniger Flüchtlinge über die Außengrenzen nach Europa. Die Zahl der „festgestellten illegalen Grenzübertritte“ sei im Vergleich zu 2015 um 95 Prozent zurückgegangen, stellen die EU-Chefs in ihren „Schlussfolgerungen“ fest.
Doch sie ziehen daraus den Schluß, die Abschottung weiter zu verschärfen. Letztlich geht es vor allem darum, die politische Krise zu entschärfen, die Merkel & Co. umtreibt. Die realen Probleme bleiben ungelöst…
Siehe auch „Falsche Diagnose, schä(nd)liche Therapie“
NeoMorpheus
1. Juli 2018 @ 13:43
Alle Medien wollen uns erzählen, dass in Italien nun Neo-Faschisten an der Macht sind, die mit rassistsichen Parolen gegen Ausländer hetzen.
Fakt ist aber schon unter Berlusconi’s Regierung hetzten die Italiener heftig gegen die Ausländer, und nicht erst seit der Machtübernahme ducrh die Lega Nord und 5 Sterne Partei von Grillo! Kaum einer in der EU hatte damals Probleme damit, oder wie erklären sich die Politiker, dass die Forza Italia unter Vorsitz von Berlusconi viele Jahre lang in einer Fraktion mit der EVP im EU-Parlament zusammen koalierte und Politik der EU gestaltete? Ja auch CDU/CSU saß zusammen mit diesen Rassisten in einer gemeinsamen EVP Fraktion!
kaush
1. Juli 2018 @ 10:58
„Im Asylstreit meldet sich nun Ex-Verfassungsrichter Papier zu Wort. Die Zurückweisung von Migranten an den Grenzen sei zwingend nötig, schreibt er in einem Rechtsgutachten. Asylbewerber hätten kein Recht auf ein „Wunschland“…
…„Eine solche Lage würde aber jedenfalls faktisch vielfach eintreten, wenn Asylbewerber unter Berufung auf ein Asylgesuch in jedem Mitgliedstaat nach eigener Wahl und Prioritätensetzung eine Antragsprüfung und damit eine Einreise und ein (vorläufiges) Aufenthaltsrecht durchsetzen könnten“, schreibt Papier in seinem 14-seitigen Gutachten für die FDP-Bundestagsfraktion.
Einreiseverweigerungen seien zwar kein Mittel zur angemessenen und dauerhaften Lösung der Migrationsfrage. Deshalb sei ein neues einheitliches EU-Recht nötig, so der Jurist. „Das kann aber noch kein Rechtfertigungsgrund dafür sein, das derzeit noch geltende Recht dauerhaft unbeachtet zu lassen.“ Eine solche Grundhaltung führe „zu einer Erschütterung des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in den Bestand und in die Effektivität des Rechtsstaates“….“
https://www.welt.de/politik/deutschland/article178513904/Hans-Juergen-Papier-haelt-Zurueckweisung-von-Migranten-an-deutscher-Grenze-fuer-zwingend-geboten.html?wtrid=onsite.onsitesearch
Nachdem nun der Wievielte (?) hochrangige Jurist festgestellt hat, dass ich die Bundesregierung Gesetzwidrig verhält – wann wird sich in diesem tollen Rechtsstaat (der andere Länder so gerne belehrt) endlich ein Staatsanwalt erbarmen und ein Verfahren eröffnen? Anzeigen liegen bereits tausendfach bereits vor.
supergirl
30. Juni 2018 @ 23:12
..und warum liest man darüber wirklich gar nichts in deutscher Presse?
Wer verantwortet die Veröffentlichung „14 Staaten….“: den Menschen in Verantwortung für eine solche deutsche Meldung in die Welt muss man per Amt definieren. Wer sagt offiziell, dass Merkel 14 Staaten gebündelt hat? Man muss die eu stellen…: warum geschieht das nicht? Warum erscheint in Deutschland ein show-down Merkel/Seehofer, wenn die Dame doch durch Junker und Kuscheln an finnischer Schulter nun offiziell im Verlauf die Meldung „14 für mich“ bringt?
