Die Kommission der allerletzten Chance
Das Europaparlament hat den Weg für die neue EU-Kommission frei gemacht. Von einem Neustart ist aber nichts zu spüren. Von der Leyen muss sich auf enorme Kosten und große Turbulenzen gefasst machen.
Wenn die alte EU-Behörde unter Jean-Claude Juncker die “Kommission der letzten Chance” war, dann wird die neue unter Ursula von der Leyen die “Kommission der allerletzten Chance”.
So witzelte der scheidende deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger vor ein paar Tagen in Brüssel. Leider vergaß er zu sagen, was mit der “allerletzten Chance” gemeint sein könnte.
Geht es um das schwindende Vertrauen in die EU? Trotz guter Umfragewerte wenden sich immer mehr Menschen enttäuscht von der Politik ab, wie die Linke im Europaparlament zutreffend feststellt.
Oder geht es um die Eurokrise, die Juncker noch umgetrieben hat? Die akuten Krisensymptome sind zwar verschwunden, doch die Ursachen wurden nicht gelöst, die Reform der Eurozone stockt.
Die “allerletzte Chance” trifft allerdings auch auf die Klimakrise zu, die sich zusehends verschärft. Gerade erst wurde ein Expertenbericht bekannt, demzufolge die Erderwärmung schon 1,5 Grad beträgt.
Außerdem wurde ein internes Papier der (alten) EU-Kommission geleakt. Laut “FAZ” könnte der Umbau zu einer “klimaneutralen” Wirtschaft 300 Mrd. Euro im Jahr verschlingen, insgesamt 3 Billionen bis 2030.
Wie diese enormen Summen finanziert werden sollen, ist vollkommen schleierhaft. Von der Leyen ließ denn auch prompt dementieren, dass sie Kenntnis von dieser exorbitanten Rechnung habe.
Aber auch der liberale Europaabgeordnete Pascal Canfin rechnet mit zusätzlichen Kosten von 200 Mrd. Euro im Jahr, um den angekündigten “European Green Deal” zu finanzieren.
Im aktuellen EU-Budget sind diese Summen nicht eingeplant, in der mittelfristigen Finanzplanung auch nicht. Derweil sperrt sich die Bundesregierung dagegen, mehr für die EU zu zahlen.
Höchste Zeit also für von der Leyen, die wahren Kosten ihres rot-grün angemalten Regierungsprogramms offenzulegen. Die Wahl ihres neuen Teams ist eine gute Gelegenheit dazu.
Es ist vielleicht die “allerletzte Chance”…
Siehe auch “Der falsche Weg, die falsche Frau,” (Blogpost von Juli 2019)
Watchlist
- Wie groß fällt die Mehrheit für die Kommission von der Leyen aus? Das ist die Frage bei der finalen Abstimmung am Mittwoch im Europaparlament in Straßburg. Die Linke will mit Nein stimmen, die Grünen wollen sich enthalten. Bei Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen überwiegt die Zustimmung, doch es gibt auch immer noch Nein-Sager, um die sich von der Leyen bis zuletzt bemühte. Frau Barley hingegen sagt ja!
Was fehlt
- “Putin wird Europa betrügen”, warnt Sacharow-Preisträger Senzow – Tagesschau
- Fall Daphne: Maltas Regierung stürzt in die Krise – Süddeutsche
- Martin Sonneborn: Warum ich die EU-Kommission ablehnen werde – Tagesspiegel
- Berlin and Paris outline plan for EU makeover – Politico
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Kleopatra
28. November 2019 @ 12:51
Das EP hat soeben den “Klimanotstand” erklärt. Kapieren diese Leute nicht, dass ein “Notstand” sich dadurch auszeichnet, dass die Exekutive außerordentliche Vollmachten erhält und damit mehr oder weniger unabhängig vom Parlament regieren kann? Wenn sie in sich selbst ein so großes Hindernis für sinnvolle Politik sehen, sollen sie doch einfach kollektiv zurücktreten.
Holly01
28. November 2019 @ 17:39
Zusätzlich zu Ihrem Argument ist ein Notstand ein plötzlicher und nicht planbarer Zustand.
Der Klimawandel wird seit dem DoppelWK herbeigeführt und die Folgen werden seit den frühen 70er Jahren immer wieder besprochen.
Ich denke ja das soll so eine Art Sonderrecht werden, wie das Kriegsrecht oder das Seerecht zB.
Dann kann man beliebig die Gesetze brechen, weil es ja einen Notstand mit Sonderrecht gibt.
Wie lächerlich.
Die brechen die Gesetze doch sowieso jeden Tag. Wozu der Klimbim?
vlg
ebo
28. November 2019 @ 18:04
Nein, der Klimanotstand hat keine rechtsverbindliche Wirkung. Er ist vor allem ein symbolischer Akt, der auf die COP 25 zielt – und von der Leyen unter Druck setzt.
Alexander
27. November 2019 @ 20:07
“Wie diese enormen Summen finanziert werden sollen, ist vollkommen schleierhaft.”
Mir ist schon wieder danach, in die Tischkante zu beißen! Das geht wirklich verblüffend einfach: Bei der EZB tippt einfach jemand den Wert in eine korrekt angeschlossene Tastatur ein und das Geld ist da!
Die Frage ist eher, ob es die Menschen gibt, die fachlich in der Lage sind, das Nötige zu tun.
PS: Die Checkbox über “Kommentar abschicken” fehlt jetzt! Außerdem gab es zumindest bei mir seit Wochen ein Caching-Problem, das dazu führte, dass ich erst auf F5 drücken musste, um nicht zu riskieren auf jeder Seite nur einen veralteten Stand angezeigt zu bekommen.
ebo
27. November 2019 @ 20:46
Sorry, nach dem technischen Defekt dauert es einige Zeit, bis alle gewohnten Funktionen wieder hergestellt werden…
Alexander
27. November 2019 @ 20:53
1. Ich vermisse die Checkbox ja nicht. Aber bevor irgend so ein Abmahnheini eine Gelegenheit erkennt …
2. Das Caching funktinierte gerade wieder nicht. Und das ist zumindest bei mir seit Wochen ein gewohntes Verhalten. Aber dadurch verdoppelt sich ja immerhin die Zahl der Seitenaufrufe! 😉