Die Mutter aller Wahlniederlagen

Deutschland streitet über die Frage, ob die Migration die „Mutter aller Probleme“ sei. Innenminister Seehofer (CSU) sei mal wieder ins Fettnäpfchen getreten, heißt es in Berlin. Doch aus Brüsseler Sicht stellt sich das etwas anders dar.

Denn für die EU war das Jahr 2015 mit dem deutschen Alleingang in der Flüchtlingspolitik in der Tat ein problematischer Wendepunkt. Zu der Finanz- und Eurokrise kam plötzlich auch noch eine politische Krise.

Sie spaltet Europa bis auf den heutigen Tag – Schengen und Dublin stehen auf der Kippe, die für Juni versprochene Reform ist immer noch nicht absehbar. Zwischen Ost und West verläuft ein tiefer Graben, der auch Deutschland spaltet.

Doch nun kommt auch noch die Wahl in Schweden. Auch dort, im traditionell sozialdemokratisch regierten Land, ist die Migration das Thema Nummer eins. Am Sonntag könnten die rechten Schwedendemokraten gewinnen.

Nach Österreich und Italien wäre dies der dritte Schock, der sich direkt auf die Migration – und indirekt auch auf Merkels Politik – zurückführen lässt. Es wäre gut, wenn man das auch in Berlin verstehen würde.

Damit meine ich nicht, dass die Rechten Recht hätten, oder dass die Festung EUropa noch mehr ausgebaut werden müsste. Nein, die Migranten sind da. Wir werden mit jenen, die Anspruch auf Asyl haben, leben müssen. Das Thema heißt Integration.

Und was macht Brüssel dafür, dass wir die Integration schaffen – nicht nur in Deutschland, sondern auch in Schweden, Österreich, Italien? Oder in Spanien, Griechenland, Frankreich und Belgien?

Nichts! Im Gegenteil – die EU-Mittel für Kohäsion werden zurückgefahren, Investitionen in Schulen und soziale Infrastruktur sind nicht vorgesehen.  Der Budgetkommissar heißt übrigens G. Oettinger – er gehört Merkels CDU an…

WATCHLIST: In Marseille treffen sich Merkel und Frankreichs Macron. Sie wollen über den Brexit und die Europawahl reden. Auch die Spitzenkandidaten dürften zur Sprache kommen. Macron lehnt sie rundheraus ab – und fordert Merkels Parteienfamilie EVP auf, sich klar von Rechten à la Orban zu distanzieren. Amnesty und HRW fordern das übrigens auch

WAS FEHLT: Eine europäische Syrien-Politik. Kurz vor der Offensive auf Idlib kritisiert CDU-Außenpolitiker Röttgen, dass die EU „auf ganzer Linie versagt“ habe. Der Mann hat Recht – aus Syrien kamen 2015 übrigens auch die meisten Flüchtlinge. Krieg und Vertreibung waren und sind nunmal die „Mutter aller Probleme“ – vielleicht sollte Seehofer ‚mal mit Röttgen sprechen?