Platzt der Brexit-Gipfel?
Wird der Brexit-Deal wieder aufgemacht? Könnte er gar am Veto eines EU-Lands scheitern? Bisher schien das ausgeschlossen, Kanzlerin Merkel will es unbedingt verhindern. Doch nun kristallisieren sich immer mehr Knackpunkte heraus.
Einer dieser Streitpunkte ist das von UK beanspruchte Gibraltar. Spanien fordert im Austrittsvertrag eine Klarstellung zu Gibraltar und droht mit Veto beim EU-Sondergipfel am kommenden Sonntag.
Der spanische Ministerpräsident Sánchez drohte, Spanien werde mit „Nein“ votieren, wenn der Artikel 184 des Deals nicht überarbeitet und das Abkommen in seiner jetzigen Form zur Abstimmung vorgelegt wird.
Ein weiterer Streitpunkt ist das künftige Fischereiabkommen. Der Brexit-Vertrag lässt diese heikle Frage offen – deshalb fordert nun Frankreich Klarstellungen. Auch andere EU-Länder wie Holland machen sich Sorgen.
Zum Knackpunkt könnte auch noch das versprochene „level playing field“ im Handel werden. Damit will die EU erreichen, dass UK nach dem Austritt kein Umwelt- oder Sozialdumping betreibt.
Doch die dazu vorgesehenen Passagen im Brexit-Abkommen sind manchem zu vage. Vor allem Frankreich pocht auf „fairen Wettbewerb“ – Paris könnte daher versucht sein, den Text nochmal aufzumachen.
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Das bringt die EU-Kommission in Verlegenheit. Sie wich allen Fragen nach möglichen Korrekturen aus. Wer verstehen wollte, warum, mußte den heimlichen Chef der Juncker-Behörde fragen.
Generalsekretär Selmayr sagte in einer Anhörung des EU-Parlaments, diese Woche müsse man den Brexit „nach Hause bringen“. Und er warnte: „Es ist immer noch nicht sicher, ob wir am Sonntag zu einer Einigung kommen.“
Da wird Merkel wohl noch ein wenig nachhelfen müssen, oder…?
Siehe auch: Die Knackpunkte aus UK-Sicht – Würden Sie diesen Vertrag unterschreiben?
P.S. Nach Angaben von Bloomberg könnte sogar der ganze Gipfel platzen. Denn die Vorbehalte von Spanien und Frankreich sind offenbar größer als angenommen – und Kanzlerin Merkel soll sogar damit drohen, gar nicht erst nach Brüssel zu fliegen…
Reinard Schmitz
21. November 2018 @ 10:13
In einem scheidungsvertrag kann meiner Logik nach hinterher keiner der Partner besser dastehen. Das steht von vornherein fest. Alles andere wäre widersinnig.
Kleopatra
21. November 2018 @ 08:16
Dass die Frage, wie Fischerei künftig geregelt ist, viele Menschen und Länder beunruhigt, ist klar. Aber warum hat sich die EU-Seite jahrelang auf den Standpunkt gestellt, dass über die zukünftigen Beziehungen erst nach dem Abschluss eines Austrittsabkommens verhandelt werden kann? Das war sehr unklug. Die Frage, wie man in den kommenden Jahrzehnten miteinander auskommt, ist doch für beide Seiten viel wichtiger als ob Goßbritannien einmal ein paar Milliarden Euro mehr oder weniger zahlen soll.
Kleopatra
21. November 2018 @ 08:10
Da Gibraltar vor mehr als dreihundert Jahren von Spanien an Großbritannien (das damals schon so hieß) abgetreten wurde, kann es korrekterweise nicht heißen „das von UK beanspruchte Gibraltar“. Der Staat, der Gibraltar „beansprucht“, ist Spanien. Wenn Spanien versuchen sollte, die Austrittsverhandlungen zu blockieren, um mit Großbritannien ein Hühnchen zu rupfen, wäre das sehr unklug. M.W. ist auch Spanien an Fischereirechten interessiert.
Warum hat sich die Politik der maßgeblichen EU-Staaten zwei Jahre lang praktisch nur darauf konzentriert, gegenüber Großbritannien eine Position der einmütigen Gehässigkeit zu kultivieren? Und die deutsche Presse hat größtenteils diesen „Zusammenhalt“ auch noch unkritisch bejubelt. Das Ziel, den Verhandlungspartner gemeinsam zu demütigen und ihn für die Ausübung einer in den Verträgen vorgesehenen Option zu bestrafen, ist nicht sehr konstruktiv.
ebo
21. November 2018 @ 08:48
Meines Ermessens wäre es sinnvoller gewesen, die offenen historischen Wunden – Nordirland, Gibraltar, Zypern – in bilateralen Gesprächen mit den betroffenen Ländern zu klären, mit der EU-Kommission als Berater. Dann wäre man vermutlich schon weiter, und hätte sich auf die Zukunftsthemen konzentrieren können. Stattdessen wurde Irland als Mittel genutzt, um die Briten auf Jahre hinaus zu fesseln…