Warum erfährt man in Deutschland nichts von Seehofers 63 Stufen Plan. Wieso kann diese Frau Merkel immer alle so instrumentalisieren; auch wenn am Ende nur ein blubb herauskommt?
supergirl
30. Juni 2018 @ 22:19
Guten Abend und eine Frage, welche mich wirklich sehr bewegt:
hat Frau Merkel nicht einem innenpolitischem Disput geschuldet mit diesem Treffen das Europa der 2 Geschwindigkeiten offiziell eingeläutet, und Junker macht mal so mit?
ebo
30. Juni 2018 @ 22:37
Absolut so ist es, leider
Annette Matthias
30. Juni 2018 @ 12:13
Wo liegt eigentlich das Problem? Würde man die Flûchtlinge unbürokratisch ( bedeutet nicht (ohne überprüfung) auf alle 27 Mitgliedstaaten verteilen nach einem an der Bevölkerungsdichte orientierten Schlüssel, wäre derAnteil der einzelnen Mitgliedstaaten so klein, dass man nicht drüber reden müssge, sondern sich endlich den Reformvorschlägen von Präsident Macron zuwenden könnte. Das scheint mir wesentlich wichtiger zu sein als sich über ein paar Ausländer aufzuregen.
Thor Herstätt
30. Juni 2018 @ 13:01
Macron is ne Luftnummer von Rothschilds Gnaden. Bitter aber wahr.
kaush
30. Juni 2018 @ 13:14
„nach einem an der Bevölkerungsdichte orientierten Schlüssel“
Sorry, dass ist Unsinn. Warum? Weil da das Thema Demografie nicht betrachtet wird.
Es ist ja das Argument der Open Border Fraktion: Gut 1 Mio. Leute nach BRD, ist doch kein Problem, wir sind ja 82 Mio.
Ist aber leider ein riesiges Problem. Denn die 1 oder 1,5 Mio. junge Männer treffen hier auf nur rund 10 Mio. gleichaltrige. Das ist ein wahnsinniger demografischer Einschlag. Folgen – nicht absehbar. Ein Experiment.
Und es sind fast nur junge Männer. Wo bekämen wir denn die Frauen für sie her?
So wie beim Raub der Sabinerinnen?
Solveig Weise
30. Juni 2018 @ 14:44
Ein sehr naiver Vorschlag. Die Migranten wollen aber nicht in Portugal, Spanien oder Bulgarien bleiben. Sie wollen dorthin wo die Sozialleistungen am höchsten sind. So sind 97% der Migranten die Portugal im Rahmen der Umverteilung aufgenommen hat nicht mehr im Land.
Peter Nemschak
2. Juli 2018 @ 13:19
Wenn illegale Fernmigration nach Europa keine Chance mehr hat, erübrigen sich Lager an den Außengrenzen. Migration wird zur Binnenmigration, was sie schon jetzt Großteils ist.
kaush
30. Juni 2018 @ 11:31
„Dazu gibt der Beschluss nicht viel her. „Die Mitgliedstaaten sollten alle nötigen internen gesetzgeberischen und administrativen Maßnahmen ergreifen, um solchen Bewegungen entgegenzuwirken, und dabei eng zusammenarbeiten.“ “
Perfekt! Dann gibt es keine Ausreden mehr, dass Grundgesetz nicht wieder in Kraft zu setzen (Artikel 16a):
„Art. 16a
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) 1Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist,…
Dann machen wir jetzt die Grenzen für die illegalen Migranten dicht. Migranten, keine Flüchtlinge! Flüchtling ist ein Rechtsstatus, der erst mal festgestellt werden muss.
Und 200.0000 Migranten in 2017, die nach Deutschland kamen, finde ich nicht wenig. Für 2018 wird die gleiche Anzahl erwartet.
Das sind Städte wie Wiesbaden, Kassel, oder Bielefeld, voll mit illegalen Einwanderern.
Wo werden die gebaut? Wo bekommen die Arbeit?
Wer bezahlt diesen Schwachsinn?
Ich möchte auch noch auf Art. 21 verweisen:
„…(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.“
Für mich trifft das auf CDU, SPD, Grüne und Linke zu.