Die neue Berliner Mauer

Bei einem Treffen der EU-Innenminister hat die Bundesregierung die Aufnahme von Flüchtlingen aus Nordafrika verweigert. Deutschland nehme jetzt schon mehr Asylbewerber auf als Italien, behauptete Innenminister De Maizière. Außerdem sei bisher keine große Flüchtlingswelle zu erkennen. Neben Italien hatten sich Frankreich und Spanien für eine solidarische Lastenverteilung ausgesprochen, um des erwarteten Ansturms aus Nordafrika Herr zu werden. Das deutsche „Nein“, das von Österreich und Schweden gestützt wurde, verhinderte konkrete Beschlüsse.

 

Damit setzt die schwarzgelbe Bundesregierung nicht nur die schändliche Blockadepolitik der letzten Jahre fort. Sie zeigt auch, dass sie aus der eigenen Geschichte nicht gelernt hat. Was hätte man vor 20 Jahren in Bonn wohl gesagt, wenn Österreich oder Ungarn sich vor dem Fall der Mauer geweigert hätten, Flüchtlinge aus der DDR aufzunehmen? Was hätte man gesagt, wenn die Revolution in Ostdeutschland blutig verlaufen wäre und Polen seine Grenze dicht gemacht hätte? Kaum zu glauben, das de Maiziere und Merkel solche Fragen nicht selbst in den Sinn kommen.

 

Kaum zu glauben auch, dass Berlin sich ausgerechnet jetzt einmauert, da die Wirtschaft boomt und deutsche Waren die halbe Welt überschwemmen, Nordafrika eingeschlossen. Kaufen dürfen die armen Muslime schon, aber bitte nicht zu uns kommen? Soll doch Italien allein mit dem Problem fertig werden? Unweigerlich denkt man an die deutsche Haltung in der Eurokrise, wo Solidarität auch nicht selbstverständlich ist. Wie man im Fall Griechenland gesehen hat, lässt sich ein bockiges „Nein“ nicht lange durchhalten. Deutschland mauert sich ein – und isoliert sich damit selbst.