Die Krise der Konservativen (II), der Euro kommt nach Kroatien – und Geld für Polen

Die Watchlist EUropa vom 02. Juni 2022

Es ist noch gar nicht so lange her, da zog die Europäische Volkspartei (EVP) alle Strippen in der EU. Ohne die EVP und ihre illustren Politiker – von Elmar Brok bis Hans-Gert Pöttering, von Helmut Kohl bis Angela Merkel – ging gar nichts in Brüssel.

Doch seit dem Abgang von Merkel sind die Schwarzen in der Versenkung verschwunden. Nur ein halbes Dutzend EU-Länder werden noch von Christdemokraten und Konservativen regiert, das größte ist Österreich. Das sagt eigentlich alles über den atemberaubenden Machtverlust der EVP. Bei den EU-Gipfeln, wo einst Merkel den Ton angab, hat die europäische Parteienfamilie nichts mehr zu melden. Die Agenda setzen andere.

Weber folgt auf Tusk

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Mit ihrem Parteikongress in Rotterdam versuchen die Konservativen nun, den Trend umzukehren und wieder in die Offensive zu kommen. Am Dienstagabend haben sie Manfred Weber (CSU) zu ihrem neuen Vorsitzenden gekürt. Der Europapolitiker aus Bayern wurde mit 89 Prozent der Stimmen zum Nachfolger des Polen Donald Tusk gewählt.

Ein Signal des Aufbruchs ist das allerdings nicht. Weber ist ein weltoffener und – für bayerische Verhältnisse – erstaunlich liberaler Politiker. Doch das Format von Tusk, der immerhin Regierungschef war, hat er nicht. Weber hängt immer noch seine Niederlage bei der Europawahl 2019 nach. Er ist kein Gewinner-Typ, eher ein braver Parteisoldat.

Dass er die EVP wieder zu alter Größe führen kann, ist unwahrscheinlich. Das konservative Parteienbündnis lebt von seinen nationalen Führern, ein zweiter Kohl oder eine neue Merkel ist nicht in Sicht. Webers wichtigster Verbündeter ist der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis, doch der spielt auf EU-Ebene allenfalls in der 2. Liga.

Letzter Trumpf Russland

Klar, die EVP hat auch noch Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikerin hat es immerhin an die Spitze der EU-Kommission geschafft – also in das Amt, das Weber gerne erobert hätte. Doch auch ihr Stern sinkt. Beim EU-Gipfel wurde sie wegen ihrer miserablen Vorbereitung des Ölembargos gegen Russland angegriffen.

Dabei ist Russland das einzige Thema, mit dem die EVP derzeit trumpfen kann. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine schweißt die Konservativen zusammen; endlich haben sie wieder ein – schon im Kalten Krieg bewährtes – Feindbild. Doch das reicht nicht, um Wahlen zu gewinnen.

Die Europawahl 2024 wird zur Zitterpartie für die EVP und ihren neuen Chef Weber. Er wird am Ende auch entscheiden müssen, ob von der Leyen nochmal antritt, oder er selbst in den Ring steigt…

Siehe auch “Die Krise der Konservativen (I). Mehr zur EVP hier

Watchlist

Wie viel Geld bekommt Polen? Die EU-Kommission hat sich nach monatelangem Streit mit der polnischen Regierung auf einen Plan für die Auszahlung milliardenschwerer Corona-Hilfen verständigt. Das teilte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni mit. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen werde an diesem Donnerstag in Warschau sein und Details der Einigung vorstellen. Es geht um 23,9 Milliarden Euro an Zuschüssen sowie zusätzlichen 11,5 Milliarden Euro an Krediten aus dem Corona-Aufbauplan. Zuletzt hatte Warschau seine umstrittene Justizreform korrigiert – doch dem Europaparlament reicht das nicht. “Von der Leyens Zuckerbrot-und-Peitschen-Strategie gegenüber Polen ist ein Spiel mit dem Feuer”, erklärte der FDP-Politiker M. Körner. – Mehr dazu hier

Was fehlt

Der Euro in Kroatien. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass Kroatien bereit sei, den Euro am 1. Januar 2023 einzuführen, teilte die EU-Kommission mit. “Dies wird die kroatische Wirtschaft stärken und den Bürgerinnen und Bürgern, den Unternehmen und der Gesellschaft insgesamt Vorteile bringen”, erklärte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen. Auch der Euro werde dadurch gestärkt. Nach Einschätzungen der EU-Behörde erfüllt das Balkanland alle Kriterien mit Blick auf die Preis- und Wechselkursstabilität, die solide Haushaltsführung sowie die langfristigen Zinssätze. Auf dem Westbalkan haben schon mehrere Länder den Euro eingeführt – allerdings auf eigene Faust und ohne irgendwelche Kriterien. Brüssel drückt beide Augen zu…