Die Kommission knickt ein

Ein wahrer Finne mit “Sympathie” für die Entmündigung Griechenlands 

Die Eurogruppe setzt Griechenland ein neues Ultimatum. Bis nächsten Mittwoch soll das Athener Parlament dem neuen Spardiktat zustimmen, außerdem soll dann die Umschuldung stehen – sonst gibt es kein Geld und das Land geht Pleite. Zu den Hardlinern zählt ausgerechnet EU-Währungskommissar Rehn, dabei sollte er eigentlich allen EU-Mitgliedern beistehen. Doch die Kommission hat kapituliert – mittlerweile geht auch in Brüssel “Stabilität” vor Solidarität – wie in Berlin.

Die ersten Risse in der 27köpfigen EU-Kommission waren bereits am Dienstag sichtbar geworden. Die für Internet zuständige Kommissarin Kroes hatte in einem Interview kaum verhüllt für einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone plädiert – und damit das letzte Tabu gebrochen: Bisher galt die von Kommissionspräsident Barroso vorgegebene Linie, dass ein “Grexit” auf keinen Fall hinzunehmen sei (siehe mein Beitrag “Codewort Grexit”).

Nach Kroes schert nun auch Rehn aus – und äußert “Sympathie” für den umstrittenen deutsch-französischen Vorschlag, ein Sperrkonto in Athen einzurichten, damit der griechische Schuldendienst vorrangig und ohne Einfluß der Regierung bedient werden kann. De facto kommt dies einer Entmündigung gleich – aus dem Munde eines nicht gewählten, aber für die Finanzpolitik zuständigen EU-Kommissars ein starkes Stück. Schließlich ist die Brüsseler Behörde die Hüterin der EU-Verträge – und von Bevormundung eines Mitglieds ist darin nirgendwo die Rede.

Offenbar hat die Brüsseler Behörde vor dem anhaltenden Druck Deutschlands kapituliert. Zu Beginn der Griechenland-Krise hatte Kommissionschef Barroso noch die Devise ausgegeben, Solidarität und Stabilität seien gleichwertige Ziele. Er wagte es sogar, Merkel die Stirn zu bieten und Druck auf Berlin zu machen. Nun, zwei Jahre später, zählt nur noch Stabilität im deutschen Sinne – also Strenge & Sanktionen. 

Alle Vorschläge für mehr Solidarität – z.B. Eurobonds – sind vom Tisch. Rehn nimmt nicht einmal mehr sein Kunstwort “Stabilitätsbonds” in den Mund, das er extra erfunden hatte, um Kanzlerin Merkel zu gefallen. Und Barroso schweigt. Vor einem Jahr hatte er noch einen “Marschallplan” für Griechenland gefordert. Jetzt hört man gar nichts mehr – oder nur noch Sparappelle und Durchhalteparolen, wie auch die Sozialdemokraten im Europaparlament kritisieren. 

Ein Zufall ist das nicht: Denn die Politik wird nicht mehr in Brüssel, sondern in Berlin, Den Haag und Helsinki gemacht – den letzten wichtigen Euro-Ländern mit Triple-A-Rating. Sie haben sich kürzlich eigens in Berlin getroffen und stimmen ihre Positionen offenbar eng ab. (Luxemburg hat zwar auch ein Triple-A, ist aber nicht mehr wichtig – siehe auch mein Beitrag “Neue Schlachtordnung”).

Ach ja: Frau Kroes ist eine Niederländerin, Herr Rehn ein Finne. Muß man noch hinzufügen, dass in allen drei AAA-Ländern euroskeptische Parteien die Regierungspolitik beeinflussen? Und dass Barroso aus Portugal kommt, also dem Land, das wahrscheinlich als nächstes einen neuen Rettungsplan braucht, genau wie Griechenland? Barroso ist dadurch geschwächt, Rehn und Kroes können auftrumpfen.

Vielleicht ist es ja doch keine Kapitulation, vielleicht haben die überzeugten Europäer in Brüssel einfach den Krieg verloren… 


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